Neue Unwetter angekündigt

Für den Vormittag sagte die Gemeinde einen Wasserhöchststand von etwa 120 Zentimetern über dem normalen Meeresspiegel vorher. Bei dieser Höhe wird auch wieder der Markusplatz überschwemmt, weil er der niedrigste Punkt der Lagunenstadt ist. Sonntagfrüh sollen Prognosen zufolge 160 Zentimeter erreicht werden. Der Wert liegt allerdings weit unter dem Rekordstand vom Dienstag, an dem 187 Zentimeter erreicht wurden und fast die ganze UNESCO-Welterbestadt überschwemmt war. Es war der höchste Wert seit mehr als 50 Jahren.

Am Freitag überflutete Wasser erneut große Teile der Stadt. Tote Ratten schwammen im Wasser, Bewohner versuchten ihre Geschäfte und Bars zu reinigen – der Schaden geht laut Bürgermeister Luigi Brugnaro in die Hunderte Millionen. Er rief auch zu Spenden aus dem Ausland auf. „Venedig ist der Stolz ganz Italiens, Venedig ist ein Kulturerbe für jeden, einzigartig in der Welt“, erklärte er.

Der überfluetete Markusplatz bei Nacht

APA/AFP/Filippo Monteforte
Der Dogenpalast auf dem zeitweise gesperrten Markusplatz soll wieder öffnen

Vergleich mit Notre-Dame-Brand

Der Kulturbeauftragte des Vatikans, Kardinal Gianfranco Ravasi, verglich die Zerstörung in Venedig mit dem Brand von Notre-Dame in Paris. Es habe damals nicht nur eine „technische Diskussion“ gegeben, sagte er laut Nachrichtenagentur ANSA. „Es gab Leute, die weinten, weil sie ein großes Symbol sterben sahen. Ich würde sagen, diese kulturelle Sensibilität müssten wir wiederholen.“

Bericht: 60 Kirchen überschwemmt

Die Stadt begann indes mit der Erhebung der Schäden. Von 120 Kirchen wurde die Hälfte überschwemmt, beklagte die venezianische Tageszeitung „Il Gazzettino“. Fünf Vaporetti, die Wasserbusse Venedigs, und sechs Landungsbrücken wurden schwer beschädigt.

Auch die Touristikbranche beklagt schwere Verluste. Besitzer von Ferienwohnungen meldeten, dass 35 Prozent der für die nächsten Monate gebuchten Aufenthalte storniert wurden. In Hotels betrugen die Stornierungen 15 Prozent, so der Touristikverband Confturismo. Geschäftsinhaber säubern ihre Verkaufsräume von Wasser und Schlamm.

Touristin stapft in Gummistiefel durch die überfluteten Gassen von Venedig

AP/Luca Bruno
Am Freitag überflutete Wasser erneut große Teile der Stadt

Holz für Gondelbau fortgeschwemmt

Auch die Gondolieri erlitten erhebliche Schäden. 25 Gondeln müssen repariert werden. Wegen der Flutwelle ging kostbares Holz verloren, das dem Gondelbau dient. Der Gondelbauer Alberto Della Toffola verlor im Wasser über 30 Holztafeln, die von der Flutwelle weggeschwemmt wurden. „Wir kaufen das Holz in Slowenien, es ist nicht einfach, das richtige Material für unsere Gondeln zu finden. Die Schäden sind groß“, sagte Della Toffola laut der Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Die Kreuzfahrtindustrie will helfen. Die Kreuzfahrtgesellschaften, die in Venedig halten und deren Schiffe seit jeher als Gefahr für die Lagunenstadt betrachtet werden, wurden zu Spenden aufgerufen. Costa Crociere will für die Stadt 100.000 Euro lockermachen, kündigte die Reederei aus Genua in einer Presseaussendung an.

UNESCO fordert baldigen Hochwasserschutz

Angesichts des Rekordhochwassers forderte die UNESCO die italienische Stadt zuvor auf, das Großbauprojekt MOSE zum Schutz der Lagunenstadt voranzutreiben. Die Direktorin des Welterbezentrums der UNO-Kulturorganisation in Paris, Mechtild Rössler, bot am Freitag an, Expertinnen und Experten zu schicken, um das 2003 begonnene Großbauprojekt zum Abschluss zu bringen.

Das Vorzeigeprojekt MOSE, das bereits 1984 geplant wurde, stockte unter anderem wegen Korruptions- und Geldwäschevorwürfen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte kürzlich anlässlich des diesjährigen Rekordhochwassers in Venedig, der Bau sei mittlerweile zu 93 Prozent abgeschlossen und „wahrscheinlich“ im Frühjahr 2021 fertig. Zuletzt hatten Ingenieure entdeckt, dass Teile der Konstruktion verrostet waren.

Auch andere Regionen von Unwettern betroffen

Nicht nur Venedig leidet unter dem Unwetter. Auch in der 50 Kilometer von Venedig entfernten Kleinstadt Chioggia kam es zu Überschwemmungen. In der friaulischen Adria-Badeortschaft Grado mussten überschwemmte Straßen gesperrt werden.

In mehreren Gemeinden der Dolomiten-Provinz Belluno blieben Schulen wegen der Schneegefahr geschlossen. Zudem wurden einige Alpenpässe gesperrt. In der ligurischen Provinz Imperia kam es zu Erdrutschen. Nach heftigen Gewittern wurden Stromausfälle in mehreren Stadtvierteln Genuas gemeldet. Auch Rom wurde von Stürmen und Niederschlägen heimgesucht.

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