Kommentar: VW und die Boni der SPD

© Reuters Dürften Gewerkschaften und Sozialdemokraten in Deutschland einen Weltmarktführer nach ihren Wünschen formen, er sähe aus wie VW.

„Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Mit diesen Worten leitete Ferdinand Piëch im April 2015 die größte Niederlage seines Lebens ein, die sein Ende als Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen besiegelte. Erstmals verlor der Patriarch einen Machtkampf. Nachdem er gepoltert hatte, isolierte er sich in der Familie. Schließlich wurde der Enkel des legendären Autokonstrukteurs Ferdinand Porsche (Käfer) unrühmlich aus dem Aufsichtsrat entfernt. Sein Versuch, seine Frau Ursula Piëch an die Spitze des Kontrollgremiums zu bugsieren, war krachend gescheitert. Als Trostpreis blieb dem „Alten“, wie er in Wolfsburg genannt wurde und dem der VW-Konzern viel verdankt, dass der Streit Winterkorns Griff nach dem Chefsessel im Aufsichtsrat verhinderte.

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Doch wenigstens blieb Winterkorn Vorstandschef – zunächst. Der konnte allerdings seinen Sieg über den Übervater Piëch nur kurz genießen. Denn schon im September ließ die amerikanische Umweltbehörde eine Bombe platzen: VW manipuliere mit verbotener Software seine Dieselabgaswerte. Zwei Tage später musste Volkswagen den Betrug öffentlich zugeben.

Jetzt stellt sich die damalige Frage wieder: Warum macht Piëch das? Heute belastet Piëch weitere Mitglieder des Aufsichtsrats von VW schwer. Betriebsratschef Bernd Osterloh, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber und sein Cousin Wolfgang Porsche seien von ihm frühzeitig über Hinweise auf Manipulationen von Dieselfahrzeugen informiert worden. Die Hinweise seien angeblich von einem der israelischen Geheimdienste gekommen. Ist da etwas dran? Oder will sich Piëch mit dieser Räuberpistole für seine Demütigung rächen? Nimmt er dafür sogar mögliche Schadensersatzforderungen gegen ihn und einen Vermögensschaden für seine VW-Anteile in Kauf?

Wer soll das Gerede vom Kulturwandel glauben?

Was man weiß, ist, dass Piëch und Winterkorn sich nicht über den Weg trauten und Detektive sowie Agenten (auch aus Israel) in Wolfsburg ein- und ausgingen. Das sofortige Dementi des Aufsichtsrats ist scharf und klar. Der niedersächsische Regierungschef Weil wird besonders deutlich: „Ich bedauere, dass ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten wie Ferdinand Piëch inzwischen zu Mitteln greift, die man neudeutsch nur als ,Fake News‘ bezeichnen kann.“ Das mag so sein. Vielleicht ist der „Alte“ wirklich auf einem irregeleiteten Rachefeldzug. Aber warum lernt die Führung von VW nicht dazu?

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Wieso veröffentlichte der Konzern nicht wie versprochen die Ergebnisse der Untersuchung der amerikanischen Kanzlei Jones Day, auf die sich VW jetzt beruft? Wer soll das Gerede vom Kulturwandel glauben, wenn man sich so wie früher in Wolfsburg verschanzt und Fehler wie etwa falsche Personalentscheidungen weiterhin mit aberwitzigen Abfindungen „löst“, als hätte es die Debatte über die Unkultur von Millionenboni für Versager nicht gegeben?

VW zahlt für ein Desaster Erfolgsprämie

Dürften Gewerkschaften und Sozialdemokraten in Deutschland einen Weltmarktführer nach ihren Wünschen formen, er sähe aus wie VW. Dem Betriebsratsvorsitzenden des weltgrößten Autoherstellers war schon immer egal, wer unter ihm den Vorstandsvorsitz inne hatte. Den Kurs von VW bestimmten sowieso maßgeblich die Arbeitnehmervertreter und die IG Metall zusammen mit dem meist von der SPD geführten Land Niedersachsen, das als Großaktionär Sitz und Stimme im Aufsichtsrat von VW hat. Die Eigentümerfamilien Piëch und Porsche nutzten regelmäßig die Macht der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat, um etwa einen Vorstand rauszuwerfen. Solch kleine Erschütterungen wurden bei VW und Porsche stets mit besonders viel Geld zugeschüttet. Dieses Geflecht aus Gefälligkeiten und gegenseitiger Abhängigkeit war und ist so stabil, dass es jeden Sex- und Dieselskandal überdauert.

Im SPD-Musterkonzern Volkswagen versagt die Führung. Ein Kommentar von Holger Steltzner.

Dem damaligen Porsche-Chef Wiedeking boten die Familien eine Abfindung von rund 140 Millionen Euro an, am Ende bekam er 50. Der in den Dieselskandal verstrickte Winterkorn wurde mit 15 Millionen Euro vom Hof gejagt, mehr als 13 Millionen davon warf man ihm als „Erfolgsprämie“ hinterher. Zusätzlich bekommt er nun von VW jeden Tag eine Rente in Höhe von 3100 Euro. Zur Erinnerung: Der Dieselskandal dürfte Volkswagen zwischen 25 und 35 Milliarden Euro kosten. Für dieses Desaster zahlt VW Erfolgsprämie!

So geht es weiter in Wolfsburg. Gerade trennt man sich von der Frau im Vorstand. Für dreizehn Monate Arbeit bekommt die ehemalige SPD-Ministerin Hohmann-Dennhardt bis zu 15 Millionen Euro Abfindung und obendrein eine Rente von rund 8000 Euro im Monat. Solche Abfindungen und Renten für gescheiterte Manager gibt es nur, weil SPD-Ministerpräsidenten und Funktionäre der IG Metall schlechte Verträge im Aufsichtsrat mitbeschlossen haben. Die Kleinaktionäre von VW wurden nie gefragt. Ob Martin Schulz, der neue Vorsitzende und Kanzlerkandidat der SPD, an Volkswagen denkt, wenn er über Boni schimpft und für Managergehälter „Maß und Mitte“ fordert? Es wäre ein Treppenwitz, brächte ausgerechnet die Wut über die VW-Boni die SPD ans Ziel. Soll das Versagen im SPD-Musterkonzern dazu führen, dass die SPD die Eigentumsrechte in besser geführten Unternehmen beschneidet?

© reuters Niedersachsen weist Vorwürfe von Piech zurück

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