Ein ganze Reihe von Athener Skandalen rund um Fernsehen, Banken und Justiz hat die griechische Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras innerhalb von wenigen Wochen produziert. Obwohl gerade Tsipras mit seiner Partei Syriza mehr Demokratie und Kampf gegen Korruption propagiert hatte, erweist er sich jetzt nicht als Saubermann. Die Opposition und die griechische Medienwelt ziehen vielmehr Parallelen zur Vorgehensweise kommunistischer Kader, die bei einer Machtübernahme das Fernsehen unter Kontrolle bringen wollen.
Autor: Tobias Piller, Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland mit Sitz in Rom.
Die Regierung Tsipras ist dabei, fünf private Fernsehsender mit 2000 Mitarbeitern zu schließen und gleichzeitig zwei befreundeten Unternehmern die Gelegenheit zum Aufbau von jeweils einem regierungsnahen Sender zu geben, obwohl die „Neuen“ bisher keine Erfahrung mit Medien oder Fernsehen haben. Das von Tsipras neu gegründete Staatsfernsehen mit 1800 Mitarbeitern ist ohnehin längst gleichgeschaltet.
Die Neustrukturierung des privaten griechischen Fernsehmarktes durch die Regierung sorgte von Anfang an für Streit. Denn die Zuständigkeit für die Regulierung des Fernsehmarktes liegt laut Verfassung bei einem unabhängigen Rundfunkrat. Weil sich die linke Regierung und die konservative Opposition aber nicht über die Besetzung des Rates einigen konnten, nahm der Staatssekretär und engste Freund des Ministerpräsidenten, Nikos Pappas, die Sache kurzerhand selbst in die Hand.
Einziger Privatsender bleibt auf der Strecke
Unter Berufung auf eine Studie der Universität Florenz urteilte Pappas, Griechenland könne nicht mehr als vier private Fernsehsender tragen. Zudem müsse endlich das jahrzehntelange Provisorium um die privaten Fernsehlizenzen beendet werden. Pappas organisierte eine aufsehenerregende Versteigerung der vier Fernsehlizenzen: Die Teilnehmer wurde dazu drei Tage lang völlig von der Außenwelt abgeschirmt, um Absprachen zu verhindern.
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Für manche Griechen war es eine Genugtuung, im Fernsehen zu beobachten, wie die Fernsehbarone mit Schlafsäcken, Koffern und Proviant in die Isolation im Regierungssitz des „Generalsekretariats für Information“ umziehen mussten. Aus Sicht der Opposition war allein das Verfahren unmenschlich. Von einem „Irrenhaus“ sprach nachher der Vertreter des konservativen Senders „Skai“. „Wir waren nicht da, um für eine Lizenz zu bieten, sondern um über ein Lösegeld zu verhandeln.“
Am Ende gelang es der extrem links orientierten Regierung nicht, den verhassten konservativen Sender „Skai“ auszuschalten, obwohl zuvor das konservative Lager befürchtet hatte, dass dieser Sender von vorneherein aus dem Bieterwettbewerb ausgeschlossen werden sollte, mit Ermittlungen wegen angeblicher Steuervergehen und der Beschlagnahme aller Bankkonten. Doch „Skai“, im Besitz eines Reeders namens Jannis Alafouzos, erhielt die erste Lizenz für 43,6 Millionen Euro. Auf der Strecke blieb dagegen der einzige private Sender, der mit Fernsehen verdient, der politisch um Ausgewogenheit bemühte Kanal „Alpha“ des Versicherungsunternehmers Dimitris Kontominas, der in den späteren Versteigerungsrunden auch mit einem Gebot von 60 Millionen Euro scheiterte.
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