USA wollen „Invasion der Türkei in Syrien nicht länger tolerieren“

US-Präsident Donald Trump hat nach dem türkischen Einmarsch im Norden Syriens Sanktionen gegen die Türkei angekündigt. In einer Mitteilung Trumps hieß es am Montag, unter anderem würden wegen der „destabilisierenden Handlungen der Türkei in Nordost-Syrien“ die Strafzölle auf Stahlimporte aus der Türkei wieder auf 50 Prozent angehoben.

Präsident Trump hat zudem mit türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan telefoniert und ein „sofortiges“ Ende der Militäroffensive gefordert. Das sagte Vizepräsident Mike Pence am Montag. Pence wird in den Nahen Osten reisen, um zwischen der Türkei und den kurdischen Kämpfern in Nordsyrien zu vermitteln. Die USA würden „die Invasion der Türkei in Syrien schlicht nicht länger tolerieren“, so Pence.

Mike Pence, Steve Mnuchin

Vizepräsident Mike Pence (r.) und Finanzminister Steven Mnuchin verkünden vor dem Weißen Haus die Sanktionen gegen drei türkische Minister und zwei Ministerien
Quelle: AP/Jacquelyn Martin

Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit einem Volumen von 100 Milliarden US-Dollar sollen umgehend abgebrochen werden, heißt es in der Mitteilung, die Trump unter anderem bei Twitter verbreitete. Die Türkei gefährde Zivilisten und bedrohe den Frieden.

Erdogan habe mit seiner Offensive Bedingungen geschaffen, die in Kriegsverbrechen resultieren könnten. Trump schrieb: „Ich bin vollends darauf vorbereitet, die türkische Wirtschaft zu zerstören, wenn die türkische Führung ihren gefährlichen und destruktiven Kurs beibehält.“

Das US-Finanzministerium setzte am Montag Verteidigungsminister Hulusi Akar, Innenminister Süleyman Soylu und Energieminister Fatih Dönmez auf eine schwarze Liste. Damit wird mögliches US-Vermögen der Minister eingefroren, außerdem werden Transaktionen mit ihnen untersagt. Zudem seien das Verteidigungsministerium und das Energieministerium mit Sanktionen belegt worden.

US-Verteidigungsminister Mark Esper kündigte zudem an, bei einem Treffen in Brüssel in der kommenden Woche auf gemeinsame Maßnahmen der Nato-Staaten zu drängen, um diplomatisch und wirtschaftlich auf die „ungeheuren türkischen Aktionen“ zu reagieren.

Syrische Regierungstruppen an türkischer Grenze

Syrische Regierungstruppen werden in den Norden zu den kurdischen Hochburgen verlegt
Quelle: dpa/-

Nach dem angekündigten Abzug der US-Soldaten aus Nordsyrien waren türkische Truppen und verbündete teils islamistische Rebellengruppen in die zuvor durch die Demokratische Kräfte Syriens (SDF) kontrollierten Gebiete im Nordosten des Landes vorgerückt. International und in den USA gab es scharfe Kritik am US-Rückzug.

Mittlerweile haben sich syrische Regierungstruppen auf Bitten der kurdischen Autonomieverwaltung in Richtung der türkischen Grenze begeben. Die Einheiten von Machthaber Baschar al-Assad drangen syrischen Staatsmedien zufolge bis in die strategisch wichtige Stadt Manbidsch 30 Kilometer vor der Grenze vor.

Mit der Türkei verbündete syrische Freischärler greifen derweil nach eigenen Angaben die Stadt an. Ein Sprecher der syrisch-arabischen Truppe, Mustafa Seidschari, twitterte am Montag: „Die Schlacht um Manbidsch hat begonnen.“  Es droht eine Konfonration zwischen der Türkei und Truppen Assads, die bislang von Russland unterstützt werden.

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Türkei-Offensive

US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte bereits am Freitag angekündigt, die USA bereiteten harte Sanktionen gegen die Türkei vor. „Der Präsident hat mich ermächtigt, die gesamte türkische Wirtschaft wirksam stillzulegen, und wir können das von einem Moment auf den anderen auf seinen Befehl hin tun“, sagte Mnuchin am Sonntag noch dem TV-Sender ABC.

Die türkische Regierung hatte sich von Sanktionsandrohungen unbeeindruckt gezeigt. Wer glaube, die Türkei werde wegen Wirtschaftssanktionen oder Waffenembargos von ihrem Weg abweichen, irre sich, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag. Die Türkei sei ein Nato-Partner und die Kurdenmiliz YPG eine „Terrororganisation“.

Türkische Soldaten im Norden von Manbidsch zeigen den rechtsextremen Wolfsgruß

Türkische Soldaten im Norden von Manbidsch zeigen den rechtsextremen Wolfsgruß
Quelle: AFP/AAREF WATAD

Die YPG-Miliz kontrolliert auf syrischer Seite der Grenze zur Türkei ein großes Gebiet und führt die SDF an, die im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein wichtiger Verbündeter der USA waren. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

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Nordsyrien

Mit dem Abzug der USA wächst auch die Sorge um die bislang im Norden Syriens gefangen gehaltenen IS-Anhänger. Bereits jetzt gelang offenbar hunderten IS-Gefangenen die Flucht. Am Sonntag erreichten heftige Kämpfe ein mit rund 12.000 Menschen besetztes Camp für Vertriebene in Ein Eissa, rund 35 Kilometer südlich der Grenze zur Türkei. 785 IS-Anhänger hätten Wächter attackiert, die Tore gestürmt und seien geflohen, teilte die kurdische Regionalregierung mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht bestätigen.

Die Türkei und Trump warfen kurdischen Truppen vor Ort vor, die IS-Kämpfer freigelassen zu haben. Ein Video, das in türkischen Medien gezeigt wird, soll dies beweisen. Für die Echtheit gib es allerings keine Beweise – nicht einmal dafür, dass es tatsächlich in einem IS-Gefängnis gedreht wurde. Mehrere US-Regierungsbeamte erklärten zudem, es gebe keine Anhaltspunkte, dass IS-Gefangene von kurdischen Soldaten freigelassen worden seien.

Die Europäische Union verurteilte die türkische Offensive am Montag einstimmig und rief alle Mitgliedsstaaten auf, Waffenverkäufe an Ankara einzustellen. Mit dem Schritt am Montag distanzierten sich alle EU-Außenminister von dem Nato-Partner Türkei. Das türkische Außenministerium erklärte, Ankara lehne diesen Aufruf ab und verurteile ihn. Die EU nehme damit eine „schützende Haltung“ für „terroristische Elemente“ ein.

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