Nach China und Mexiko nimmt sich die US-Regierung unter Donald Trump nun den nächsten Gegner vor: Deutschland. Die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone nutze den Euro wie eine Art „implizite D-Mark“, kritisierte Trumps ökonomischer Chefberater Peter Navarro in einem Interview mit der „Financial Times“.
Navarro, der von Trump zum Chef des eigens gegründeten Nationalen Handelsrates berufen worden ist, sagte wörtlich, dass Deutschland den „deutlich unterbewerteten“ Euro nutze, um die USA und die eigenen EU-Partner „auszubeuten“. Bei den Verhandlungen über ein gemeinsames Handelsabkommen zwischen den USA und der EU sei Deutschland wegen seiner strukturellen Ungleichgewichte im Handel mit anderen Ländern sogar das größte Hindernis gewesen.
Es ist das erste Mal, dass Washington derart direkte Anschuldigungen an die Adresse der Bundesregierung richtet und Deutschland im Grunde vorwirft, gezielte Währungsmanipulation zu betreiben. Bisher war vor allem China in dieser Hinsicht das erklärte Feindbild der Trump-Administration.
„Nicht auseinanderdividieren lassen“
Neu ist auch, dass sich die US-Regierung direkt in innereuropäische Währungsfragen einmischt – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der sich Europa angesichts des Brexit ohnehin großen politischen Belastungen ausgesetzt sieht.
Entsprechend überrascht fielen die Reaktionen der deutschen Industrie aus. „Die jüngsten Einschätzungen der US-Regierung können wir nicht teilen“, sagte Anton Börner, Präsident des Groß- und Außenhandelsverbandes BGA, der „Welt“. „Wir sollten uns von Interventionen dieser Art in Europa nicht auseinanderdividieren lassen.“
Börner machte allerdings auch deutlich, dass die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) – die aus Sicht von Ökonomen erheblichen Anteil an der Euro-Schwäche hat – „mit Sicherheit nicht den finanzpolitischen Vorstellungen Deutschlands entspricht“.
Deutschland sei ein starker Gegner der Niedrigzinspolitik und habe dies immer betont. „Dies ist aber eine europäische Entscheidung, die in den dafür zuständigen Gremien getroffen werden muss“, so Börner.
Tatsächlich gilt die jahrelange ultralockere Geldpolitik der Euro-Hüter als einer der wichtigsten Gründe für den Kursverfall der Gemeinschaftswährung. So hatte kürzlich die Bundesbank darauf hingewiesen, dass die lockere Geldpolitik und insbesondere die billionenschweren EZB-Anleihekäufe seit 2014 den Wert des Euro künstlich gedrückt haben.
„Kaufentscheidungen können nicht vorgeschrieben werden“
Für Trump, der dem US-Handelsdefizit den Kampf angesagt hat, dürfte das im Zweifel eine willkommene Argumentationshilfe sein, um hart gegen die Euro-Zone und Deutschland vorzugehen.
Derzeit kaufen die Amerikaner für insgesamt rund 100 Milliarden Euro mehr Waren und Dienstleistungen in Europa ein, als sie selbst dort absetzen. Deutschland ist etwa die Hälfte des US-Handelsdefizits zuzurechnen.
„Deutsche Produkte sind weltweit beliebt und werden gerne wegen ihrer Qualität gekauft. Kaufentscheidungen können nicht vorgeschrieben werden“, verteidigte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben das deutsche Erfolgsmodell Export.
„Richtig ist aber auch, dass wir Investitionen in Deutschland steigern müssen. Das wäre gut für unseren Standort und würde auch die Importe erhöhen sowie den Handelsbilanzüberschuss reduzieren.“
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