Coronavirus in Deutschland: Infektionen nach Gottesdienst in Frankfurt

Nach einem Gottesdienst in einer Kirchengemeinde der Baptisten in Frankfurt am Main sind mehrere Mitglieder mit dem Coronavirus infiziert. „Wir haben alle Versammlungen abgebrochen. Gottesdienste gibt es jetzt nur noch online“, sagte der stellvertretende Vereinsvorsitzende der Gemeinde der Evangeliums-Christen-Baptisten, Wladimir Pritzkau. „Bei uns ist es eine schwierige Lage.“ Zuvor hatte die Frankfurter Rundschau berichtet.

Der Gottesdienst sei am 10. Mai gewesen. Die genaue Zahl der Betroffenen konnte Pritzkau nicht nennen. Die meisten seien nun Zuhause, sechs befänden sich im Krankenhaus. Der Main-Kinzig-Kreis teilte mit, allein 16 aktuelle Infektionen in seiner Region seien einer Veranstaltung in Frankfurt zuzuordnen, ohne allerdings den Gottesdienst explizit zu nennen.

Gemeindevertreter Pritzkau betonte, dass beim Gottesdienst „alle Regeln eingehalten“ worden seien. Es habe Desinfektionsmittel gegeben, der vorgeschriebene Abstand sei beachtet worden.

Der Leiter des Gesundheitsamtes der Stadt Frankfurt, René Gottschalk, wollte den Fall weder bestätigen noch dementieren: „Ich bin Arzt und unterliege der Schweigepflicht.“ Religiöse Versammlungen sind seit dem 1. Mai unter Auflagen wieder erlaubt. So muss in Kirchen und anderen Gotteshäusern der Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Menschen eingehalten werden, nötig sind zudem weitere Hygienemaßnahmen wie das Aufstellen von Desinfektionsspendern.

Kardinal Marx verteidigt Corona-Beschränkungen

Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx hat Aussagen von Glaubensbrüdern wie die von Kardinal Gerhard Ludwig Müller vehement zurückgewiesen. Müller hatte die staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie als „verabscheuungswürdige technokratische Tyrannei“ bezeichnet. In einem Gespräch mit dem Spiegel sagte Marx: „Dieser Aufruf hat mich erstaunt und auch fassungslos gemacht. Er spaltet und macht Angst.“

Marx sagte, er halte sich an das, was die Politik nach intensiver Beratung vorgebe. „Ich weiß nicht, aus welcher Kompetenz heraus die Kirche darüber debattieren sollte, was bei einer Pandemie sinnvoll ist und was nicht.“ Der Staat müsse in der Coronakrise alles tun, um Leben zu schützen, so Marx: „Aber kann der Staat den Tod überwinden? Nein, das kann er nicht. Es gibt Grenzen, wir sind sterblich.“

Das Gemeinwesen könne aber dafür sorgen, dass alle die gleichen Chancen auf medizinische Versorgung haben. Das sei längst nicht in allen Staaten der Fall: „Niemand sollte am Coronavirus sterben, nur weil er arm oder alt ist.“

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Infektionen durch Restaurantbesuch vermutet

Nur wenige Tage nach der Wiedereröffnung vieler Restaurants in Deutschland scheinen sich in Niedersachsen mindestens sieben Menschen in einem Lokal mit dem Coronavirus infiziert zu haben. „Die Infektionen stehen vermutlich in Zusammenhang mit einem Besuch in einem Lokal“, teilte der Landkreis Leer am Freitag mit. Falls sich das bestätigt, wäre dies der erste bekannt gewordene Fall von in Restaurants verbreiteten Corona-Infektionen seit Wiedereröffnung der Gaststätten und Cafés in dem Bundesland am 11. Mai.

Niedersachsen zählte zu den ersten Bundesländern, in denen Restaurants wieder geöffnet werden durften. In den Tagen darauf folgten nach und nach auch fast alle anderen Bundesländer. Ausnahmen gelten für Bayern, wo vorerst nur Biergärten und Außenbereiche aufmachen dürfen, Innenräume erst vom 25. Mai an.

Laut Landkreis Leer wurden wegen der Infektionen zudem für mindestens 50 Menschen „vorsorglich häusliche Quarantäne“ angeordnet. Weitere Testergebnisse stünden noch aus. Laut Gesundheitsamt handelt es sich nicht um einen Einzelfall mit nur wenigen Kontakten. „Es ist ein Ausbruch mit gleichzeitig mehreren Infizierten und vielen Kontakten.“ Entsprechend aufwendig sei nun die Nachverfolgung.

Die sieben positiven Befunde, die miteinander zusammenhingen, seien dem Gesundheitsamt von Dienstag bis Freitag mitgeteilt worden, teilte der Landkreis mit. Im Landkreis Leer war zuvor eigenen Angaben zufolge mehr als eine Woche lang überhaupt keine bestätigte Neuinfektion gemeldet worden. Laut NDR 1 Niedersachsen ist noch unklar, ob sich die Besucher oder das Personal nicht an die Regeln gehalten haben.

