Sobotka: „Für Kern ist der Zug abgefahren“

Für die Regierung brechen ab heute, Montag, stürmische Wochen an. Es stehen wichtige Beschlüsse wie das Dämpfen der kalten Progression und die Bildungsreform an. Die kommenden Wochen gelten als Gradmesser, ob die Regierung bis 2018 durchhält, oder ob sich der bereits einsetzende Wahlkampf in einer vorgezogenen Neuwahl im Herbst 2017 manifestiert.

Innenminister Wolfgang Sobotka glaubt nicht, dass aus dieser Koalition noch etwas Großartiges wird. Er macht den „Dauerwahlkampf“ von Kanzler Christian Kern für den Zustand der Koalition verantwortlich. Sobotka: „Kern hätte vor einem Jahr, als er in der SPÖ an die Macht kam, mit der ÖVP die großen Leitlinien verhandeln und festlegen müssen. Aber das wollte er ja nicht, weil er freies Spiel für seinen Wahlkampf haben wollte.“ Als Beispiele führt Sobotka das Handelsabkommen mit Kanada an, das Kern zuerst ohne Absprache ablehnte, um dann doch wieder eine Kehrtwende zu vollziehen. Dasselbe gelte für die Haltung Österreichs gegenüber der Türkei. Sobotka: „Ich habe aufgehört mitzuzählen, wie oft Kern seine Türkei-Position geändert hat.“ Infolge von Kerns „Versagen als Kanzler“ habe jeder Minister für seinen Bereich eine eigene Politik entwickelt. „Für eine Umkehr ist es zu spät, denn damit würden sich alle anderen in der Regierung unglaubwürdig machen. Für Kern ist der Zug abgefahren“, sagt Sobotka.

Beim Streit um die kalte Progression gibt es zwischen SPÖ und ÖVP eine Annäherung. Die SPÖ ist bereit, nachzugeben und Einkommen bis zu 5500€ brutto im Monat voll zu entlasten. Nur zehn Prozent des Volumens würden übrig bleiben und an Kleinstverdiener umverteilt werden.

Aus Sicht der ÖVP ist allerdings ein grober Haken dabei: ein Automatismus für eine Negativsteuer. Sobotka: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Finanzminister dem zustimmt.“ Sobotka will außerdem „soziale Ungerechtigkeiten bei Arbeitslosenbezug und Notstandshilfe“ in einem Aufwaschen mit der kalten Progression beseitigen. „Es treibt den Leuten, die arbeiten und Steuern zahlen, den Zorn ins Gesicht, wenn sie sehen, wie Sozialleistungen, die sie finanzieren, missbraucht werden.“ Die Notstandshilfe dürfe nicht mehr aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt werden, denn dabei handle es sich um Versicherungsgelder und nicht um einen Sozialtopf. Das Arbeitslosengeld sei zu erhöhen und zu verlängern, aber die Erlaubnis, geringfügig dazuzuverdienen, sei zu verbieten. Sobotka: „Es ist zu einem Geschäftszweig geworden, Arbeitslose geringfügig zu beschäftigen und sie schwarz zu überzahlen. Die kriegen dann in Summe mehr als viele regulär Beschäftigte, ohne einen Euro an den Staat abzuliefern.“ Sobotka: „Ohne Reform von Arbeitslosenbezug, Mindestsicherung und Notstandshilfe macht die Abschaffung der kalten Progression keinen Sinn. Ich bin für ein Junktim.“

„Genau anschauen“ will sich der Chef des ÖAAB-Niederösterreich die Bildungsreform. Sobotka: „Es ist durchaus möglich, dass ich gegen die Bildungsreform stimme, wenn bestimmte Bedingungen für die schulische Arbeit nicht erfüllt sind.“ Als ein mögliches Beispiel für sein Veto im Ministerrat nennt Sobotka den „Nicht-Erhalt der Sonderschule“.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*