Waffe gegen Dumping: Es geht um 200.000 Stahl-Jobs

Nach seinem überraschenden Rücktritt ist Reinhold Mitterlehner auch bei EU-Ministerräten nicht vertreten. Staatssekretär Harald Mahrer war wegen der ÖVP-Turbulenzen beim Rat der Handelsminister in Brüssel ebenso wenig zu sehen. So sprang am Donnerstag Österreichs Spitzendiplomat vor Ort, Botschafter Walter Grahammer, ein. Es ging darum, die Klingen zu schärfen, mit denen sich die EU gegen Dumpingprodukte wehrt. Seit Jahren produziert Chinas Rohstoffindustrie mit staatlicher Förderung große Überkapazitäten und flutet besonders auf dem Stahlsektor den Markt. Europäische Anbieter könne mit den verzerrten Preisen nicht mithalten. „Sollte die EU ihr Handelsregime lockern, wie die chinesische Regierung das will, stünden EU-weit mehr als 200.000 Arbeitsplätze der Stahlindustrie auf dem Spiel; 4.000 allein in Österreich“, warnt der EU-Abgeordnete Paul Rübig (ÖVP).

Japan-Deal fast fertig

Hoffnungen ruhen nun auf einer neuen Anti-Dumping-Berechnung. Sie soll die tatsächlichen Herstellungs- und Verkaufskosten chinesischer Produkte unverzerrt widerspiegeln. Damit könnte die EU-Kommission die Höhe des Dumpings ermitteln und dagegen vorgehen. Im Rat gab es breite Zustimmung; bei Grünem Licht aus dem EU-Parlament könnte die Methode ab Jahresende wirksam werden.

Noch schneller, nämlich vor dem G20-Gipfel im Juli, hofft die EU, das Handelsabkommen mit Japan durchgeboxt zu haben. Nach 18 Verhandlungen zwischen Brüssel und Tokio spießt es sich nur am Marktzugang: Vor allem der Milchsektor wird in Japan massiv beschützt – mit extrem hohen Importzöllen. Sobald Japans Regierung im Juni ihre Agrarreform durch das Parlament gebracht hat, soll das Handelsabkommen unterschriftsreif sein, hofft man in Brüssel.

Das sei auch ein politisches Signal – nämlich, dass die EU nach dem Scheitern der TTIP-Gespräche und dem Gezerre um CETA weiterhin handlungsfähig sei.

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