Ohnmächtige Helfer gegen böse Konzerne?

Dieses Image trifft nicht immer zu. Aktivisten haben sich einen Platz in Politik und Wirtschaft erkämpft – zum Ärger mancher Kritiker, die NGOs am liebsten verbieten würden.

Essay von Silvia Liebrich

Für die Aktivisten hätte es eigentlich kaum besser laufen können. Da gibt die deutsche Organisation Facing Finance einen Bericht heraus, in dem sie schwere Vorwürfe gegen das Schweizer Rohstoffunternehmen Glencore erhebt. Darin ist die Rede von Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsgefährdung, Korruption und Steuervermeidung. Starker Tobak also.

Glencore droht umgehend mit horrenden Schadenersatzforderungen, sollten die Vorwürfe nicht zurückgezogen werden. Die Aktivisten geben klein bei – vergessen aber nicht, dies öffentlich zu machen und die Medien einzuschalten. Schon ist die Welt um eine neue „David gegen Goliath“-Geschichte reicher.

Die da oben machen, was sie wollen? Dann tut was!

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Und wieder einmal wird ein altbekanntes Klischee bedient: das von den ohnmächtigen Helfern und den bösen Konzernen. Doch stimmt dieses Bild wirklich noch? – Wohl eher nicht. Denn die wenig bekannte Menschenrechtsorganisation hat so binnen weniger Tage einen Bekanntheitsgrad erreicht, der weit über die Landesgrenzen hinausreicht.

Ein Effekt, der mit klassischer Werbung so nie erreichbar wäre.

Darüber, ob die Aktivisten diesen Effekt geschickt einkalkuliert haben, lässt sich nur spekulieren. Wie auch darüber, warum der größte Rohstoffhändler der Welt mit gut 170 Milliarden Dollar Jahresumsatz sich mit dieser Drohung eine solche Blöße gibt. Schließlich stört sich der Konzern sonst auch nicht an seinem schlechten Ruf. Eines zeigt die Sache jedoch deutlich, dass sich selbst mit kleinen Aktionen große Aufmerksamkeit erzielen lässt, ohne eine teure Kampagne.

NGOs entstehen, wo die Politik Menschen bevormundet

Doch was macht eine NGO eigentlich genau aus? Die meisten Menschen haben nur eine ungefähre Vorstellung. Sie verstehen darunter Umwelt- und Tierschützer, Menschenrechtler oder Hilfsorganisationen, die den Hunger bekämpfen. Das Kürzel NGO ist die englische Abkürzung für non-governmental organization. Die deutsche Übersetzung Nichtregierungsorganisation klingt nicht weniger sperrig.

Die Weltbank legt den Begriff sehr weitläufig aus. Sie versteht darunter Organisationen, „die durch ihre Aktivitäten versuchen, Leid zu mindern, die Interessen der Armen in der Öffentlichkeit zu vertreten, die Umwelt zu schützen, grundlegende soziale Dienste zu leisten oder Aktionen für Entwicklungsvorhaben zu initiieren“. Die EU wählt dagegen den Non-Profit-Ansatz, der besagt, dass im Zentrum der Aktivitäten nicht wirtschaftliche Gewinnziele stehen dürfen.

Tatsächlich sind NGOs längst zu wichtigen Meinungsmachern und Interessenvertretern geworden, national und global. Sie nehmen Einfluss auf Wirtschaft und Politik. Und das ist gut so. NGOs übernehmen damit eine wichtige Aufgabe in einer offenen demokratischen Gesellschaft. Großen Erfolg haben sie vor allem dort, wo die Politik Lücken lässt. Die entstehen dann, wenn sich Menschen durch ihre gewählten Interessenvertreter nicht ernstgenommen oder gar bevormundet fühlen.

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