Flüchtlinge – Kardinal Schönborn gesteht Umdenken ein

In einem gemeinsamen Interview mit dem evangelischen Bischof Michael Bünker sagte der Wiener Ezbischof in der „ZiB2“, er habe auch selbst erfahren müssen, dass die anfängliche Hilfsbereitschaft angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge dann über seine Möglichkeiten hinaus gegangen sei.

Anfangs habe auch er ebenso wie viele Experten mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gesagt, wir schaffen das. Dann habe er aber gemerkt, dass das Problem eine andere Dimension bekommen habe und europäische Lösungen nötig seien. Man müsse zuerst auf Hilfe vor Ort schauen, damit die Flüchtlinge wieder in ihrer Heimat leben können.

Bünker verwies darauf, dass man Rationalität und Vernünftigkeit in die Diskussion bringen müsse. Er betonte auch, dass die Zahl der Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe nicht ab-, sondern zugenommen habe.

An eine Spaltung der Gesellschaft glaubt der evangelische Bischof nicht. Es gebe zwar eine starke Polarisierung, aber keine tiefen Gräben. Außerdem verwies Bünker darauf, dass der Terror auch für weitere Flüchtlingsströme sorge.

Angesichts des Terrors sieht Schönborn zwar eine „große Verunsicherung“. Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass die Menschen vor 70 Jahren unter unvergleichlich schlimmeren Verhältnissen gelebt haben.

Nun müsse man in der friedensgewohnten Zeit vielleicht einfach lernen, dass Friede und der Sozialstaat nicht selbstverständlich seien und dass das Leben insgesamt unsicher sei.

Der Kardinal sieht darin auch die Chance, dankbar sein zu können, „dass wir leben dürfen“, und solidarisch sein zu können mit Menschen mit einem schweren Schicksal. Bünker sieht in der gerade in der Berliner Gedächtniskirche abgehaltenen Gedenkveranstaltung nach dem Terroranschlag ein „deutliches Zeichen“.

Beide Bischöfe betonten das Gemeinsame ihrer beiden Kirchen. Bünker, dessen evangelische Kirche heuer 500 Jahre Reformation feiert, meinte, man sei vom Gegeneinander zu einem Nebeneinander und heute immer mehr zu einem Füreinander gekommen. Diese Lehre könne auch für Europa wichtig sein. Schönborn betonte, dass man gegenseitig viel voneinander gelernt habe. „Wir sind auf einem guten Weg, Gott sei Dank.“ Es gebe große Einmütigkeit in der Überzeugung für den selben Glauben und die selben Werte zu stehen. Man sei aber nicht für einen „Einheitsbrei“, man profitiere auch davon, unterschiedlich zu sein.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*