Barças Wundersieg gegen Paris: „Das beste Spiel“

„Nichts ist unmöglich“, „Immer dran glauben“, „Wir werden alles geben“ – furchtbare Fußball-Floskel, oft bemüht nach hohen Hinspiel-Niederlagen, genau so oft vergessen nach dem erwarteten Ausscheiden.

Und dann gibt es solche Nächte wie diese von Barcelona, solche Siege wie dieses 6:1 im Achtelfinal-Rückspiel gegen Paris St. Germain, und plötzlich klingen die hohlen Sprüche wie weise Prophezeiungen.

Diesmal heißen die Propheten: Andrés Iniesta, Lionel Messi und Luis Enrique. Sie hatten pflichtbewusst Hoffnung verbreitet, trotz der bitteren 0:4-Niederlage im Hinspiel von Paris, dieser „historischen Demütigung“, wie die spanische Zeitung „Sport“ geschrieben hatte.

Und die drei sollten Recht behalten.

Barça hatte von Anpfiff an auf volle Offensive gesetzt, erspielte sich dutzende Chancen und gewann am Ende durch zwei Tore in der Nachspielzeit. Den entscheidenden Treffer versenkte der eingewechselte Sergi Roberto mit der letzten Aktion der Partie. Jener Sergi Roberto, über den „Marca“ nach dem Hinspiel geurteilt hatte, er sei „nur eine Karikatur eines Außenverteidigers“.

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Champions League: Eine magische Nacht im Camp Nou

Jetzt war er plötzlich der Held, den seine Mitspieler beim Jubeln unter sich begruben. Abwehrkollege Samuel Umtiti staunte nach dem Abpfiff: „Ich habe so etwas noch nie erlebt.“ Als „verrückt“ bezeichnete Mittelfeldspieler Ivan Rakitic das Erlebte, „ich kann es noch gar nicht glauben, es war eigentlich unmöglich. Unglaublich“.

Es hatte in ganz Europa wahrscheinlich kaum einen Experten gegeben, der den Katalanen so eine Partie zutraute. Zu blamabel war das Hinspiel gelaufen, für das vor allem Trainer Enrique anschließend heftig kritisiert wurde. Vor einer Woche hatte der 46-Jährige seinen Rücktritt zum Saisonende verkündet. Nun, nach dem triumphalen Comeback, nutzte Enrique die Chance zur Revanche. „Wir haben nie aufgehört daran zu glauben, dass wir es schaffen können. Dieser Sieg war für alle, die nie den Glauben an uns verloren haben.“

Er selbst war nah dran, als Edinson Cavani zwischenzeitlich verkürzte und Barcelona plötzlich sechs statt vier Tore brauchte. „Als sie das 3:1 erzielten, sah es aus, als sei alles vorbei“, sagte Enrique, ähnlich ging es Doppeltorschütze und Siegtreffer-Vorbereiter Neymar: „Nach Cavanis Tor hingen unsere Köpfe, aber nach dem vierten Tor begannen wir wieder zu hoffen. Das ist das beste Spiel, das ich je absolviert habe.“

Zumindest eines der Tore des Brasilianers sorgte für Diskussionen, sein verwandelter Foulelfmeter in der Nachspielzeit zum 5:1. Luis Suárez war im Strafraum nach einem Zweikampf mit Marquinhos sehr leicht zu Boden gegangen, der deutsche Referee Deniz Aytekin entschied auf Foul. „Die Schiedsrichterentscheidungen gingen gegen uns“, sagte PSG-Trainer Unai Emery, wollte aber nicht die ganze Schuld auf Aytekin schieben: „In der ersten Halbzeit war es unsere eigene Schuld. Wir haben nicht gepresst und den Ball nicht gehalten.“

Genau das gelang Barcelona diesmal deutlich besser als vor drei Wochen, der damals so enttäuschende Andrés Iniesta war diesmal wieder einer der Besten. „Wir haben das Unmögliche möglich gemacht“, sagte er, „was in Paris alles schief ging, hat heute geklappt. Am Ende war es einfach verrückt.“

Noch nie war ein Klub seit Einführung der Champions League 1992 nach einem Vier-Tore-Rückstand im Hinspiel weitergekommen. Diesmal war es soweit – und die Europapokal-Historie ist um ein legendäres Spiel reicher, das mithalten kann mit den Klassikern wie Liverpool gegen den AC Mailand im Finale 2005 oder Manchester Uniteds 2:1-Sieg gegen Bayern München 1999 (Hier finden Sie eine Sammlung der legendärsten Sportcomebacks).

Damals staunte ManUniteds Trainer Alex Ferguson nach dem Abpfiff: „Football, bloody hell!“ Dem lässt sich nichts hinzufügen.

FC Barcelona – Paris Saint-Germain 6:1 (2:0)
1:0 Suárez (3.)
2:0 Kurzawa (40./ET)
3:0 Messi (50./FE)
3:1 Cavani (62.)
4:1 Neymar (88.)
5:1 Neymar (90.+1)
6:1 Sergi Roberto (90.+5)
Barcelona: Ter Stegen – Mascherano, Piqué, Umtiti – Busquets – Rakitic (84. André Gomes), Iniesta (65. Arda Turan) – Messi – Rafinha (76. Sergi Roberto), Suárez, Neymar
Paris: Trapp – Meunier (90.+3 Krychowiak) , Marquinhos, Thiago Silva, Kurzawa – Verratti, Rabiot, Matuidi – Lucas Moura (55. Di Maria), Cavani, Draxler (75. Aurier)
Gelbe Karten: Piqué, Rakitic, Busquets, Neymar, Suárez – Matuidi, Draxler, Cavani, Verratti, Marquinhos
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Deutschland)
Zuschauer: 99.000

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