Finanzskandal-Prozess: Heinz Schaden ringt um Erklärung

Während am Vormittag Bürgermeister Heinz Schaden im Swap-Prozess am Landesgericht vom Richtersenat befragt wurde, war am Nachmittag der ehemalige Finanzreferent und LH-Stv. Othmar Raus an der Reihe. Um 14.27 Uhr startete die Befragung des Viertangeklagten Raus. Er sei „nicht schuldig“ und habe nie mit Bürgermeister Schaden vereinbart, dass das Land die Problemderivate der Stadt übernehme.

Zufällig Hofrat Paulus im Festspielbezirk gesichtet

Ja, so betonte Raus, am 6. August 2007 habe er seinen Parteifreund Heinz Schaden bei einer Veranstaltung im Festspielbezirk getroffen – „zufällig haben wir dort auch den Hofrat Paulus gesichtet“. Schaden habe ihn dort darauf angesprochen, „dass er Probleme mit seiner Finanzabteilung hat. Und er sprach auch ganz allgemein von Derivaten, von denen er sich trennen will“, so Raus.

Raus: „Ich war da nicht eingebunden“

Auf die Frage der Richterin, was denn damals genau besprochen wurde und ob man bezüglich dieser Derivate auch eine Vereinbarung getroffen habe, betonte der damalige Finanzlandesrat: „Besprochen wurde überhaupt nichts Konkretes. Es gab nur eine Übereinkunft, dass die beiden Fachabteilungen, also jene von Stadt und Land, über die Finanzprobleme reden sollen.“ Und ja, so Raus, Bürgermeister Schaden habe beim Gespräch auch den Wunsch geäußert, dass die zwei Abteilungen auch über eine eventuelle Übernahme der Derivate durch das Land reden sollten.

Raus beteuerte weiters, dass er nach „diesem Gespräch mit dem Bürgermeister „überhaupt nichts mehr mit dieser Sache zu tun“ gehabt habe: „Ich war da nicht eingebunden. Zu mir ist diesbezüglich nichts zurück gekommen über den Fortgang der Gespräche zwischen den Fachabteilungen.“

Warum er denn als politischer Finanzchef des Landes nicht gleich ein Gespräch mit Schaden über – ihn ja nicht betreffende – Finanzprobleme der Stadt abgelehnt habe, wollte die Vorsitzende Richterin wissen. Antwort: Das war und ist nicht mein Stil. Einen Bürgermeister der Stadt abzukanzeln, ist nicht ratsam. Ich war immer ein Mann des Konsenses. Und ich habe ganz allgemein immer wieder Gespräche eingeleitet, geschaut, dass die Leute miteinander reden.“

Initiative sei von Heinz Schaden ausgegangen

Die Initiative für die damalige Unterredung betreffend städtische Finanzprobleme sei von Heinz Schaden ausgegangen. „Danach habe ich irgendwann Hofrat Paulus, den Leiter unserer Finanzabteilung, gebeten, er solle doch schauen, dass es zu Gesprächen zwischen den beiden Finanzabteilungen kommt“. Eine Anweisung oder gar eine politische Weisung an Paulus, dass das Land diese Problem-Derivate der Stadt übernehmen soll, habe es laut Raus „definitiv nicht“ gegeben: „Nochmals klipp und klar: Es gab von mir keine Weisung. Weder schriftlich noch mündlich!“

Heinz Schaden plädiert auf „Nicht schuldig“

Bis 14 Uhr dauerte am Donnerstag die Befragung von Bürgermeister Heinz Schaden durch das Gericht. Richterin Anna-Sophia Geisselhofer nahm den Stadtchef dabei in die Mangel. Hartnäckig fragte die Richterin mehrmals nach, wie die Übertragung der Swap-Geschäfte im Jahr 2007 von der Stadt ans Land vonstatten ging und warum es für die Übernahme keine Gegenleistung gegeben habe. Nach der Richterin war schließlich die Staatsanwaltschaft am Zug. Vor der Mittagspause beantwortete Heinz Schaden noch vereinzelt Fragen von Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic, bat aber um Verständnis, dass die Sache zehn Jahre her sei und er sich nicht mehr an jedes Detail und jede Unterschrift erinnern könne. Adamovic wollte wissen, wie und wann der Bürgermeister vom Recht der Dringlichkeitsverfügung (Salzburger Stadtrecht) Gebrauch machte. Unmittelbar nach der Mittagspause sagte Schadens Anwalt Walter Müller, dass der Bürgermeister keine Fragen der Staatsanwaltschaft mehr beantworten werde. Schaden sei „erkennbar unkonzentriert“.

