Irakische und kurdische Kräfte müssen heimtückische Attacken vom IS abwehren

© Christian Meier Peschmerga-Kämpfer auf dem Kloster Mor Mattai: Erinnerungsfotos vor den nächsten Gefechten.

Mit einem Angriff im Osten ging die Offensive auf Mossul, die vielleicht entscheidend ist für das Schicksal des „Islamischen Staates“ (IS), am frühen Sonntag in die zweite Woche. Truppen der kurdischen Peschmerga rückten ab dem Morgen auf den Ort Bashiqa vor. Am Nachmittag dann wurde die „Befreiung“ des strategisch wichtigen Ortes verkündet. Dennoch ist in den letzten Tagen immer klarer geworden, dass es der IS seinen Gegnern nicht leicht machen wird. Die Methoden, mit denen er rund um Mossul Widerstand leistet, sind heimtückisch. Die Dschihadisten haben außerdem mit einem spektakulären Gegenangriff begonnen.

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Noch am Donnerstag hatte der irakische Ministerpräsident Haider al Abadi gelobt, die Einheiten rückten „schneller auf die Stadt vor, als wir dachten und geplant hatten“. Offiziellen Verlautbarungen der irakischen Regierung sowie des amerikanischen Verteidigungsministeriums zufolge herrscht Zufriedenheit mit dem Fortgang der Offensive, die am vergangenen Montag begonnen hat. Mehrere Dörfer im Osten der Stadt wurden zurückerobert, darunter christliche Orte von hohem Symbolwert. In Bartella, rund 20 Kilometer östlich von Mossul gelegen, wurden am Freitag zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder die Glocken der Matthäus-Kirche geläutet, nachdem der Ort einen Tag zuvor eingenommen worden war.

Peschmerga und irakische Kräfte stehen kurz vor Mossul. Der IS wehrt sich aber weiter mit allen Mitteln.

Die Anti-IS-Koalition steht kurz vor Mossul, muss sich aber heimtückischen Attacken des IS aussetzen.

Aber nicht alles läuft nach Plan. Das christliche Dorf Karakosch konnte erst im zweiten Anlauf erobert werden. Die IS-Nachrichtenagentur Amaq verbreitete am Wochenende Bilder von IS-Kämpfern mit leeren gepanzerten Fahrzeugen der irakischen Armee. Soldaten der 9. Division sollen vor einem Angriff des IS geflohen sein und ihre Fahrzeuge zurückgelassen haben. Das weckt bei vielen böse Erinnerungen an den Juni 2014, als die IS-Terroristen Mossul einnahmen, nachdem die irakischen Soldaten die Stadt weitgehend kampflos verlassen hatten, und die Dschihadisten wertvolles Militärgerät erbeuteten konnten.

© F.A.Z.

Karte zum umkämpften Gebiet: IS ist von Kurden und irakischer Armee umzingelt.

Infografik / Karte / mossul © F.A.Z. Vergrößern Karte zum umkämpften Gebiet: IS ist von Kurden und irakischer Armee umzingelt.

IS zieht sich zurück, hinterlässt aber heimtückische Fallen

Das Vertrauen in die Kampfkraft der irakischen Nationalarmee ist nicht allzu groß, zumindest auf Seiten der Peschmerga, der Streitkräfte der kurdischen Autonomieregion im Nordosten des Iraks. Dennoch haben sie sich mit der Armee der Zentralregierung sowie weiteren Kräften – schiitischen Milizen, Kämpfern kurdischer Stämme und religiöser Minderheiten sowie Einheiten internationaler Verbündeter – zusammengetan, um den IS nach zweieinhalb Jahren aus Mossul zu vertreiben.

Der Verlust ihrer „Hauptstadt“, einst die zweitgrößte Stadt des Iraks, wäre für die Terrormiliz militärisch und symbolisch ein schwerer Schlag; denn dort rief ihr Anführer Abu Bakr al Baghdadi Ende Juni 2014 das Kalifat aus. Daher wehren die angeblich 4500 dort verbliebenen IS-Kämpfer sich nach Kräften und mit allen Mitteln. Da der Frontverlauf sich in dieser Gegend seit 2014 kaum geändert hat, hatten die Dschihadisten genügend Zeit, sich auf Angriffe vorzubereiten. Sie haben Gräben und Tunnels ausgehoben, Sprengfallen und Scharfschützen postiert. Im Süden Mossuls steckten sie Ende der Woche eine Schwefelgasfabrik in Brand. Es entwickelte sich eine giftige Wolke, die in Richtung der Luftwaffenbasis Qayyarah zog; amerikanische Spezialkräfte dort mussten zeitweise Gasmasken tragen, Hunderte Menschen wurden wegen Atembeschwerden behandelt, zwei starben.

Besonders berüchtigt sind die Autobomben, gepanzerte Fahrzeuge voller Sprengstoff, mit denen IS-Kämpfer auf die feindlichen Truppen zurasen. Diese können nur hoffen, die fahrende Bombe rechtzeitig durch einen direkten Granatentreffer aufzuhalten. Den direkten Kampf vermeidet der IS in vielen Fällen, stattdessen zieht er sich zurück und hinterlässt menschenleere Dörfer, die jedoch mit Sprengfallen übersät sind.

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