Donald Trump – Putins „nützlicher Idiot“

Russland hat seine Wahl in den USA längst getroffen: Trump wäre für Moskau der bessere Präsident. Doch mit seiner Einmischung in den Wahlkampf verfolgt der Kreml noch ein weiteres Ziel.

Dürfte Wladimir Putin bei der anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA seine Stimme abgeben: Es wäre wohl Donald Trump, der sie bekäme – und nicht Hillary Clinton. Doch Moskau verfolgt mit seiner Einmischung in die Wahlkampagne nicht nur das Ziel, Trump zu stärken. Dem Kreml liegt auch daran, die amerikanische Demokratie zu schwächen und destabilisieren.

Russische Zuschauer, die sich im Staatsfernsehen über die Welt informieren, müssen derzeit das Gefühl haben, die USA seien die größte Bananenrepublik der Welt. Dmitri Kisseljow, der Moderator der prominentesten russischen Propagandasendung „Westi nedeli“, berichtete am Sonntag schon wieder über angebliche Fälschungen und Korruption im Wahlkampf, über Millionen von „toten Seelen“ in den Wählerlisten und „Karusselle“, über die ein Wähler mehrfach abstimmen kann.

Die Fälscher: Demokraten, allen voran ihre Kandidatin Hillary Clinton, die über „administrative Ressourcen, die Möglichkeiten von CIA und anderen Geheimdiensten“ verfügten. Das Opfer: Donald Trump. In dieser und anderen Sendungen wird der Republikaner ausgiebig mit seinen Vorwürfen an die „korrupte“ US-Presse zitiert.

Russen würden mehrheitlich für Trump stimmen

„Es ist klar, dass Donald Trump nicht vorhat, dieses Rennen als faires Spiel mit einem fairen Ergebnis anzuerkennen“, sagte Kisseljow. Und wenn Trump doch gewinne, werde Clinton die Ergebnisse nicht anerkennen. „Sie werden alles auf Putin schieben.“ In dieser Weise berichtet Kisseljow Woche für Woche über die „schmutzige US-Wahlkampagne“.

Trump und seine Anhänger kamen bereits ausführlich zu Wort, es wurde über Clintons Gesundheit und ihre E-Mail-Affäre sowie über Trumps Sexskandale berichtet. Sogar eine Satire von Mark Twain diente bereits als Beweis dafür, dass die Wahlen in den USA schon immer unfair gewesen seien.

Trump – so die Darstellung – sei zu seiner eigenen Überraschung mitten in diesem Schmutz gelandet. „Ein einfacher US-Milliardär, der in die Politik gegangen ist, weil ihm klar wurde, dass sie nicht in diesem Zustand bleiben darf“, charakterisierte Kisseljow den republikanischen Kandidaten. In einer anderen Sendung behauptete er, Trump könne für seine prorussischen Ansichten ermordet werden, denn so ein Kandidat passe amerikanischen Geheimdiensten nicht.

Bei einer solchen Berichterstattung ist es kein Wunder, dass Russland das einzige Land der Welt ist, in dem Trump größere Popularität als Clinton genießt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup International in 45 Ländern würden 33 Prozent der Russen für Trump stimmen und nur zehn Prozent für Clinton. Der Rest hatte keine Präferenz und konnte die Frage nicht beantworten.

Trump will einen „großartigen Deal“ mit Russland

Trump seinerseits traf für einen Republikaner untypisch viele prorussische Aussagen. Er zeigte Verständnis für die Krim-Annexion und bezweifelte sogar, dass sich russische Truppen in der Ukraine befänden. Putin sei ein „besserer Anführer“ als Barack Obama, sagte er. Die Nato überflüssig. Mit Russland würde er einen „großartigen Deal“ schließen. Trump widersprach sogar seinem eigenen Vizekandidaten Mike Pence, als der das russische Vorgehen in Syrien kritisierte. Sollte er seine Aussagen in außenpolitische Vorgaben umsetzen, könnte es für Putin keinen besseren US-Präsidenten geben.

Für den ehemaligen US-Botschafter Michael McFaul ist klar: „Wladimir Putin will, dass Donald Trump der nächste US-Präsident wird.“ Putin und die russische Regierung hätten „beispiellose Schritte“ unternommen, um die Wahlen in den USA zu beeinflussen und dem republikanischen Kandidaten zu helfen. Tatsächlich deutet Cybersicherheitsexperten zufolge vieles darauf hin, dass die Hacker-Angriffe auf die Demokratische Partei, bei denen Tausende E-Mails gestohlen worden waren, von Russland aus gesteuert wurden.