Bürgermeister Heinz Schaden bekannte sich bereits am Vormittag „nicht schuldig“. Der Bürgermeister betonte gegenüber der Richterin, was ihn finanzpolitisch geprägt habe. Bei seinem Einstieg in die Politik 1992 sei die Stadt am Rande des Bankrotts gestanden. „Das hat sich bei mir eingebrannt.“ Als er 1999 Bürgermeister geworden sei, wollte er stets ausgeglichene Haushalte produzieren. „Damit Sie wissen, was mein Grundverständnis ist: Mein Ziel war nie, Abenteuer für die Stadt einzugehen. Ich bin eher der Typ, der sein Geld zur Sparkassa trägt, als in Aktien investiert“, sagte Schaden zur Richterin.

Schaden: „Aus, Schluss, wir steigen aus!“

Aus seiner Sicht der Dinge habe 2002 bzw. 2004 der Rechnungshof empfohlen, Zinstauschgeschäfte zu machen. Eine Zeit lang sei das auch gut gegangen. „Wir haben 1,3 Millionen Euro an Zinsen gespart“. Jedes Geschäft sei dem Gemeinderat vorgelegt worden. „Bis Mai 2007 ist das gut gelaufen. Dann habe ich erste Infos bekommen, dass sich die Erfolgsaussichten verschlechtern könnten. Damit war klar, dass das DIskussionen geben wird. Und allein diese Tatsache hat ausgereicht bei verschiedenen Akteuren, dass eine öffentliche Erörterung dieser Derivate zu Aufregung führt“, sagt Schaden. Er habe einen Statusbericht über die Derivate in Auftrag gegeben und man habe erstmals über Klagen gegen Banken beraten. Und er, Schaden, habe gesagt: „Aus. Schluss. Wir steigen aus! Wir können das nicht!“.

Bürgermeister Heinz Schaden kam auch heute wieder mit dem Rad. Bild: SN/MARCO RIEBLER

Auf die Frage der Richterin, warum gerade jetzt der Ausstieg erfolgen sollte? „Das Modell der Swaps war mir nicht mehr wirklich geheuer.“ Aus der Finanzabteilung sei ihm dann bestätigt worden, dass das Land Interesse an einer Übernahme der Geschäfte habe. „Dass das Land Interesse hat, ein vergleichsweise kleines Portfolio zu übernehmen. Die Begründung war: Das passt bei uns gut rein.“ Das habe ihm nämlich der damalige Sachbearbeiter der Finanzabteilung so berichtet. Von einer Schadensentwicklung sei nicht die Rede gewesen. Nur, dass sich die Zinserträge nicht mehr so gut entwickeln würden. Wie groß das Ausmaß der möglichen Verluste gewesen sei, habe er erst durch das Gutachten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt dann erfahren.

Auf die Frage der Richterin, warum er direkt im Anschluss an eine Ressortbesprechung, wo es über den Statusbericht mit einem Minus von 4,5 Millionen Euro gegangen sein soll, einen Termin mit Dr. Othmar Raus einen Monat später eingetragen hat, sagte Schaden: „Es ging um eine Kletterhalle. Da hatten wir ein finanzielles Problem. Das war damals ein riesen Problem.“

Den Stadtsenat habe er damals nicht informiert, denn: „Wenn Sie das im Stadtsenat besprechen, ist es tot. Wenn Sie hier Themen ansprechen, die noch nicht spruchreif sind, dann sind sie zerredet. So schnell kannst gar nicht dauern.“ Und warum habe er die Übergabe an das Land nicht dem Stadtsenat berichtet? Es sei der Wunsch aller Beteiligten nach Diskretion gewesen, denn die Banken seien in Sachen Öffentlichkeit sensibel. „Außerdem musste ich dem Stadtsenat auch nicht berichten, weil kein Geld geflossen ist. Ich wollte aber Diskretion haben“, sagt Schaden.

Geld als Gegenleistung sei nicht geflossen. Es sei aber offen geblieben, ob es eine Gegenleistung geben soll. Die Richterin fragte daraufhin, warum ausgerechnet er so ein Glück habe, dass sowas offen bleiben könne. Schaden antwortete: „Das hat nichts mit Mauscheleien zu tun. Ich war 2007 seit acht Jahren Bürgermeister. Man kennt einander einfach, das ist wie eine langjährige Arbeistbeziehung. Man weiß, was der andere macht. Wir haben mit dem Land viel abgearbeitet, ein 100 Millionen Euro Kulturpaket etwa.“

Die Richterin hielt Schaden auch noch jenes Mail vom Oktober 2012 vor, unmittelbar vor Platzen des Finanzskandals im Land am 6. Dezember 2012. Da antwortete Schaden dem städtischen Finanzdirektor wörtlich: „Die Landeshauptfrau weiß Bescheid. David Brenner handelt irrational. Aber was soll’s, wir haben keine Derivate mehr. Thanks to Raus and Paulus“. Er wisse nicht, wann Gabi Burgstaller damals Bescheid gewusst habe. „Entschuldigen Sie die Flapsigkeit meiner E-Mail. Aber das soll heißen, die zwei Hauptverantwortlichen Raus und Paulus haben dem zugestimmt. Das war nur ein Dank auf Englisch. Das war aber kein Vorwurf. Ich werde mit Sicherheit die beiden nicht belasten.“

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