Thomas Müller beim FC Bayern: Ein Satz zu viel

Die große weite Welt wird ja immer kleiner, alles hängt mit allem zusammen und was in, sagen wir, Chicago passiert kann auch Auswirkungen auf Untergiesing-Harlaching haben. 1972 beschrieb der Meteorologe Edward N. Lorenz zum ersten Mal den Effekt, der nachträglich Schmetterlingseffekt genannt wurde, weil Lorenz zur Veranschaulichung seiner Gedanken erklärte, dass theoretisch ein Schmetterling in Brasilien mit den Flügeln schlägt und dann in Texas ein Tornado entsteht. Der Effekt stand von da an in den Lehrbüchern als Phänomen der nichtlinearen Dynamik in komplexen Systemen. Und damit zu Thomas Müller, ebenfalls ein großes Phänomen nichtlinearer Dynamik, und dem FC Bayern, ein unleugbar komplexes System.

Um Müller hat sich noch kein ausgewachsener Tornado gebildet, aber die Luft fängt schon an, sich bedrohlich zu drehen. Die Sport Bild titelte jedenfalls, Müller wolle weg und da stutzt der rot-weiße Teil Bayerns. Müller? Weg? Wohnt der nicht hier? Doch, tut er, schon immer, das ist es ja. Aufgewachsen am Ammersee, lebt mit Frau, zwei Hunden (Murmel und Micky) und Pferdehof im Münchner Umland. Müller in einem anderen Trikot als dem des FC Bayern, das erscheint immer noch so wahrscheinlich wie eine gesammelte Ankündigung der Wiesnwirte, das Oktoberfest die nächsten zwei Jahre auf dem Tempelhofer Feld in Berlin auszurichten.

Müller ist sauer, so viel ist sicher

Müller ist aktuell der letzte Bajuware beim FC Bayern, was gerade in diesen Tagen besonders auffällt, weil der Bajuware Bastian Schweinsteiger in Chicago seine Karriere beendete. Der FC Bayern veröffentlichte anlässlich dessen ein Bild von Schweinsteiger und schrieb dazu: „Für immer einer von uns.“ Und während man dem einen Vereinsheiligen huldigt, soll der andere im Winter flüchten?

Müller ist jedenfalls sauer, so viel ist sicher. Trainer Niko Kovac setzte ihn auf die Bank, fünf Mal hintereinander. Jüngst gegen Hoffenheim sogar ohne schlüssige Begründung, weil er entgegen der üblichen Logik trotz harter Champions-League-Reise nicht rotierte und stattdessen mit einer müden Stammelf verlor. Selbst das wäre noch zu ertragen gewesen, aber dass er Müller vor dem Spiel öffentlich als Notnagel bezeichnete – das war dann ein Satz zu viel. Auch wenn er erfolglos versuchte, die Formulierung später wieder einzufangen.

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Kovac hat sich jedenfalls ohne Not ein handfestes Problem ins Haus geholt. Wo Jupp Heynckes das herausragende Talent besaß, den Luxuskader so zu moderieren, dass jeder das Gefühl hatte, immer wichtig zu sein, da kommen die Erschütterungen bei Kovac mittlerweile in schöner Regelmäßigkeit. Ist die Aufgabe einfach? Nein, überhaupt nicht. Philippe Coutinho spielt auf der gleichen Position wie Müller und wirklich schlecht spielt der Brasilianer nicht, um es mal vorsichtig auszudrücken. Weiß das Thomas Müller? Ja, dafür ist er lange genug dabei. Aber es ist eben ein Unterschied, ob man auf der Bank sitzt oder ob man auf der Bank sitzt und vom Trainer auch noch öffentlich angezählt wird. Zumal Müller wirklich nicht grottig spielt, wenn er spielt und Kovac spätestens gemerkt haben müsste, welche Rolle der 30-Jährige im Bayern-Kosmos innehat, als der Klub im vergangenen November in einer offizielle Mitteilung verkündete, dass Müllers Frau Lisa sich für einen Instagram-Post beim Trainer entschuldigt habe.

Kovac hat aktuell zwei große Unterstützer beim FC Bayern: Die Fans, die ihn mehrfach feierten und den Eindruck haben, dass da jemand trotz großer Widerstände versucht, seinen Weg zu gehen. Und Uli Hoeneß, immer noch Präsident und auch nach seinem Abschied im November sicherlich schwergewichtige Stimme beim FC Bayern. Beide Parteien, Fans und Hoeneß, haben aber ebenso große Sympathien für Thomas Müller. Wenn nun wirklich die Situation eintreten sollte, dass sich beide Parteien für eine Seite entscheiden müssten – dann ist immer noch offen, wie es ausgeht. Aber ob Niko Kovac wirklich genug Kredit hat, um den Abgang des letzten Bajuwaren zu verantworten, das ist ebenso offen.

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