„Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt“

Die CDU zeigt sich trotz steigender SPD-Umfragewerte für die Bundestagswahl zuversichtlich und setzt ganz auf den Amtsbonus von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auf dem Landesparteitag am Samstag in Mecklenburg-Vorpommern wurde Merkel als Spitzenkandidatin der Nordost-CDU für die Wahl am 24. September aufgestellt. 95 Prozent der rund 140 Delegierten votierten in Stralsund für die CDU-Vorsitzende, die ohne Gegenkandidaten angetreten war. Merkel gehört dem Landesverband seit 1990 an und hat im Norden Vorpommerns ihren Bundestagswahlkreis, den sie seither immer gewonnen hat, bei der Wahl 2013 mit 56,2 Prozent.

Das Direktmandat macht ihr aber der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm streitig. „Wir wollen diesen Wahlkreis haben“, betonte Holm am Sonntag auf einem Landesparteitag in Sparow (Kreis Mecklenburgische Seenplatte). Mit 90,8 Prozent wählten ihn die 206 anwesenden AfD-Mitglieder zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Der 46-jährige frühere Radiomoderator war ebenfalls ohne Gegenkandidaten geblieben.

Bei der Landtagswahl im Herbst 2016 AfD vor CDU

Wie schon im Landtagswahlkampf 2016 richtete Holm scharfe Kritik gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Damit habe sie nicht nur die Basis für wachsende Kriminalität samt Massenschlägereien in Deutschland gelegt, sondern trage auch Mitverantwortung für den Austritt Großbritanniens aus der EU.

Merkel ging in ihrer Rede nicht direkt auf die AfD ein, machte jedoch indirekt deutlich, dass sie deren Ausgrenzungsstrategie entschieden ablehnt. „Es gibt keinerlei Rechtfertigung, dass sich kleine Gruppen aus unserer Gesellschaft anmaßen zu definieren, wer das Volk ist. Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt“, sagte Merkel.

Bei der Landtagswahl im Herbst 2016 war die AfD mit 20,8 Prozent der Stimmen hinter der SPD aber vor der CDU zweitstärkste Kraft geworden und mit 18 Abgeordneten in den Landtag eingezogen. Vor allem im östlichen Landesteil Vorpommern hatte die AfD hohe Stimmengewinne und drei Direktmandate erzielt. Zur Bundestagswahl rechnet die Partei nach eigenen Worten mit zwei bis drei Mandaten.

Merkel rief ihre Partei zu einem engagierten Wahlkampf auf. In Mecklenburg-Vorpommern gelte es, alle sechs Direktmandate zu verteidigen, und im Bund, stärkste Partei zu bleiben. „Ich würde mich freuen, wenn wir so stark sind, dass ich auch wieder Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland sein kann. Es ist eine Ehre, Deutschland zu dienen“, sagte sie unter dem Beifall der Delegierten.

„Heute sind wir der Stabilitätsanker“

Die Union trete als Volkspartei zur Wahl an: Möglichst jedem Menschen solle ein Angebot gemacht werden. Verteilt werden könne aber nur, was vorher erwirtschaftet worden sei. Kritik äußerte Merkel dabei an den Vorschlägen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz zur Änderung der Reform-„Agenda 2010“. Die Erfolge in ihrer knapp zwölfjährigen Amtszeit gingen auch auf die Arbeitsmarktreformen ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD) zurück.

„Als wir an die Macht kamen, da war Deutschland der kranke Mann Europas, heute sind wir der Stabilitätsanker“, erklärte die CDU-Vorsitzende und verwiese auf die Halbierung der Arbeitslosenzahl. Mit einer „Agenda 2025“ wolle sie Deutschland weiter voranbringen. Ein Schwerpunkt solle dabei auf der Förderung jüngerer Familien liegen. Dies ist wiederum ein Thema, mit dem sich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig zu profilieren versucht, die Mecklenburg-Vorpommerns SPD im Bundestagswahlkampf anführen soll.

CDU-Landeschef Lorenz Caffier, der bei der Landtagswahl 2016 mit 19 Prozent eine herbe Niederlage hatte einstecken müssen, zeigte sich überzeugt von einem wieder deutlich besseren Ergebnis bei der Bundestagswahl. Ziel blieben etwa 40 Prozent wie bei der Bundestagswahl 2013. Caffier würdigte Merkels Rolle als erfahrene Regierungschefin und „Fels in der Brandung“ gegenwärtig schwieriger Zeiten. Den Höhenflug der SPD in aktuellen Umfragen bezeichnete Caffier als Momentaufnahme: „Es sind noch sieben Monate bis zur Bundestagswahl. Bis dahin wird die Anfangseuphorie der Sozis längst verflogen sein. Es werden ernste Themen und harte Fakten kommen.“

Die Vertreterversammlung legte für Mecklenburg-Vorpommern auch die weiteren Listenplätze für die Bundestagswahl fest. Auf Platz zwei setzten die Delegierten den CDU-Finanzexperten im Bundestag, Eckhardt Rehberg, der mit 97,8 Prozent das beste Ergebnis erzielte. Danach folgten mit Dietrich Monstadt, Karin Strenz und Peter Stein drei weitere Bundestagsabgeordnete. Auf Platz sechs folgt der Nachwuchspolitiker Philipp Amthor, der zuvor in einer Kampfabstimmung um Platz vier nur mit zwei Stimmen Unterschied gegen Strenz unterlag.

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