Deutschlands Rechte gespalten – Petry verlässt AfD-Fraktion

(Von Apa/Ag..)

Parteichefin Frauke Petry hat am Montag angekündigt, der Bundestagsfraktion der Partei nicht angehören zu wollen. Dann verließ sie die gemeinsame Pressekonferenz mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander Gauland.

„Ich habe entschieden, dass ich der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag nicht angehören werde, sondern vorerst als Einzelabgeordnete in diesem Bundestag sitzen werde“, sagte Petry. „Seien Sie aber versichert, dass ich weiterhin aktiv Politik machen werde, und dass mein politisches Ziel, mein Anspruch ist, dass wir eine konservative Wende 2021 in diesem Land im Bundestag hinbekommen. Dafür werde ich alles tun, damit das, was an vernünftigen AfD-Ideen seit 2013 erarbeitet wurde, auch tatsächlich politische Realität wird“, sagte Petry, die sich für einen gemäßigten Kurs der rechtspopulistischen Partei einsetzt.

Petry antwortete nicht auf die Frage, ob sie AfD-Chefin bleiben werde. Sie bat um Verständnis, dass sie sich zunächst nicht weiter erklären werde. Die Öffentlichkeit werde aber in den kommenden Tagen von ihr hören.

Der Streit in der AfD

Ihre Entscheidung hatte Petry offensichtlich nicht abgesprochen. AfD-Vizechef Jörg Meuthen reagierte verdutzt über die „gerade geplatzte Bombe, von der ich auch keine Kenntnis hatte“. Er attackierte Petry heftig. Dass sie sich zuletzt in öffentlichen Äußerungen wiederholt von den beiden Spitzenkandidaten distanziert habe, sei „wenig hilfreich“ gewesen und „nicht hinnehmbar“, sagte er.

Die AfD hatte am Sonntag 12,6 Prozent der Stimmen erhalten und stellt 94 Abgeordnete. Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament. Petry konnte in ihrem sächsischen Wahlkreis ein Direktmandat erringen. Sie ist auch sächsische Landesvorsitzende. Meuthen ist Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg. Er hatte nicht für den Bundestag kandidiert. Petry hatte auf eine Spitzenkandidatur verzichtet.

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel forderte Petry auf, die AfD zu verlassen. „Nach dem jüngsten Eklat von Frauke Petry, der an Verantwortungslosigkeit kaum zu überbieten war, fordere ich sie hiermit auf, ihren Sprecherposten niederzulegen und die Partei zu verlassen, um nicht weiteren Schaden zu verursachen“, sagte Weidel am Montag in Berlin.

AfD-Spitzenkandidat Gauland wies jegliche Schuld für die Abkehr von Petry von der AfD-Fraktion im Bundestag zurück. Er glaube nicht, dass seine Äußerungen zur deutschen Vergangenheit und der Integrationsbeauftragten Aydan Özuguz dafür verantwortlich seien, sagte Gauland am Montag in einer Pressekonferenz in Berlin. Gauland erklärte weiters, er glaube nicht, dass weitere Abgeordnete Petry folgen würden. Aber das werde man sehen.

Gauland verteidigte unterdessen frühere kritische Aussagen. „Ich habe ihr empfohlen, eine Zeit lang in einem Land zu sein, in dem sie vielleicht von der Kultur mehr versteht“, sagte er im Hinblick auf Özuguz. Gauland steht auch wegen seiner Rede beim Kyffhäuser-Treffen in der Kritik, in der er einen Schlussstrich unter die Nazi-Zeit forderte. Die Deutschen hätten das Recht, „stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“, erklärte er dort. Er habe damit nur Äußerungen des früheren französischen Präsidenten Francois Mitterand wiederholt, sagte er am Montag.

Die deutsche Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht gibt den bisherigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD einen wesentlichen Teil der Schuld am Erstarken der AfD. „Die Mütter und Väter der AfD, das sind diejenigen Parteien, die in den letzten Jahren zu wachsender sozialer Ungerechtigkeit beigetragen haben“, sagte sie am Montag in Berlin. „Wenn man möchte, dass dieser Partei der Boden wieder entzogen wird, dann muss es in diesem Land eine sozialere Politik geben.“

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht die AfD in einer ähnlichen Situation wie die Vorgängerpartei der Freiheitlichen, den VdU, im Jahr 1949. „Die Alternative für Deutschland ist ja eine Partei, die sich in den Geburtswehen befindet“, sagte er am Montag in einer Pressekonferenz in Wien. „Das heißt, sie hat noch viel an Entwicklung vor sich, auch noch viel an interner Bereinigung und Geschlossenheit vor sich“, so Strache wörtlich weiter: „Also ich sage, da müssten Sie jetzt in das Jahr 1949 bei der FPÖ oder beim VdU zurückgehen. Also die Geschichtebeurteilung, die sollten Sie selbst nachlesen.“

Zur Einordnung: Der VdU („Verband der Unabhängigen“) war in Österreich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Als wirtschaftsliberale Partei des sogenannten Dritten Lagers sprach sie vor allem ehemalige Nazis an, grenzte sich formal aber vom Nationalsozialismus ab. Sie schaffte 1949 auf Anhieb 11,7 Prozent, als erstmals die mittlerweile Entnazifizierten wieder an die Urnen durften. 1955 ging aus ihr die FPÖ hervor.

Zu den aktuellen Parallelen seiner Partei zur AfD sagte Strache, dass man in den Problemanalysen durchaus übereinstimme, aber nicht in den Lösungen. Die Partei habe bei der Bundestagswahl einen großen Erfolg gefeiert, weil die Menschen mit den Entwicklungen unter der schwarz-roten Bundesregierung in Deutschland nicht einverstanden gewesen seien, meinte der FPÖ-Chef vor allem in Hinblick auf die Flüchtlingspolitik.

(Bild: Ein gemeinsames Auseinander: Frauke Petry, Bundesvorsitzende der Partei Alternative für Deutschland (AfD), und Alexander Gauland am Montag bei der Bundespressekonferenz in Berlin. Bild: SN/APA/dpa/Michael Kappeler)

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