Österreichische Politiker mischen in deutschem Wahlkampf mit

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sagte Deutschland in seiner Rede vor tausenden SPD-Anhängern in Vilshofen einen Regierungswechsel voraus. Sobotka und Strache waren Gäste bei CSU und AfD.

Bei den Auftritten von Kern bei der deutschen SPD, Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei der bayrischen CSU und FPÖ-Chef Heinz-Christian bei der rechtspopulistischen AfD waren durchaus auch innenpolitische Töne mit dabei. So warf der Innenminister in seiner Rede in Passau vor rund 5.000 CSU-Anhängern der SPÖ im Zusammenhang mit dem diese Woche im Ministerrat verabschiedeten Fremdenrechtspaket ein „perfides Spiel“ vor. Am Verhandlungstisch würden Maßnahmen beschlossen, „drinnen halten sie, und wenn sie draußen sind, sind sie gleich wieder dagegen“, so Sobotka.

Deutschland empfahl er die Einführung der von der CSU seit langem geforderte Obergrenze: „Die ist absolut notwendig“, 90 Prozent der Flüchtlinge lebten von Sozialhilfe. „Die wandern nicht in die Arbeitswelt ein, die wandern in die Sozialwelt ein.“ Politische Maßnahmen zur Eindämmung der Zuwanderung seien mit den Sozialdemokraten aber „nicht leicht durchzubringen. Die Sozi winden sich und drehen sich“, so Sobotka.

Hauptziel der CSU-Redner in Passau beim „größten politischen Stammtisch weltweit“, wie es CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer formulierte, war aber der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Schulz nehme es „nicht besonders genau mit der Wahrheit“, meinte etwa der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. Man werde ihm „Mogelpackungen“ aber nicht durchgehen lassen, sonst heiße Martin Schulz in Bayern künftig „Martin der Schummler“, so Seehofer. „Ich hoffe, dass der österreichische Bundeskanzler seinen Genossen in Vilshofen erklärte, warum die Obergrenze gut und machbar ist“, sagte der bayrische Innenminister Joachim Herrmann.

SPD-Kanzlerkandidat Schulz untermauerte unter dem Jubel Tausender Anhänger den Machtanspruch der SPD für die Zeit nach der Bundestagswahl. „Die SPD tritt an, um die stärkste politische Kraft in der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Und ich (…) trete an, um Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden“, rief Schulz den Zuhörern im SPD-Festzelt zu.

Zugleich verspottete er die Zusammenarbeit der beiden Schwesterparteien CDU und CSU als „Zwangsehe“. „Die reden nicht miteinander, sondern übereinander“, sagte Schulz und fügte hinzu: „Die sind nicht mehr ganz beisammen.“

Kern warnte dagegen bei seiner Rede im niederbarischen Vilshofen vor Rechtspopulismus. Man lebe heute in einer Welt, in der „Selbstverständlichkeiten“, die man jahrzehntelang gewohnt war, „nicht mehr gelten“. Der Kanzler wies dabei insbesondere auf den Brexit und den neuen US-Präsidenten Donalds Trump hin. An Trump sehe man, was geschehen könne, „wenn Rechtspopulisten Europa führen“, so Kern.

SPD-Kanzlerkandidat Schulz untermauerte unter dem Jubel Tausender Anhänger den Machtanspruch der SPD für die Zeit nach der Bundestagswahl. Bild: SN/APA/AFP/UWE LEIN

Nach der Bundestagswahl im September würden „Österreich und Deutschland einen roten Bundeskanzler haben“, prophezeite Kern. „Nach einer Phase von wenig Optimismus ist die politische Wende in Deutschland in Griffweite.“ Die Bundestagswahl sei eine „Schlüsselentscheidung“ über die deutschen Grenzen hinaus.

Deutlich deftigere Pointen gab es beim Politischen Aschermittwoch der rechtspopulistischen AfD in Osterhofen, wo FPÖ-Chef als Ehrengast und Redner vor Parteichefin Frauke Petry den rund 1.000 Besuchern ordentlich einheizte. Zu Beginn lobte er die AfD als einzige Alternative für Deutschland und sicherte ihr zu, ein ehrlicher Freund, Unterstützer und verlässlicher Partner zu sein. Er traute ihr über 100 Mandate bei der Bundestagswahl im Herbst zu, weil sie auf die Bürger höre und ihre Mitbestimmung fordere.

Die in Bayern dominierende CSU sei zwar nicht so „weichgespült“ wie die Schwesterpartei CDU, aber sie sei wie ein Soletti überall dabei. Die CSU sei wie die ÖVP, deren Politiker lügen und danach am Sonntag beichten gingen. Zum als „Hoffnungsträger“ gehandelten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz stellte er fest: „So hoffnungslos möchte ich nicht sein“. Schulz habe aber „Nehmerqualitäten, wenn es ums Geld geht“. Er sei die „fleischgewordene Union Brüsseler Prägung“ und könne nicht die Zukunft Deutschlands sein.

Das sei auch „Mutti“ (Angela Merkel) nicht. Zu ihrer Aussage „Wir schaffen das“ meinte er: „Wir schaffen das nicht und wollen das auch nicht schaffen“. Das könne nicht Dummheit gewesen sein, „ich unterstelle ihr Absicht“, erklärte Strache. Sie habe den deutschen Haustürschlüssel in Brüssel abgegeben.

Das Publikum reagierte mit kräftigem Applaus, von dem der Österreich-Gast mehr bekam als Petry, die in ihrer Rede Schulz als „Tagegeld-Erschleicher“ kritisierte sonst aber eher leise Töne anschlug, und „Zugabe“- sowie „Strache“-Rufen. Anschließend wurde er noch von Autogrammjägern umringt. Am Abend tritt Strache dann noch bei seinem „Heimspiel“, dem politischen Aschermittwoch in Ried im Innkreis auf.

Der politische Aschermittwoch hat in Bayern eine lange Tradition und läutet in Deutschland die Fastenzeit ein. Heuer fällt damit der Startschuss für den Wahlkampf für die Bundestagswahl am 24. September.

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