Lehrkräfte: Öffentlicher Dienst am Privat-PC

Wer schon lange bemängelt, dass bei der digitalen Transformation der Gesellschaft die Schulen sträflich außen vor geblieben seien, hat durch Corona enorm Auftrieb bekommen: So plötzlich, wie Millionen Schüler im März nach Hause geschickt wurden, so plötzlich standen Tausende Schulen mit leeren Händen da. Den Unterricht auch nur halbwegs reibungslos vom Klassenraum in die Kinder- und Jugendzimmer zu verlagern, ist zwar nicht überall misslungen, aber oft – zu oft, wie vor allem Eltern beklagen. Eine Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt nun, mit welchen digitalen Voraussetzungen Lehrerinnen und Lehrer in die Krise gestartet sind. Die repräsentative Mitgliederstudie wurde im Februar durchgeführt, also direkt vor den epidemiebedingten Schulschließungen.

Eine wichtige Erkenntnis mit Blick auf die Lehrenden: Der digitalen Ausstattung fehlt es an Systematik und Kontrolle. Zwar nutzten die weitaus meisten Lehrkräfte laut Studie schon vor Corona digitale Medien, waren dabei aber auf private Geräte angewiesen. Nur neun Prozent der Befragten geben an, digitale Endgeräte für Lehrkräfte zur Nutzung in der Schule seien „ausreichend vorhanden“. 90 Prozent nutzen dagegen ein privates Gerät – um den Unterricht vorzubereiten, Präsentationen zu zeigen oder mit Schülern, Eltern und der Schulleitung zu kommunizieren. „Digitalisierung darf keine Privatsache sein“, kritisierte Ilka Hoffmann, Mitglied im GEW-Vorstand, am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie in Frankfurt. Es gehe nicht an, dass überwiegend dienstlich genutzte Geräte privat finanziert werden müssten.

„Wir brauchen dringend eine öffentliche Finanzierung von Endgeräten“, fordert auch Hoffmanns Vorstandskollege Ansgar Klinger. Die 500 Millionen Euro, mit denen in der Corona-Krise der 5,5 Milliarden teure Digitalpakt aufgestockt worden ist, seien nur ein Anfang. Klinger verlangte eine Erhöhung des Pakts auf rund 20 Milliarden Euro. Bislang dürfe für mobile Geräte wie Laptops nur ein Fünftel der Fördermittel oder 25 000 Euro je Schule ausgegeben werden. Das reiche nicht, um auch Lehrkräfte auszustatten. Angesichts der immer zahlreicheren, nur schwer überschaubaren digitalen Möglichkeiten, brauche man aber „öffentliche Kontrolle, sowie transparente und gebündelte Informationen“. Bildung in der digitalen Welt dürfe nicht zu einem privaten Patchwork werden.

Auch aus Gründen der Datensicherheit sind private Laptops im Schulbetrieb ein Problem. Lehrer speichern darauf sensible Schülerdaten wie Noten, Zeugnisse oder pädagogische Gutachten. „Wir möchten, dass der Datenschutz ernst genommen wird“, sagte Ilka Hoffmann. Denn gerade die Corona-Krise offenbare, dass Lehrkräfte aus Mangel an digitaler Infrastruktur auf datenschutzrechtlich fragwürdige Dienste zugreifen müssten, etwa für Chats oder Videokonferenzen. Dabei vermissten schon vor der Epidemie zwei Drittel der Befragten in Datenschutzfragen die Unterstützung des Arbeitgebers, ihres Schulministeriums also, wie die GEW-Studie zeigt. Viele fühlten sich bei der Anwendung „vollkommen alleingelassen“, rügte Ansgar Klinger.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*