Ohne Panik beim Puzzeln

Christian Ehrhoff ist nach 862 NHL-Spielen zurück in der Deutschen Eishockey Liga: Bei seinem Debüt für die Kölner Haie liefert der Nationalspieler Stoff für Titelträume.

Von Johannes Kirchmeier, Schwenningen/München

Zwei Drittel brauchte Christian Ehrhoff, um in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) anzukommen. Dann schlenzte er den Puck einmal mit seiner Kelle zu Sebastian Uvira, später drosch er ihn von der blauen Linie aufs Tor – es entstanden jeweils Vorlagen zu Toren der Kölner Haie. Ehrhoff entschied gleich seine erste Partie in Schwenningen mit. Er ist wieder da. „Es war ein guter Start, zu Null ist doppelt schön“, sagte er.

Der 34-Jährige zeigte der Liga im ersten Spiel zurück in Deutschland, dass er inzwischen zwar dreizehn Jahre älter ist als nach seinem Abschied aus Krefeld 2003 (und vier als bei seinem kurzen Engagement 2012 wieder in Krefeld), aber ab sofort wieder einer der stärksten Verteidiger der DEL. Denn nachdem der aus der nordamerikanischen Profiliga NHL Zurückgekommene zweimal das Spiel aufgezogen hatte, fielen die beiden Kölner Treffer zum 2:0 durch Uvira und zum 3:0 durch Ryan Jones beim 4:0-Auswärtssieg.

Nur ein Mal trainiert, gleich gut gespielt

„Er ist ein Weltklassespieler“, schwärmte Haie-Trainer Cory Clouston nach dem ersten Auftritt seines neuen Verteidigers. „Er hat gut gespielt, einfach gespielt, obwohl er nur ein Mal bei uns trainiert hat.“ Clouston hatte ja gerade eine kleine Negativserie zu moderieren. Zwei Spiele, eines davon gegen den Aufsteiger Bremerhaven, verloren die Kölner, die zu Beginn der Saison noch souveräner Tabellenführer der DEL waren und derzeit auf Platz drei liegen. Mit Ehrhoff gelang jedoch die schnelle Wende beim deutlichen Auswärtssieg.

Was, wie auch Haie-Angreifer Uvira betonte, vor allem an der Routine des Neuen lag: „Ehrhoff bringt eine wahnsinnige Erfahrung und Ruhe mit in das Team. Man merkt einfach, dass er keinen Panikmodus hat.“ Der gebürtige Moerser galt nie als der harte Hund in der Defensive, sondern eher als feiner Passgeber und gefürchteter Weitschütze. Seinen Spielaufbau bewunderten die anderen deutschen Verteidiger schon immer, wenn sie Ehrhoff bei der Nationalmannschaft zuschauten. Dass er also seine Klasse gerade im Spielaufbau unter Beweis stellt, erstaunt nicht. Schon eher die Tatsache, dass er sich bereits in seinem ersten Spiel auf der größeren Eisfläche in Europa schon wieder so sicher zeigt. Übrigens auch Ehrhoff selbst: „Ich war ein wenig nervös vor dem Beginn. Die vergangenen Tage waren schon nervenaufreibend.“

Bei den Bosten Bruins war Ehrhoff kein Stammspieler mehr

Denn der 34-Jährige hatte einiges zu tun: Am Montag verkündeten die Kölner Haie die Verpflichtung von Ehrhoff, der insgesamt 862-mal in der NHL auflief, dort zuletzt jedoch nicht mehr gebraucht wurde. Die Boston Bruins wollten ihm nicht zusichern, dass er die Saison dort als Stammspieler bestreiten darf. Ehrhoff entschied sich darauf, nach einem kurzen Urlaub mit der Familie, nach Deutschland zurückzukehren.

Genauer: nach Krefeld. Dort, wo er seine DEL-Karriere begann und wo er bis heute ein Haus besitzt. Er wohnt wieder in der Eishockeystadt, der allzu beliebteste Nachbar dürfte er dort allerdings nicht sein: Denn nicht wenige hofften darauf, dass er zu den ortsansässigen Pinguinen zurückkehrt. Doch Eishockey spielen, das stellte sich heraus, wollte er lieber 50 Kilometer entfernt davon in Köln, wo es um die Meisterschaft statt „nur“ um die Playoff-Teilnahme geht.

Erstmals seit 2002 wollen die Haie wieder den Titel gewinnen. Und Ehrhoff, der Köln pikanterweise ein Jahr darauf mit Krefeld im Endspiel besiegte, gilt dabei als Hauptfigur. „Er ist ein Führungsspieler und ein großes und wichtiges Teil in unserem Puzzle“, erklärte Coach Clouston. Andere derzeit formstarke Teile: Gustaf Wesslau, der stärkste Torhüter der Liga, und Topscorer Patrick Hager. Sowie Abwehr-Partner Shawn Lalonde, der in Schwenningen früh mit einer Spieldauerstrafe vom Eis musste: „Es gibt schlechtere Partner. Ich denke, ich werde noch viel von ihm lernen“, sagte der Kanadier.

Ob Clouston nun mit Ehrhoff auch alle Teile des Puzzles zusammen hat, wird er schon am Sonntag besichtigen dürfen. Dann treffen die Haie auf den Vierten Adler Mannheim. „Es wird keine einfache Aufgabe, aber wir wollen uns mit solchen Gegnern messen. Dann wird sich zeigen, wo wir stehen“, sagte Ehrhoff. Das dürfte vor allem für ihn selbst gelten, nach dann zwei Trainingseinheiten.

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