Weiter politisches Patt in Spanien

Sanchez’ sozialistische PSOE blieb auf Platz eins. Sie kommt auf 120 Sitze im Parlament. Die im Vorfeld der Wahl angestrebte absolute Mehrheit wurde von der PSOE aber deutlich verfehlt. Die PP, die bei der Parlamentswahl im April das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren hatte, legte zu und landete wie damals auf Platz zwei.

Großer Gewinner der Wahl ist die ultrarechte Vox, die ihre Parlamentssitze von 24 auf 52 mehr als verdoppelte. Die rechtsliberale Partei Ciudadanos stürzte hingegen von 57 auf zehn Mandate ab. Die linke Unidas Podemos erhielt 35 Mandate (42), die von UP-Dissidenten gegründete Mas Pais auf Anhieb drei Mandate. Drei separatistische katalanische Parteien kamen auf 23 Mandate, zwei baskische Nationalistenparteien auf zwölf Mandate. Die restlichen Sitze entfielen auf kleinere Regionalparteien.

Pedro Sanchez

APA/AFP/Oscar Del Pozo
Die Wahl konnte Sanchez gewinnen – die Regierungsbildung aber wird schwierig

Keine große Koalition

Eine große Koalition der beiden Traditionsparteien PSOE und PP wäre theoretisch die einzige Möglichkeit, eine Regierung mit absoluter Mehrheit von mindestens 176 Sitzen zu bilden. Dies hatten die Parteispitzen von Sozialisten und Konservativen aber vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen.

Spanien vor schwieriger Regierungsbildung

ORF-Korrespondent Josef Manola über die geringen Chancen der Sozialisten, eine Regierung zu bilden. Die Ausgangslage von Premier Sanchez sei schlechter als nach der Wahl im April.

Die realistischste Variante ist nun eine Minderheitsregierung der Sozialisten, die von der konservativen PP geduldet wird. Sanchez hatte bereits am Freitag gesagt, er werde der PP, Podemos und den Ciudadanos „innerhalb von 48 Stunden“ nach der Wahl einen Vorschlag zur „Beendigung der Blockade“ vorlegen.

Santiago Abascal (Vox Party)

AP/Andrea Comas
Die ultrarechte Vox von Parteichef Abascal konnte bei der Wahl deutlich an Stimmen zulegen

Mit Vox will der Sozialist nicht sprechen. Es handele sich um eine „ultrarechte Partei“, die „Homosexuelle als Kranke“ bezeichne und Medien schließen wolle. „Die Geschichte Europas hat einen Namen für solche Bewegungen“, betonte Sanchez, der die Vox-Leute um Parteichef Santiago Abascal in die Nähe der Franco-Diktatur rückt.

Katalonien-Konflikt Thema im Wahlkampf

Geprägt war der Wahlkampf nicht zuletzt von der Auseinandersetzung um Katalonien. Der Streit war eskaliert, nachdem der Oberste Gerichtshof in Madrid am 14. Oktober Haftstrafen von bis zu 13 Jahren gegen führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung verhängt hatte. Seither gab es in der Region nicht nur wiederholt Massenproteste, sondern zunehmend auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Sanchez hatte bei einer TV-Debatte mit den anderen Spitzenkandidaten in Aussicht gestellt, Referenden über die Unabhängigkeit von Spanien „ein für allemal zu verbieten“. Vox-Chef Abascal ging das nicht weit genug. Er forderte, den katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra „in Handschellen“ abzuführen und vor Gericht zu stellen.

Demonstration der Separatisten in Spanien

Reuters/Enrique Calvo
In Katalonien spitzte sich der Unabhängigkeitskonflikt in den vergangenen Monaten gefährlich zu

Medien hatten die verfahrene Situation bereits vor der Abstimmung kommen sehen. „Verdruss“ („El Mundo“) „Ungewissheit“ („El Pais“) und „Politischer Stau“ („Heraldo“) war auf den Titelseiten großer Tageszeitungen zu lesen. Der Sender RTVE sprach von einem „Szenario völliger Unsicherheit“. Die Politikverdrossenheit spiegelt sich auch in der gesunkenen Wahlbeteiligung wider, die 69,64 Prozent betrug. Bei der Wahl im April hatten noch 71,76 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt.

Vierte Wahl in vier Jahren

Es war bereits die vierte Parlamentswahl seit Ende 2015. Eine politische Blockade hatte Spanien bereits 2016 erlebt, als das Land trotz zweier Wahlgänge innerhalb von sechs Monaten wegen der starken Stimmenzersplitterung fast ein Jahr ohne reguläre Regierung blieb. Sanchez war im Juni 2018 infolge eines Misstrauensvotums gegen den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy ins Amt gekommen, als Chef der damals mit Abstand zweitstärksten Partei.

Pablo Casado (PP)

AP/Manu Fernandez
PP-Chef Casado: Die Sozialisten brauchen für die Regierungsbildung zumindest die die Duldung der Konservativen

Rajoy war ein Korruptionsskandal innerhalb der Volkspartei zum Verhängnis geworden. Bei der Wahl im April kam es zu einer Umkehr der Machtverhältnisse, die Sozialisten wurden erstmals seit einem Jahrzehnt wieder stärkste Kraft in Spanien, verfehlten aber eine absolute Mehrheit deutlich. Sanchez scheiterte daraufhin zwei Mal beim Versuch, sich vom Parlament zum Regierungschef wählen zu lassen und setzte in der Hoffnung auf einen Ausbau seiner Mehrheit vorgezogene Neuwahlen an.

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