Ein Kopfball wie ein Schuss

Hoffenheim spielt nicht gut, setzt beim 1:0 aber seine unheimliche Serie später Tore fort.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Sein Vater, erzählte Benjamin Hübner später lächelnd, habe ihm die Hand gegeben und beglückwünscht: „Es wäre ja auch schlimm, wenn uns so etwas auseinander bringen würde.“ Benjamin Hübner war am Sonntagabend der späte Matchwinner für die TSG Hoffenheim gegen Eintracht Frankfurt. Wie ein Schuss schlug der Kopfball des Innenverteidigers nach einer Ecke von Sebastian Rudy in der 90. Minute im Frankfurter Tor ein. Dieses 1:0 verhagelte Hübners Vater Bruno den Abend – der Sportdirektor der Frankfurter hätte natürlich gerne einen Punkt mit nach Hause genommen hätte. Durch den Kopfball seines Sohnes aber verlor die durch viele Verletzungen dezimierte Eintracht doch noch ein Spiel, in dem sie sich zu Recht Hoffnungen auf einen Punktgewinn gemacht hatte. Hoffenheim, das schon in der vergangenen Woche spät getroffen hatte (beim 1:1 in Köln), hatte sich vor dem Tor in der zweiten Halbzeit nicht eine Torchance herausgespielt.

An den Siegtreffer hatte kaum noch jemand im Stadion geglaubt. Aber dann gab es noch einmal eine Ecke, und Hübner legte seine ganze Wucht in diesen letzten Kopfball – und entschied so das Spiel. „Wenn nicht viel los ist, dann entscheiden eben Kleinigkeiten“, sagte Eintracht-Trainer Niko Kovac. Insgesamt aber lobte der Kroate sein Team, er hatte ja auch fast eine ganze Mannschaft ersetzen müssen. Im zentralen Mittelfeld spielten deshalb der etatmäßige Rechtsverteidiger Timothy Chandler und nach elfmonatiger Verletzungspause erstmals wieder von Anfang an Marc Stendera. Nach dem Kraftakt vom Dienstag, als die Eintracht durch den Erfolg im Elfmeterschießen in Gladbach ins Pokalfinale gegen Borussia Dortmund einzog, verteidigten die angeschlagenen Frankfurter geschickt. Aber Hoffenheim besitzt mittlerweile die Geduld und die Kaltschnäuzigkeit, Spiele spät für sich zu entscheiden.

Die dezimierte Eintracht sammelt Kräfte für das Pokal-Finale in Berlin

Die Enttäuschung hielt sich bei den Frankfurter in Grenzen, sie wurden von ihren Fans für den Pokalerfolg und die starke kämpferische Leistung nach dem Abpfiff in Hoffenheim gefeiert. „Wenn wir ein Spiel in dieser Woche verlieren durften, dann dieses“, sagte Eintracht-Torwart Lukas Hradecky nachsichtig. Nach zehn Spielen ohne Sieg in der Liga hatten die Frankfurter vergangene Woche gegen Augsburg gewonnen und dann den Pokal-Finaleinzug nach Berlin geschafft. Jetzt heißt es bei der Eintracht: Durchatmen und Kräfte sammeln für die letzten Wochen und das große Finale in Berlin gegen Dortmund. Wobei: Die Langzeitverletzten Jesus Vallejo und Makoto Hasebe werden auf keinen Fall mehr in dieser Saison spielen, auch weitere Einsätze von Sechser Omar Mascarell und Torjäger Alexander Meier sind unwahrscheinlich.

Während die Eintracht auf Erholung getrimmt ist für den letzten Kraftakt, gehen die Hoffenheimer voller Energie in das große Spiel um die direkte Champions-League-Qualifikation am kommenden Wochenende bei Borussia Dortmund. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann hat als Dritter einen Punkt mehr als Dortmund auf Rang vier. Schlechter als Rang vier kann Hoffenheim nicht mehr abschließen. Das ist nach der vergangenen Saison, in der die Mannschaft fast abgestiegen wäre, eine herausragende Leistung. „Klar wollen wir Dritter werden“, sagte Nagelsmann, „aber die Saison ist schon jetzt überragend. Und ich wehre mich dagegen, einen Erfolg davon abhängig zu machen, ob wir Dritter oder Vierter werden.“

Hoffenheim hat seine Grenzen mit diesem Trainer immer weiter nach oben geschoben. Die Krönung wäre die direkte Champions-League-Qualifikation. Nagelsmann sagt, Dortmund habe den Druck, nicht die TSG. „Wir müssen nicht, wir wollen. Dortmund will auch, muss aber auch.“ In diese Situation und die ganze Saison passte dieser Sonntag: Hoffenheim hat kein gutes Spiel gemacht, sich aber doch wieder selbst übertroffen – diesmal dank Benjamin Hübner.

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