Jacksons Junge

Ein Dach über dem Kopf, ein Bett und eine Eisfläche – „das reicht eigentlich“: EHC-Verteidiger Deron Quint weiß das Geschenk zu schätzen, mit 40 noch Profi sein zu können. Neuerdings entscheidet er sogar Spiele

Von Christian Bernhard

Sogar ein paar Schneeflocken tanzten am späten Sonntagnachmittag durch den Münchner Olympiapark, als sich die Spieler des EHC Red Bull München vor der Halle Unterschriften und Autogrammkarten verteilten. Eine kleine vorweihnachtliche Bescherung für die Fans. Sich selbst hatten die Spieler in ihren zwei Heimspielen des vergangenen Wochenendes beschenkt: Dem 3:2 nach Verlängerung gegen den ERC Ingolstadt am Freitag ließen sie am Sonntag ein 3:2 gegen die Adler Mannheim folgen. Damit können die Münchner, die die Tabelle der Deutschen Eishockey Liga (DEL) mit acht Punkten Vorsprung auf den Zweiten aus Nürnberg anführen, auf die Bilanz von 19 Siegen in ihren jüngsten 21 Heimspielen zurückblicken. Beachtlich.

Selbstverständlich hatte sich auch Deron Quint unter die Fans gemischt. Während er fleißig Autogramme gab und für Fotos posierte, tat er das, was er am liebsten tut: Quint lächelte. Der US-Amerikaner genießt das Leben als Eishockey-Profi, bei jeder Gelegenheit betont er, wie glücklich er sich schätzt, so durchs Leben gehen zu können. Quint nimmt sein Leben als Privileg wahr. Diese in Profi-Sportler-Kreisen nicht alltägliche Denkweise hat viel mit seinem Alter zu tun. Quint ist 40, er weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, in diesem Alter noch das machen zu können, was er am liebsten macht: „Ich sehe es als Geschenk an, dass ich das beruflich machen kann, was ich liebe. Es gibt keinen Tag, an dem ich ungern zum Training gehe.“ Quint braucht wenig, um sich wohlzufühlen. „Gib mir ein Dach über dem Kopf, ein Bett und eine Eisfläche. Das reicht eigentlich.“

Sven Felski, der vier Jahre lang mit Quint bei den Eisbären Berlin zusammen gespielt und in dieser Phase drei DEL-Titel gewonnen hat, sagt über Quint, der Verteidiger sei eigentlich immer lustig. Er sei locker, nicht so verbissen und habe einfach Spaß am Spiel. Gleichzeitig sei Quint „ein Spieler, der ganz genau weiß, wann er ernst sein muss“.

Ernst wurde es zuletzt sehr oft für die Münchner Gegner, wenn Quint in den entscheidenden Momenten auf dem Eis stand. Gegen Ingolstadt erzielte er 14 Sekunden vor Ende der Verlängerung den 3:2-Siegtreffer, fünf Tage zuvor war ihm dasselbe beim 4:3-Erfolg nach Verlängerung in Wolfsburg gelungen.

„Der alte Mann hat es immer noch drauf“, witzelte Jason Jaffray, der mit seinen 35 Jahren auch schon zum älteren EHC-Eisen gehört. In der Kabine werde zwischen den Dritteln bereits getuschelt, verriet der Angreifer schmunzelnd: „Jungs, achtet darauf, dass das Spiel eng bleibt – dann kümmert sich Deron darum.“ Sieben Mal traf Quint in dieser Saison bereits, drei Mal entschieden seine Treffer die Partie. Nicht nur für Jaffray ist das „unwirklich“. Selbst Nürnbergs Patrick Reimer, der die DEL-Torjägerliste mit 16 Treffern anführt, kann nicht so viele game winner  vorweisen.

Jaffray wusste bis zu dieser Saison nicht viel über Quint. Was er wusste, war, dass Quit bereits unter Jackson gespielt hatte – und das reicht in seinen Augen schon: „Don kennt seine Jungs. Wenn er dich mag, gibt es Gründe dafür.“ Jackson ist der Grund dafür, dass Quint im Sommer nach sieben Jahren in Russland nach München gekommen ist. Die beiden haben bereits in Berlin zusammengearbeitet, zwei Jahre lang spielte Quint unter dem erfolgreichsten DEL-Trainer der Geschichte. Er habe immer schon eine „sehr spezielle Verbindung“ zu Jackson gehabt, berichtet der Verteidiger.

Jackson schätzt Quints „sehr smarte und einfache“ Spielweise, die ihn schon seine ganze Karriere lang auszeichne. Deshalb ist er auch keineswegs überrascht, dass der 40-Jährige, der 463 NHL-Partien bestritten hat, häufig als Spielentscheider in Szene tritt. „Wenn er die Möglichkeit sieht zu schießen, schießt er“, betont Jackson. „Verteidiger passen oft, obwohl sie eine gute Schussmöglichkeit haben. Er macht das nicht.“ Da Quints Schuss „sehr präzise und für den Gegner irreführend“ sei, endet er immer wieder dort, wo er hin soll: im Tor. Er wisse einfach, was er zu tun habe, sagt Jackson. Quints Erklärung für sein goldenes Händchen in entscheidenden Momenten ist deutlich einfacher: „Ich bin schon ziemlich alt und werde schnell müde, deswegen möchte ich so schnell wie möglich nach Hause“, sagt er – und lacht.

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