„Ich rufe Bolsonaro an“, sagt Merkel. Dann bricht das Video ab

Bei einem Zusammentreffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, EU-Ratschef Donald Tusk und dem britischen Premierminister Boris Johnson hat Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt, mit dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro persönlich über die Krise im Amazonasgebiet zu beraten.

In einem – nur scheinbar – unbeobachteten Moment während des G-7-Gipfels in Biarritz sagte Merkel zu ihren Gesprächspartnern: „Ich habe angekündigt, dass ich ihn nächste Woche anrufen werde, sodass er nicht den Eindruck bekommt, dass wir gegen ihn arbeiten.“ Die Nachrichtenagentur Bloomberg veröffentlichte einen kurzen Videomitschnitt des Gesprächs, dessen Inhalt wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war.

Die Aufnahme zeigt, wie Johnson Merkel zur Seite springt: „Ja, ich glaube, das ist wichtig.“ Auch Macron, der sich zunächst vergewissern muss, um wen es geht, signalisiert seine Unterstützung, worauf die Bundeskanzlerin erneut beteuert: „Ich werde ihn anrufen.“ Dann verdeckt eine Person die Linse der Kamera, das Video bricht ab.

Die Szene zeigt, wie heikel die Frage nach dem richtigen Umgang mit Bolsonaro ist. Vor dem Gipfel war es wegen der Amazonas-Feuer zu einem diplomatischen Eklat zwischen Gipfelgastgeber Frankreich und Brasilien gekommen: Bolsonaro hatte Macron eine „kolonialistische Mentalität“ vorgeworfen, weil dieser das Thema bei dem Treffen besprechen will, ohne dass Brasilien mit am Tisch sitzt. Macron reagierte mit dem Vorwurf, Bolsonaro habe ihn über seine klimapolitischen Vorstellungen angelogen.

Merkel und Macron: „Unser Haus brennt“

Merkel erhofft sich vom G-7-Gipfel in Biarritz ein klares Signal zum Kampf gegen die Waldbrände im Amazonasgebiet. Bei dem Treffen der sieben größten westlichen Industrienationen werde es darum gehen zu klären, wie „wir da unterstützen und helfen können“, sagte Merkel am Samstag. Macron habe recht, wenn er sagt: „Unser Haus brennt.“

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G-7 in Biarritz

In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. In diesem Jahr nahmen die Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas Medienberichten zufolge um 83 Prozent zu. Insgesamt sollen mehr als 70.000 Brände registriert worden sein. Brasiliens Präsident Bolsonaro wertet Macrons Initiative als Einmischung in innere Angelegenheiten. „Die brasilianische Regierung ist weiterhin offen für einen Dialog, der auf objektiven Daten und gegenseitigem Respekt beruht“, schrieb er auf Twitter.

Tusk befürchtet für den Fall von weiteren schweren Bränden im Amazonas-Regenwald ein Scheitern des Freihandelsabkommens mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur. Wenn die brasilianische Regierung die Zerstörung der grünen Lunge des Planeten zulasse, sei es schwer vorstellbar, dass der für das Abkommen notwendige Ratifizierungsprozess harmonisch verlaufe, sagte Tusk. Er spielte damit darauf an, dass Frankreich und Irland bereits ein Veto gegen den Deal zum Aufbau der weltweit größten Freihandelszone angedroht haben. Bislang gibt es lediglich eine informelle Grundsatzeinigung über den Abschluss des Abkommens.

Der Brite Johnson allerdings sprach sich dagegen aus, das Mercosur-Abkommen vom Streit über die Waldbrände abhängig zu machen. „Es gibt alle möglichen Leute, die jeden möglichen Anlass nutzen, um (…) gegen Handelsabkommen vorzugehen“, sagte er. „Ich möchte das nicht sehen.“

Auch Spanien ist gegen eine Blockade des EU-Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock. „Das EU-Mercosur-Abkommen wird riesige Möglichkeiten für beide Seiten bringen“, erklärte die Regierung am Samstagabend in Madrid. Deshalb lehne Spanien eine Blockade der Ratifizierung entschieden ab.

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Amazonas-Regenwald

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