Eine Sprecherin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga sagte dem NDR , durch das erarbeitete Hygiene- und Abstandskonzept seien Neuinfektionen in Restaurants eigentlich nicht möglich. Einige Experten hatten vor Restaurantbesuchen in geschlossenen Räumen gewarnt, da hier der Luftaustausch – anders als im Freien – nicht ausreichend sei.

Merkel verteidigt Corona-Einschränkungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Einschränkung von Grundrechten in der Corona-Krise erneut als „Zumutung“ für die Demokratie bezeichnet – die Maßnahmen aber zugleich verteidigt. Die CDU-Politikerin sagte in ihrem am Samstag veröffentlichten wöchentlichen Podcast, sie könne Sorgen von Bürgern angesichts der Einschränkungen in der Pandemie verstehen.

Die Regierung mache es sich mit den Beschränkungen von Grundrechten nicht einfach. „Deshalb sollen sie so kurz wie möglich sein.“ Sie seien jedoch notwendig gewesen, „weil wir uns der Würde der Menschen verantwortlich fühlen“. Dazu gehöre, dass eine Überforderung des Gesundheitssystems verhindert werden sollte, dies sei glücklicherweise auch gelungen.

In zahlreichen deutschen Städten sind am Samstag erneut Demonstrationen gegen die staatlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie geplant. Bereits an den vergangenen Wochenenden hatten bundesweit Tausende Menschen gegen die Corona-Politik und Eingriffe in Grundrechte demonstriert.

Integrationsbeauftragte beklagt rassistische Übergriffe

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, hat rassistische und antisemitische Übergriffe in der Corona-Krise angeprangert. „In der Corona-Krise werden Menschen beleidigt, bedroht, mit Desinfektionsspray besprüht und angegriffen“, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Angriffe richten sich gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen, die als Asiaten gesehen werden, gegen alle Altersgruppen vom Kleinkind bis zur Rentnerin.“ Die Zahlen der Opferberatungsstellen seien erschreckend. In wenigen Wochen seien mehr als 100 Berichte über antisemitische und rassistische Übergriffe eingegangen. Das zeige, wie wichtig es sei, dass die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus jetzt auf die höchste politische Ebene gezogen werde. Rassismus zerfresse „das Fundament unserer Demokratie“.

Am Mittwoch hatte der neue Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zum ersten Mal getagt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte danach einen neuen Maßnahmenkatalog zur Vorbeugung gegen Extremismus an. Ein erster Entwurf solle im Oktober vorliegen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) hatte schon Anfang des Monats die Einschätzung geäußert, dass antisemitische Verschwörungstheorien und Stereotype durch die Corona-Krise zunehmend Auftrieb erhalten.

Unionspolitiker gegen Familienbonus

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, lehnt den im Konjunkturpaket der Bundesregierung offenbar geplanten Familienbonus ab. Danach sollen Eltern einmalig für jedes Kind 300 Euro bekommen, um ihre Kaufkraft in der Corona-Krise zu stärken, wie der Spiegel berichtete. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte einen Familienbonus von sogar 600 Euro pro Kind vorgeschlagen.

„Wir brauchen jetzt keinen Wettbewerb darüber, ob 300 oder 600 Euro uns aus der konjunkturellen Krise herausführen“, sagte Dobrindt dem Bayerischen Rundfunk dazu. Stattdessen müsse es jetzt „um Innovationsfragen und neue Technologien gehen“.

Die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, monierte in der Rheinischen Post, ein Familienbonus für alle Familien sei nicht zielgenau genug. „Besser wäre, den Bonus an die Gewährung des Kinderzuschlags zu koppeln„, sagte die CDU-Politikerin. Den Kinderzuschlag erhielten dann nur bedürftige Eltern.

Söder: „Es ist wichtig, dass wir den Staat nicht ruinieren“

Maximal 100 Milliarden Euro zusätzliche Schulden soll der Bund nach Ansicht von CSU-Chef Markus Söder in diesem Jahr zur Bewältigung der Corona-Krise aufnehmen dürfen. Dies sagte Bayerns Ministerpräsident am Freitag in seiner Rede auf dem ersten Internet-Parteitag in der CSU-Geschichte. Konzepte über weitere Neuverschuldungen von bis zu 150 oder 200 Milliarden Euro seien nicht finanzierbar, alle Hilfen müssten „ökonomisch sinnvoll““ bleiben.

Söder unterlegt damit erstmals die Forderung nach einer Obergrenze für die deutschen Staatsschulden mit einer konkreten Summe. „Es ist wichtig, dass wir den Staat nicht ruinieren“, betonte Söder. Mit Blick auf europäische Hilfsprogramme müsse zudem darauf geachtet werden, dass Deutschland nicht selbst zu einem Sanierungsfall werde.

Bislang sieht der Nachtragshaushalt des Bundes eine geplante Neuverschuldung von 156 Milliarden Euro zur Abfederung der Pandemiefolgen vor. Es zeichnet sich aber bereits ab, dass dies nicht ausreichen wird. Im Juni will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ein großes Konjunkturpaket vorlegen, das der Wirtschaft wieder auf die Füße helfen soll – aber auch viele Milliarden zusätzlich verschlingen dürfte. Nicht nur die Unternehmen, auch die finanziell gebeutelten Kommunen erwarten Hilfe.

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