Landshut: Falsche Prinzessinnen

Für die Landshuter Frühjahrsdult soll bei Facebook die Schönste gefunden werden. Dann verdreifachen sich die Likes zweier Kandidatinnen rasant – und es gibt einen unerhörten Verdacht: Wahlbetrug.

Von Andreas Glas, Landshut

Der inzwischen etwas angestaubten Misswahl haftet ja schon immer eine gewisse Brutalität an. Die Kandidatinnen ziehen sich an den Haaren, kratzen und beißen sich gegenseitig. So geht jedenfalls das Klischee vom Zickenkrieg, das sich hin und wieder der Wirklichkeit annähert. Zum Beispiel bei der Wahl zur Miss Puerto Rico im November 2007. Damals besprühte eine Kandidatin das Kleid einer Konkurrentin mit Pfefferspray und bescherte ihr einen ziemlich fiesen Hautausschlag. Oder im Februar 2015, bei der Miss-Amazonas-Wahl im brasilianischen Manaus. Da riss die Zweitplatzierte der Gewinnerin auf der Bühne die Krone vom Kopf und rief ins Publikum: „Sie verdient den Sieg nicht!“ Die Zweitplatzierte witterte Wahlbetrug.

Nach Puerto Rico und Brasilien setzt sich die Serie der Niederträchtigkeiten in Niederbayern fort, genauer: in Landshut. Auch hier geht es um den Verdacht des Wahlbetrugs. Zwar findet in Landshut keine Misswahl statt, sondern die Wahl zur Dultprinzessin 2019. Das Prozedere ist aber ähnlich, und eine Krone gibt es ja auch. Um diese Krone haben sich 20 Kandidatinnen bei Patrick Schmidt beworben, der auf der Landshuter Frühjahrsdult ein Bierzelt betreibt. Er habe „das Ganze attraktiver machen“ wollen, sagt Festwirt Schmidt, deswegen die Prinzessinnenwahl.

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Die Wahl fand auf Facebook statt und lief reibungslos, zumindest in den ersten Wochen. Das Wahlsystem hielt Schmidt für bombensicher: Jeder Facebook-Nutzer hatte eine Stimme für seine Favoritin, einen „Like“. Doppelt abzustimmen, war technisch eigentlich nicht möglich. Aber dann, in der vergangenen Woche, passierten seltsame Dinge. Binnen 30 Minuten verdoppelten sich die Stimmen einer Kandidatin, von 600 auf 1200. Tags darauf schnellte die Zahl innerhalb von zehn Minuten auf 4500. Auch bei einer anderen Kandidatin verdreifachten sich die „Likes“ geradezu rasant.

Weil ihm das komisch vorkam, schaute sich Patrick Schmidt die Facebook-Profile derer mal genauer an, die da so zahlreich und schnell abgestimmt hatten. „Das waren indische und russische Accounts, keine Freunde, kein Profil, nix“, sagt Schmidt. „Da haben wir gewusst: Da ist betrogen worden.“

Betrug? Die zwei Kandidatinnen streiten das vehement ab. Es könne ja wirklich sein, „dass sich andere verpflichtet gefühlt haben, ihnen etwas Gutes zu tun“, sagt der Festwirt. Beweisen könne er nichts, unterstellen wolle er nichts, „aber wir wollten das auch nicht so stehen lassen. Hernach fängt jede Kandidatin an, Stimmen zu kaufen.“ Also ist Schmidt mit der Abstimmung von Facebook auf seine Festzelt-Homepage umgezogen und hat die Stimmen „noch mal auf null“ gestellt. Diesmal, glaubt Schmidt, ist das Online-Voting betrugssicher. „Zumindest verdoppelt und verdreifacht sich jetzt nichts mehr“, sagt er.

Die Abstimmung läuft noch bis Mittwoch, 17. April. Die Siegerin bekommt jeden Tag einen reservierten Tisch im Zelt, plus Biermarken, Brotzeit – und natürlich eine Krone. Eine „schöne Sache“, sagt der Festwirt über seine Prinzessinenwahl. Aber die Freude daran, sagt Schmidt, die habe der Betrug schon ein bisschen „kaputtgemacht“.

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