Bei der Europameisterschaft scheiden Han Ying und Shan Xiaona überraschend früh aus. Bei der kommenden Heim-WM dürfen sie Deutschland nicht vertreten.
Als die deutschen Tischtennisspielerinnen Han Ying, Kristin Silbereisen und Petrissa Solja am Samstagabend ihre Viertelfinals bei der Einzel-Europameisterschaft im Tischtennis in Budapest bestritten, saß eine weitere Deutsche, die sich so viel erhofft hatte, auf der Tribüne. Shan Xiaona wollte eigentlich mit Edelmetall zurückkommen: „Ich will ins Endspiel, wenigstens aber eine Medaille“, hatte die 33-Jährige aus der chinesischen Provinz Liaoning, die seit 2012 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, vor dem Turnier gesagt. Aber dann musste sie ihren Teamkolleginnen zuschauen.
Xiaona war unerwartet bereits im Achtelfinale ausgeschieden. Das bringt sie in eine missliche Lage: Nun muss sie selbst in der mit vielen Welt- und Europameisterschaften gespickten Sportart bis zum September 2017 warten, ehe sie bei der Mannschafts-EM in Luxemburg wieder ins deutsche Trikot schlüpfen darf. Bei der Einzel-Weltmeisterschaft im kommenden Juni daheim in Düsseldorf darf sie gemäß eines Reglements des Tischtennis-Weltverbands ITTF nämlich nicht antreten, genauso wie Mitspielerin Ying, die wie Silbereisen und Solja im Viertelfinale scheiterte.
Han Ying stammt wie Shan Xiaona aus der Provinz Liaoning. Sie sagte ebenfalls vor der EM: „Irgendwann einmal Europameisterin zu werden, ist mein Traum.“ Ying ist seit 2010 Deutsche. Dennoch muss nun auch sie ein knappes Jahr warten, ehe sie in Luxemburg wieder für Deutschland spielen darf, denn auch sie ist bei der WM in Düsseldorf nicht spielberechtigt. Wie so viele andere gebürtige Chinesinnen, die sie am Wochenende getroffen haben: die Türkin Hu Melek, die Niederländerin Li Jie, die Luxemburgerin Ni Xia Lian und die Portugiesin Yu Fu. Gebürtige Chinesinnen sind seit Jahren Europas beste Spielerinnen, Qualitäts-Importe gewissermaßen. Die sechs Genannten haben es am Wochenende alle ins Achtelfinale geschafft.
Sie wohnen und trainieren in Düsseldorf – wo die WM ohne sie stattfindet
Je nachdem, in welchem Jahr und in welchem Alter die Chinesinnen in ihren neuen Heimatländern die Staatsbürgerschaft erhalten haben, dürfen sie auch bei Weltmeisterschaften antreten. Han Ying und Shan Xiaona dürfen das wie erwähnt nicht. Weil sie nicht vor ihrem 21. Geburtstag eingebürgert wurden. Diese Regelung schreibt der Weltverband vor. Han Ying und Shan Xiaona ertragen ihr WM-Verbot bislang tapfer, aber im kommenden Frühjahr wird es ihnen besonders schwer fallen, nur zuzuschauen, denn dann wird die Einzel-WM in jener Stadt ausgetragen, in der die beiden wohnen und im deutschen Tischtennis-Zentrum trainieren: in Düsseldorf.
Han Ying wurde 1983 in der chinesischen Provinz Liaoning geboren, kam 2002 nach Deutschland zum Bundesligisten TV Busenbach und erhielt 2010 einen deutschen Pass. Sie spielt heute für den polnischen Klub Zamek Tarnobrzeg. Shan Xiaona wurde ebenfalls 1983 in der chinesischen Provinz Liaoning geboren, kam aber erst 2005 zum TV Busenbach und erhielt deshalb erst 2012 die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie spielt heute für den TTC Eastside Berlin.
Dennoch wohnen und trainieren beide in Düsseldorf, wie alle Nationalspielerinnen. Sie reisen nur zu den Spielen zu ihren Klubs. Jeden Tag spielen Ying und Xiaona im Deutschen Tischtennis-Zentrum im Osten der Stadt, die WM im nächsten Juni wird in der Messe im Westen der Stadt stattfinden. „Es ist schade, dass wir da nicht mitspielen können“, sagt Han Ying geknickt. Im August haben die beiden zusammen mit Petrissa Solja jene starke deutsche Mannschaft gebildet, die in Rio Mannschaftssilber hinter den Chinesinnen geholt hat. Bei der WM nächstes Jahr wollen sie ihre Teamkolleginnen dann von der Tribüne aus unterstützen – aber auch an der Platte: „Wir werden sie dann wenigstens gut warmspielen“, sagt Shan Xiaona. Hilft ja nichts.
Aber Olympische Silbermedaillengewinnerinnen als Aufwärmpartner für Petrissa Solja, Kristin Silbereisen und Sabine Winter: Das klingt zumindest nicht schlecht für die deutschen Tischtennisfrauen bei der Heim-WM, erscheint nach den enttäuschenden Ergebnissen in Budapest ohne Halbfinal-Teilnahme letztendlich aber auch dringend nötig.
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