Ceta-Freihandelsabkommen mit Kanada: EU-Rettungsversuche in letzter Minute

© Reuters Demonstrantin bei einem Anti-Ceta-Protest vor dem wallonischen Regionalparlament in Namur.

Angesichts des drohenden Scheiterns der Verhandlungen über den europäisch-kanadischen Handelspakt Ceta bemühen sich Spitzenvertreter beider Seiten am Samstag nochmals um eine Einigung. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kündigte im Kurznachrichtendienst Twitter an, am Morgen um 7.30 Uhr zunächst die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland zu treffen und eineinhalb Stunden später den wallonischen Regierungschef Paul Magnette im Parlament zu empfangen. Die Gespräche dürften nicht auf der Zielgerade abgebrochen werden, schrieb Schulz.

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Kanada sei bereit, „die Uhr anzuhalten, bis die EU ihre internen Probleme gelöst habe“, sagte Schulz dem ARD-Studio Brüssel. Demnach verschob Freeland ihren für Freitagabend geplanten Rückflug gen Kanada bis nach dem Gespräch mit dem SPD-Politiker.

Strategie unklar

Offen ist, wie die EU das Gezerre um Ceta bis zur eigentlich geplanten Unterzeichnung des Handelsabkommens mit Kanada am kommenden Donnerstag beenden will. Am Freitag erklärte die sichtlich zermürbte Handelsministerin Freeland, sie sehe derzeit keine Chance mehr für das Abkommen. Sie war zu Verhandlungen in der Wallonie, der belgischen Provinz, die sich querstellt und damit die Unterzeichnung von Ceta blockiert.

Kritiker befürchten durch Ceta Nachteile für die Wirtschaft – etwa für Bauern durch billige Fleischimporte. Umstritten sind auch die geplanten Schiedsgerichte in Streitfragen. Die belgische Regierung ist zwar wie die anderen 27 EU-Länder für das Abkommen. Ihr sind aber die Hände gebunden, solange Wallonien seine Zustimmung versagt. Ceta wiederum kommt nur dann zustande, wenn es alle EU-Staaten unterzeichnen.

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Die Kommission und die kanadische Regierung hatten am Donnerstag neue Vorschläge vorgelegt, um den Ministerpräsidenten des französischsprachigen, wirtschaftsschwachen Walloniens, den Sozialisten Magnette, zum Einlenken zu bewegen. In der auch auf Drängen der deutschen SPD vereinbarten Zusatzerklärung sollte unter anderem nochmals und noch deutlicher klargestellt werden, dass Ceta nicht zur Senkung von Umwelt- und Sozialstandards führen darf, die nationalen Sozialsysteme nicht angegriffen werden dürfen und öffentliche Dienstleistungen nicht privatisiert werden müssen. Magnette hatte die Vorschläge aber als unzureichend bezeichnet. Er erklärte am Freitag, es sei „ein wenig mehr Zeit“ nötig, um eine Einigung zu erreichen. Er bedaure, dass die Gespräche ergebnislos endeten. Demokratische Entscheidungsprozesse bräuchten aber nun mal ihre Zeit.

Deutsche Wirtschaft macht sich Sorgen

Führende Vertreter der deutschen Wirtschaft warnten vor einem Scheitern des Freihandelsabkommens. „Der Schaden für die außenwirtschaftlich orientierte deutsche Wirtschaft wäre immens und in seiner ganzen Tragweite noch überhaupt nicht absehbar“, sagte Außenhandelspräsident Anton Börner der „Rheinischen Post“ laut Vorabbericht. „Im Falle einer Nicht-Einigung wären Europas Glaubwürdigkeit und unser Ruf, ein ernstzunehmender Verhandlungspartner zu sein, ruiniert“, sagte der Chef des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA).

Ähnlich äußerte sich DIHK-Außenhandelschef Volker Treier. „Sollte die Ratifizierung nun doch noch auf der Zielgeraden scheitern, wäre dies ein großer Schaden für die internationale Glaubwürdigkeit beim Thema Handelspolitik“, sagte Treier. „Es geht auch um die Handlungsfähigkeit der EU.“

© Reuters, reuters Wallonien blockiert Freihandelsabkommen CETA

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