The xx in Wien: Trance und Melancholie

„Wie haben euch vermisst!“ So begrüßten The xx Donnerstagabend in der Marx-Halle ihr Wiener Publikum. Schon alleine die Größe des Auftrittsortes zeigt, dass sich bei der britischen Alternative-Band viel getan hat, seit sie 2013 im Gasometer war. Die Marx-Halle war ausverkauft – wie vorher nur bei The Cure und Pharrell Williams.

Beim Wien-Konzert ist der Grund dafür leicht nachzuvollziehen: The xx bieten einen Sound, der neu und frisch ist. Über eine Basis aus hackenden Mini-Riffs von Bass und Gitarre und gelegentlichen Einschüben von voluminösen Keyboards legen sie sehnsüchtige, melancholische und durchwegs markante Melodien mit manchmal sogar poppigem Flair.

Vielfältig wird das Ganze durch das Wechselspiel von laut und leise, zart und wuchtig, verträumt und – wenn auch selten – wütend. Aber auch durch das stimmliche Zusammenwirken der beiden Frontleute, Gitarristin Romy Madley Croft und Bassist Oliver Sims. Hinter ihnen hoch oben auf einer Geräte-Burg steht Soundtüftler Jamie Smith und bedient, Drums, Keyboards, Effekte und Computer.

Das Programm der Tour zum neuen Album  besteht vorwiegend aus Songs vom ersten und eben diesem  neuen dritten Werk „I See You“, für das The xx tanzbare Rhythmen und lebhaftere Klänge in ihren Sound integriert haben. In beiden Fällen strahlen viele der Songs eine gewisse Reserviertheit aus, klingen introvertiert und zurückhaltend. Das ist keine nach vorne gehende Musik, die Zuhörer mit Hymnen umarmt, abholt und mitnimmt. Es ist ein eher schleichender Prozess, der die Zuseher in der Marx Halle nach und nach einnimmt – mit der tranceartigen Wirkung der repetitiven Motive, aber auch mit der Freude, mit der das Trio spielt.

Crofts dunkle Charakter-Stimme, die an Tanita Tikaram erinnert, sorgt vor allem bei den leisen Momenten von „Performance“ und dem Drake-Cover „Too Good“ und natürlich bei dem Fan-Favoriten „Angels“ für Gänsehaut-Atmosphäre. Hat sie zu Beginn der Karriere noch schüchtern auf die Bühnenbretter gestarrt, wirkt sie jetzt – wie auch Sims und Smith – viel selbstsicherer und versierter im Umgang mit dem Publikum. 

Sogar eine Art Show haben The xx diesmal mitgebracht. Nichts Bombastisches, natürlich nicht. Das würde weder zum Image der Band noch zum Sound passen. Aber mit sechs zehn Meter hohen Quadern, die rundum mit Spiegelfolie verkleidet sind und sich drehen können, erzielen die Briten schöne Effekte, die in Regenbogenfarben leuchtend die Stimmung der Songs unterstützen, aber sich niemals vor sie drängen.

So ist es wieder einmal nur der Sound in dieser Halle, der das Konzerterlebnis schmälert. Dank der Struktur der Songs von The xx, die häufig viel Luft zwischen Gesang und der Instrumentierung lässt, ist er aber zumindest nicht durchwegs katastrophal dröhnend.

„Wir sehen uns wieder“, versprachen The xx zum Schluss. Oh ja, sehr gerne. Aber dann bitte an einem anderen Veranstaltungsort.

KURIER-Wertung:

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