Sobotka legt im Streit mit der SPÖ nach

Sobotka beklagte am Montag, „ich werde permanent in Sicherheitsfragen blockiert“. Das Sicherheitspolizeigesetz liege seit 9. März beim Spiegelminister, „und es tut sich nichts“. Der Minister betonte, mit seinem SPÖ-Pendant Hans Peter Doskozil im Verteidigungsministerium keine Probleme zu haben. Dieser werde „ja immer instrumentalisiert“.

Im Prinzip geht es bei der Novelle um Neuerungen zur Videoüberwachung, zur Autokennzeichenerfassung sowie zum Community-Policing-Projekt „Gemeinsam Sicher“. Bei der Videoüberwachung soll die Herausgabe und die Verwendung von Daten, die Private gesammelt haben, auf freiwilliger Basis für alle sicherheitspolizeilichen Zwecke möglich werden. Für Verkehrsträger wie die ÖBB, die ASFINAG, Verkehrsverbände und -betriebe sowie Flughäfen soll die unverzügliche Herausgabe von Videomaterial für sicherheitspolizeiliche Zwecke verpflichtend werden.

Sobotka wünscht sich auch eine Änderung im Datenschutzgesetz: Demnach sollen die Sicherheitsbehörden in das Registrierungsverfahren eingebunden werden, das bisher die Datenschutzbehörde allein bestreitet. Einer der Hauptkritikpunkte der SPÖ umfasst „Gemeinsam Sicher“. In der Novelle geht es nun darum, die sogenannten Sicherheitsforen rechtlich zu verankern, damit bei diesen Treffen gewonnene Informationen von den Polizeibehörden auch verwendet werden dürfen. „Wer sich gegen ‚Gemeinsam Sicher‘ stellt, verhindert effiziente Aufklärung und Prävention“, richtete Sobotka dem Koalitionspartner aus. Zudem drohte er mit einem Veto gegen Bildungsreform und kalte Progression.

Der Innenminister erneuerte zudem seine Angriffe gegen Bundeskanzler Kern. Dieser befinde sich im „Permanenzwahlkampf“, es gebe keine Regierungslinie. Er selbst folge nun dem Beispiel der „jungen Ministerin“ Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), die gut erkannt habe, „wozu lange warten, wenn das schon so lange verhandelt ist“, und eine Vorlage ohne Abstimmung mit der ÖVP in Begutachtung geschickt habe (jene zu neuen Regeln zur Unterstützung von Kleinbetrieben im Krankheitsfall). Er interpretiere das Regierungsprogramm als Linie, so Sobotka.

Kern wollte in einem Interview mit dem Privatsender Puls 4 anlässlich des ersten Jahrestags der Übernahme des Kanzlerpostens Sobotkas Aussagen nicht näher kommentieren. Die Kritik sei vorgeschoben und „sachlich völlig an den Haaren herbeigezogen“. Letztlich sei „einfach unerheblich“, was der Innenminister sage. „Das ist ein Minister in meiner Regierung. Jeder muss für sich entscheiden, wie er sich benimmt.“ Zu dem von Sobotka angedrohten Veto bei den Themen Bildungsreform und Kalte Progression muss die ÖVP laut Kern „mit sich ausmachen, was man will“.

Allerdings sieht Kern in Teilen seines Koalitionspartners ständiges Quertreiben der Regierungsarbeit. Es gebe in der ÖVP Personen, „die nur ein sehr begrenztes Interesse an Erfolgen der Bundesregierung haben“, sagte er. Das Spiel der ÖVP sei dabei immer das gleiche. Gemeinsam würden in der Regierung Beschlüsse gefasst, von der Ganztagsschule über Wirtschaftsimpulse bis hin zu Beschäftigungsprogrammen. Am Tag darauf werde entweder eine „virtuelle Diskussion über Flüchtlingsobergrenzen“ geführt, eine Diskussion über Demonstrationsverbote vom Zaun gebrochen, oder „wir diskutieren nur noch eine Broschüre mit Hammer und Sichel“, so der Bundeskanzler.

Es gebe zwar einen „guten Arbeitsprozess“ mit Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. „Am Ende des Tages gibt es halt Leute, die immer ihre Beiträge leisten, damit das alles verschwindet hinter dem großen Streit.“

Mitterlehner forderte eine Rückkehr zur Sacharbeit. Es gehe darum, das „Vorwahlgetue“ zu beenden und zur Sacharbeit zurückzukehren, sagte er gegenüber dem ORF. Kursierende Gerüchte über einen Rücktritt dementierte er. „Das ist ein Gerücht und Gerüchte sind eben so, dass Fakten und Wahrheit was anderes sind“, so Mitterlehner.

Auch aus der restlichen SPÖ hagelte es indes Kritik an Sobotka: Ein Innenminister sollte Vorschläge vorlegen, über die Informierte diskutieren können, und die sie nicht „lediglich als Obskurität belächeln“, sagte Justizsprecher Hannes Jarolim. Daher werde die SPÖ dem Entwurf zum Sicherheitspolizeigesetz auch nicht zustimmen. Natürlich sei es Sobotka unbenommen, sich die ihm „offenbar zutiefst am Herzen liegende“ flächendeckende Überwachung aller Österreicher zu wünschen, um eine allfällige Terrorgefahr abzuwenden. Mittlerweile sei man ja schon gewöhnt, dass er „meist im Gegenteil der Ausübung der Grundrechte handelt“. Es sei aber „auffällig und schade“, dass Sobotka lieber mit unsachlichen und hohem Konfliktpotenzial ausgestatteten Vorschlägen öffentlich auffalle als mit tatsächlich zur Problemlösung taugenden Überlegungen, so Jarolim zur APA.

Für eine Regierung sei es ein kostbares Gut, ernst genommen zu werden – das sollte man nicht durch „Obskuritäten“ gefährden. Jarolim empfahl Sobotka, sich mit sachkundigen Beratern zu umgeben, um Vorschläge zu produzieren, die sich im – nationalen und internationalen – Rechtsrahmen bewegen.

Außerdem forderte der SPÖ-Justizsprecher den Innenminister auf, „endlich zwischen seinem Privatleben und den Anforderungen an ein Ministeramt zu unterscheiden“ – mit Blick darauf, dass Sobotka die Sinnhaftigkeit der Videoüberwachung damit argumentiert hatte, dass „vor meiner Haustüre – vor vielen Jahren – immer wieder menschlicher Kot lag“ und das „sofort vorbei“ gewesen sei, „als ich eine Kamera aufgestellt habe“.

Die FPÖ hat indes die Bundesregierung nach dem neuerlichen koalitionsinternen Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP aufgefordert, endlich den Weg für Neuwahlen freizumachen. „In dieser Koalition geht gar nichts mehr – ein Jahr Kern heißt ein Jahr Dauerstreit“, monierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. „Die Kalte Progression lässt die Löhne weiterhin sinken, die nächste Migrationswelle steht vor der Tür, die Kosten für das Sozialsystem explodieren dank Weiterführung der Willkommenspolitik. Österreich importiert weiterhin die Arbeitslosigkeit nicht nur aus den EU-Oststaaten, sondern auch aus Drittstaaten“, so Kickl. Keines dieser Probleme werde aber von der Regierung ernsthaft angegangen, stattdessen gebe es „Dauerwahlkampf“ und „Wadlzwickerei“.

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