Putin: „Wir sehen die USA nicht als Feind“

© AP Wladimir Putin antwortet auf (ausgesuchte) Fragen der Zuschauer in der Fernsehsendung „Direkter Draht“.

Der russische Präsident Wladimir Putin hofft auf eine Verbesserung der gespannten Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. „Wir sehen die USA nicht als Feind“, sagte er am Donnerstag bei seiner traditionellen Bürgersprechstunde „Direkter Draht“ in Moskau. Ohne eine konstruktive Zusammenarbeit mit Washington sei etwa im Syrien-Konflikt keine Lösung zu finden. Russland und Amerika könnten auch im Bereich der Rüstungskontrolle kooperieren, sagte Putin. Zugleich kritisierte der Kremlchef in der mehrstündigen Fernsehshow eine zunehmende Russlandfeindlichkeit. Sie sei ein Resultat des innenpolitischen Kampfes in den Vereinigten Staaten.

Washington und Moskau sehen das bilaterale Verhältnis auf einem Tiefpunkt. Neben den Konflikten in der Ukraine und in Syrien belasten vor allem Vorwürfe der russischen Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf die Stimmung. Mit Spannung wird ein mögliches Treffen Putins mit Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg erwartet.

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Der amerikanische Senat hatte am Mittwoch den Weg für weitere Sanktionen gegen Russland geebnet. Die Kammer billigte nahezu einstimmig ein Gesetzesprojekt, das neue Strafen für die vermutete Einflussnahme auf die amerikanische Präsidentschaftswahl vorsieht. Zudem soll die Vorlage Präsident Donald Trump daran hindern, die Sanktionen gegen Russland einseitig zu lockern oder zu verschärfen. Putin sagte in der Bürgersprechstunde, er verstehe den Schritt des Senats nicht. Das Vorgehen habe „keinerlei Grundlage“. Er fügte hinzu: „Wenn es die Krim nicht gäbe, hätten sie sich etwas anderes ausgedacht, um ihre Strategie der Eindämmung Russlands zu rechtfertigen.“

Der amerikanische Senat hatte der Vorlage mit 97 zu zwei Stimmen zugestimmt. Darin heißt es, neue Sanktionen sollten gegen alle Russen verhängt werden, die im Auftrag der Regierung Cyberattacken begangen hätten. Dem Text zufolge müsste Trump den Kongress zudem um Zustimmung bitten, wenn er bereits verhängte Sanktionen gegen Russland ändern will. Die Novelle bedarf noch der endgültigen Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus.

© SHOWTIME Ausschnitt aus der Oilver Stone-Dokumentation über Wladimir Putin

Der Senat stimmte auch dafür, den Sanktionen gegen Russland volle Gesetzeskraft zu geben, die der frühere Präsident Barack Obama verhängt hatte. Obama hatte Ende Dezember als eine seiner letzten Amtshandlungen unter anderem die Ausweisung von 35 russischen Diplomaten verfügt. Er begründete dies mit den mutmaßlichen Cyberattacken im amerikanischen Wahlkampf zugunsten Trumps.

Die EU und die Vereinigten Staaten hatten das Land wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt mit Strafmaßnahmen belegt. Daraufhin verhängte auch Russland Importverbote für Milchprodukte, Obst und Gemüse aus der EU.

Der niedrige Gas- und Ölpreis habe mehr Auswirkungen auf die russische Wirtschaft als die Sanktionen, die seit 2014 wegen der Ukraine-Krise in Kraft sind, sagte Putin. Die niedrigen Preise für die wichtigsten Industrieerzeugnisse wie Metall- und Chemieprodukte hätten die russische Wirtschaft stärker geschwächt als die Sanktionen. „Haben die Sanktionen uns beeinflusst? Ja“, sagte Putin. „Aber auch dramatisch? Das glaube ich nicht.“

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Dem ehemaligen FBI-Chef James Comey bietet Putin derweil Asyl in Russland angeboten. Comeys Verhalten in der Russland-Affäre unterscheide sich nicht von dem des geflüchteten Whistleblowers Edward Snowden, sagte er in der Sendung. „In diesem Fall ist er nicht Chef des FBI, sondern er ist ein Verteidiger der Menschenrechte“, sagte er.

Comey musste vergangene Woche vor dem amerikanischen Senat aussagen. Geheimdienstberichten zufolge hat Moskau aktiv versucht, die Präsidentenwahl 2016 zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen. Comey wurde von Trump entlassen, nachdem er mögliche Kontakte zu russischen Regierungsstellen untersucht hatte.

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