Ein Graffiti in Vilnius, Litauens Hauptstadt: Wie eng sind die Verbindungen zwischen Trump und Putin?. (Foto: AP)

Der russische Journalist Michail Sygar beschreibt Trump als eine Art „amerikanischen Schröder“. Er würde Putin aber noch besser als der ehemalige Bundeskanzler und auch als der ehemalige italienische Präsident Silvio Berlusconi ins Konzept passen. „Aus der Sicht des Kreml ist Donald Trump extrem pragmatisch, prinzipienlos und zynisch – was bedeutet, dass man sich mit ihm einfacher verstehen kann“, glaubt er. Für Putin gebe es nämlich zwei Kategorien von Staatschefs: diejenigen, die an bestimmte demokratische Werte glaubten, wie Barack Obama oder Angela Merkel. Und solche, die nur noch zynisch auf die Welt blickten. Putins Erfahrungen zeigten, dass sich mit Letzteren viel einfacher eine persönliche Beziehung aufbauen ließe.

Moskau erwartet harte Russland-Politik von Clinton

Hillary Clinton gehört offensichtlich nicht zu den Politikern, mit denen sich Putin gut versteht. Sie kritisierte die russischen Handlungen in der Ostukraine hart und verglich sie mit Hitlers Politik in den 30er Jahren. Auf der anderen Seite hatte Putin Clinton vorgeworfen, hinter den Protesten gegen Wahlfälschungen zu stehen, die vor fünf Jahren in russischen Großstädten ausbrachen.

Von Clinton erwartet man im Kreml daher keinen Neuanfang, sondern eine harte Politik gegenüber Russland. „Trump verspricht uns sehr, sehr gute Beziehungen zu Putin, Clinton garantiert uns sehr schlechte. Den Unterschied sieht man ohne Fernglas“, schrieb der russische Senator Alexej Puschkow auf Twitter, der bis vor Kurzem den Außenausschuss in der russischen Staatsduma leitete.

Der russische Präsident selbst hielt sich bislang jedoch deutlich zurück. Vor einem Jahr bezeichnete er Trump als „markant“ und „talentiert“ – kein eindeutiges Kompliment. Vergangene Woche spottete er vor Außenpolitikexperten aus aller Welt in Sotschi über die US-Wahlkampagne. „Die USA sind eine Großmacht und keine Bananenrepublik, korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre“, sagte er.

Putin erklärte, Russland habe keine Möglichkeit, die Wahlen in den USA zu beeinflussen. Die Botschaften in seiner Rede, in der er den USA traditionell vorwarf, nach dem Ende des Kalten Krieges eine unipolare Weltordnung anzustreben, waren aber eindeutig auch an die künftige US-Präsidentin oder den künftigen Präsidenten gerichtet: Russland will mit den USA über die neuen Regeln der Weltordnung diskutieren.

Doch bevor eine solche Diskussion überhaupt stattfinden kann, pokert Putin mit seinem Vorgehen in Syrien, der Kündigung von Atomverträgen und der Stationierung von Iskander-Raketen in Kaliningrad bereits so hoch, dass fast der Eindruck entsteht, er stelle sich bereits auf die harte Gesprächspartnerin Clinton ein. Letztendlich weiß Putin nämlich genau, was er von ihr zu erwarten hat.

Trump – ein „nützlicher Idiot“ für Putin

Doch Russland verfolgt noch ein anderes Ziel. Fiona Hill, Russland-Expertin des US-Thinktanka Brookings Institution, glaubt, Moskau wolle mit seinen Eingriffen die internationale Glaubwürdigkeit der USA unterminieren und die Unzulänglichkeiten der amerikanischen Parteipolitik betonen. „Egal, ob Donald Trump oder Hillary Clinton gewählt werden, der neue US-Staatschef wird aus Moskauer Perspektive nach so einer verheerenden Kampagne genauso angeschlagen sein wie Putin nach seiner Wiederwahl 2012“, schreibt sie.

Die Demokratische Partei dringt derzeit darauf, dass das FBI Ergebnisse seiner Ermittlungen über Trumps Verbindungen zu Russland offenlegt. Bis jetzt drangen die Informationen darüber lediglich über die Zeitung „New York Times“ an die Öffentlichkeit. Nach monatelangen Ermittlungen hat das FBI laut der Zeitung bis jetzt keine direkte Verbindung zwischen Trump und der russischen Regierung finden können.

Die Cyberangriffe auf die Demokratische Partei seien eher auf die Störung der Wahlen als auf die Unterstützung von Trump ausgerichtet gewesen. Ein anonymer US-Beamter beschreibt die russischen Ziele sogar als „Gefährdung der Demokratie“. Vor dem Wahltag bereiten sich US-Sicherheitsdienste auf mögliche Hackerangriffe vor, die den Wahlprozess gefährden könnten.

Donald Trump jedenfalls könnte ein „nützlicher Idiot“ für Putin sein. So zumindest interpretiert die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright seine Rolle.

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