Hassen auf die Clintons als Zeitvertreib

© Martin Jeong/Files/UPI/laif Haben den Dreh raus: Die Clintons auf einem Ball anlässlich der Amtseinführung im Januar 1993

Im Februar 2015 nahmen konservative Aktivisten aus ganz Amerika an einem „Trainingslager“ nahe Washington teil. Nach einem Seminar zur Wählermobilisierung und einem Schnellkurs „Fundraising für Finanz-Analphabeten“ stand „Opposition Research“ auf dem Programm. Alexandra Angel von der Gruppe „America Rising“ begann ihren Vortrag mit einer vermutlich nicht ganz aufrichtigen Mitleidsbekundung: „Mir tun die Kollegen von der Firma leid, die Hillary Clinton gerade beauftragt hat, ihre Vergangenheit zu durchleuchten.“ Schließlich, so Angel, arbeite sie bei „America Rising“ mit etwa zehn Mitarbeitern schon seit fast zwei Jahren daran, Material über die frühere Kinderrechtlerin, Anwältin, First Lady, Senatorin, Außenministerin und Ko-Chefin der Clinton-Stiftung zusammenzutragen, um Angriffsflächen auszumachen.

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Mehrere Millionen Dollar haben Spender ihrer Organisation dafür überlassen. „Und wir haben noch so viel vor uns“, seufzte Angel. Wenn Clinton also jetzt erst anfange, sich mit Recherchen über ihre eigene Vergangenheit auf die Attacken von rechts vorzubereiten, dann sei sie arg spät dran.

Warten auf Patzer der Clintons

Als Alexandra Angel das sagte, sollte es noch 47 Tage dauern, bis Clinton überhaupt ihre Kandidatur für das Weiße Haus erklärte. Die Präsidentenwahl lag noch 621 Tage entfernt. Doch schon 2014 hatten mindestens zehn spendenfinanzierte Gruppen der Bundeswahlkommission gemeldet, ihr Hauptziel sei es, Hillary Clinton zu bezwingen.

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Auch auf der Linken hatten sich bereits Gruppen formiert, die Republikaner wie Jeb Bush, Rand Paul oder Marco Rubio ins Visier nahmen. Nur Donald Trump hatte niemand auf dem Schirm. Beim „Trainingslager“ räumten Alexandra Angel und ihr Kollege Geoff Embler zunächst mit dem Mythos auf, sie wühlten sich durch die Müllcontainer der Demokratischen Partei. „Wir durchforsten öffentlich einsehbare Dokumente“, erklärte Embler – und sie dokumentieren öffentliche Auftritte. „America Rising“ beschäftigte schon vor zwei Jahren Dutzende „Tracker“. Diese meist jungen Angestellten mischen sich bei möglichst jedem Auftritt Clintons unter die Gäste oder filmen von der Pressetribüne aus jedes Wort. So können kleine Patzer in der Provinz zu großen Stolpersteinen im Präsidentschaftswahlkampf werden.

Seit Jahrzehnten suchen Reporter und Aktivisten in den Kellern der Clintons nach Leichen. Doch moderne Gruppen wie „America Rising“ treiben den ganzen Aufwand nicht so sehr, um doch noch einen „rauchenden Colt“ zu finden, der Hillary Clinton als Kriminelle entlarvte. „Unser Ziel ist es einfach“, erklärte Geoff Embler, „ein Narrativ zu erschaffen.“ Das hat funktioniert. Nicht nur haben Hunderttausende Amerikaner auf Trump-Kundgebungen „Sperrt sie ein“ skandiert oder „Hillary for Prison“-Aufkleber gekauft. Dutzende Millionen weitere Amerikaner halten Hillary Clinton für eine elitäre, gierige, scheinheilige und verlogene Karrieristin. „Wir können für unser Narrativ allenfalls fünf Prozent des Materials gebrauchen, das wir horten“, erklärte Embler den Aktivisten. Die ultimative Zuspitzung übernahm Trump. Doch seine „Crooked Hillary“ hat viele Väter.

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