Bundespräsident Gauck: „Die Angst hat uns nicht“

  • Zum letzten Mal hält Joachim Gauck seine Weihnachtsansprache als Bundespräsident.
  • Er geht dabei ausführlich auf den Terroranschlag von Berlin ein.
  • „Wir spüren die Angst – aber: Die Angst hat uns nicht. Wir spüren die Ohnmacht – aber: Die Ohnmacht hat uns nicht. Wir spüren die Wut – aber: Die Wut hat uns nicht“, sagt er.
Von Nico Fried, Berlin

Bundespräsident Joachim Gauck hat trotz aufgewühlter Emotionen nach dem Terroranschlag von Berlin für respektvolle Debatten geworben. Gauck sagte in seiner letzten Weihnachtsansprache als Staatsoberhaupt, es müsse politische Auseinandersetzungen geben, über die Flüchtlingspolitik oder darüber, ob zukünftig noch mehr getan werden müsse, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. „Aber gerade in Zeiten terroristischer Attacken sollten wir die Gräben in unserer Gesellschaft nicht vertiefen, weder Gruppen pauschal zu Verdächtigen noch Politiker pauschal zu Schuldigen erklären. Wir sollten das Augenmaß bewahren und die Achtung vor dem politischen Gegner“, sagte Gauck.

Der Bundespräsident ging in seiner Rede ausführlich auf den Terroranschlag vom 19. Dezember ein. „Die vielen Toten und Verletzten auf einem Berliner Weihnachtsmarkt haben uns zutiefst erschreckt und verstört“, sagte er. So seien Wut und Zorn, aber auch Angst und Ohnmacht über die Menschen gekommen. „Allerdings: Wenn wir ganz genau hinschauen in diesen Tagen, dann erkennen wir noch mehr. Wir spüren die Angst – aber: Die Angst hat uns nicht. Wir spüren die Ohnmacht – aber: Die Ohnmacht hat uns nicht. Wir spüren die Wut – aber: Die Wut hat uns nicht“, sagte Gauck.

Gaucks Weihnachtsansprache im Wortlaut

„Wir spüren die Angst – aber: Die Angst hat uns nicht. Wir spüren die Ohnmacht – aber: Die Ohnmacht hat uns nicht. Wir spüren die Wut – aber: Die Wut hat uns nicht“, sagt der Bundespräsident laut Redemanuskript. mehr …

Nach seiner Beobachtung hätten die Geschehnisse auch zu einem neuen Zusammenhalt geführt: „Wir sind zusammengerückt als Gemeinschaft derer, die die Mitmenschlichkeit verteidigen“, sagte der Bundespräsident. Ganz unterschiedliche Menschen hätten „einander gesucht, haben einander gestärkt, haben einander Wärme und Nähe gegeben“. In der Konfrontation mit mörderischem Hass hätten die Bürger ein Ja zum friedlichen und menschenfreundlichen Miteinander bekräftigt und damit auch „ihr Ja zum Leben“.

„Dieses Land verdient das Vertrauen seiner Bürger“

Gaucks fünfjährige Amtszeit endet im März 2017. Auf eine weitere Kandidatur hat er verzichtet. Am 12. Februar kommt die Bundesversammlung zusammen, um seinen Nachfolger zu wählen. Als Favorit gilt der von der großen Koalition vorgeschlagene derzeitige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Was den Zustand des Landes angehe, so hätten ihn die Begegnungen mit vielen Menschen während seiner Amtsjahre „immer zuversichtlicher“ gemacht, sagte Gauck. „Dieses Land verdient das Vertrauen seiner Bürger. Auch gegenwärtig, da es mit ungelösten Problemen ringt.“ Gauck hob besonders die Arbeit von Menschen in sozialen Berufen und im öffentlichen Dienst hervor. „Gerade in Zeiten der Unsicherheit wissen wir das zuverlässige Wirken von so vielen Menschen zu schätzen. Nicht weil sie etwas Außergewöhnliches tun, sondern weil sie das Gewöhnliche außergewöhnlich gut tun. So können wir uns zu Hause fühlen in unserem Land.“ Die Ansprache wird am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtsfeiertag, im ZDF (19.08 Uhr) und in der ARD (20.10 Uhr) gezeigt.

Gauck besucht Anschlagsopfer im Krankenhaus

Die Verletzten sollten spüren, dass sie nicht allein seien, sagte der Bundespräsident. Bei dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt waren am Montagabend zwölf Menschen getötet und 45 weitere verletzt worden. mehr …

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