Aus hundert wurden zehn

Den Helferkreisen im Landkreis gehen die Freiwilligen aus. Die Anforderungen sind gestiegen, vielen ist es zu kompliziert – und manche werden wegen ihres Ehrenamts bedroht.

Von Korbinian Eisenberger

Im Container-Dorf in Markt Schwaben liegt eine Liste; sie ist etwas mehr als ein Jahr alt, umfasst mehrere Seiten und etwa hundert Namen. Wer hier unterzeichnet hat, wird als Mitglied des örtlichen Asylhelfer-Vereins geführt, dem „Aktivkreis Flüchtlinge Markt Schwaben“.

Vor einem Jahr, da halfen sie alle zusammen: Der eine besorgte Fahrräder, der andere organisierte Kleidung, die Lehrer gaben Deutschkurse, die Juristen halfen bei den Asylanträgen. „Fast jeder auf der Liste hat seinen Teil beigetragen“, sagt Tobias Vorburg, der Vorsitzende. Mit der Zeit wurde die Zahl der Helfer dann überschaubar – die Flüchtlinge blieben, doch von den Mitgliedern des Aktivkreises machten immer weniger aktiv mit. „Von den hundert sind jetzt noch zehn bis 15 übrig“, sagt Vorburg.

Den Flüchtlings-Helferkreisen gehen die Helfer aus, nicht nur in Markt Schwaben. Im Landkreis Ebersberg berichten fast alle Helferkreise der größeren Gemeinden von Schwierigkeiten. In Zorneding ging der Helferkreis vor dem geplanten Bau einer neuen Asylunterkunft an die Öffentlichkeit und teilte mit, dass „jetzt schon ein Mangel an Helfern“ herrsche.

Wie kam es dazu? War es die Kölner Silvesternacht? Der europaweite Rechtsruck?

Der Plieninger Helferkreis erklärte in einem Schreiben, dass der Vorstand wegen fehlender Kräfte am 9. November ein Treffen veranstalte, „um neue Mitglieder zu mobilisieren“, wie Vereinssprecher Stefan Seizl mitteilt. Und auch die Helferkreise in Kirchseeon, Poing und Vaterstetten erklären auf Nachfrage, dass die Zahlen ihrer Ehrenamtlichen zurückgegangen sind.

Ein gutes Jahr nach Beginn des starken Flüchtlingszuzugs nach Deutschland ist die Anfangseuphorie in Bayern verflogen. „Der Hype ist vorbei, es ist nicht mehr chic, sich für Flüchtlinge zu engagieren“, sagt Monika Steinhauser, Geschäftsführerin des Münchner Flüchtlingsrat, wo Helfer aus der Region beraten werden. Mittlerweile müsse man sich im Bekanntenkreis eher rechtfertigen, wenn man sich engagiert, so Steinhauser – eine Aussage, in der Frust mitschwingt.

Wie kam es dazu? War es die Kölner Silvesternacht? Der europaweite Rechtsruck? Oder ist es ein Problem des Ehrenamts an sich? Jost Herrmann, dem Koordinator und Sprecher der Organisation „Asylhelfer Bayern“, sind diese Erklärungen zu undifferenziert. Die Hilfsbereitschaft des letzten Jahres sei zwar verpufft, sagt er. „Bei einem Hochwasser ist das aber auch nicht anders“.

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