Top-Ökonom sieht das deutsche Wirtschaftssystem in Gefahr

Der Wirtschaftsweise Lars Feld sieht das deutsche Wirtschaftsmodell durch die massiven Markteingriffe wie den Berliner Mietendeckel und die Debatte über Enteignungen von Wohnungsbauunternehmen oder anderen Konzernen in ernsthafter Gefahr. „Das bereitet mir große Sorgen“, sagte Lars Feld, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, WELT AM SONNTAG.

„Wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo bestimmte Kräfte immer stärker werden, die die Republik komplett umkrempeln wollen.“ Und wenn die Dämme zu bröckeln anfingen, dann sei zu befürchten, dass sie irgendwann brechen, warnte der Wirtschaftsweise.

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Wohnungsnot

„Es ist erschütternd, dass die Politik jetzt wieder mit genau den alten Rezepten kommt, die schon in der Vergangenheit nicht funktioniert haben“, sagt der Topökonom weiter. Unternehmen wie die Salzgitter AG oder die Telekom seien als Staatsbetriebe früher viel uneffektiver gewesen. Und die überzogenen Mietenregulierungen hätten in den 80er-Jahren die Wohnungsnot keineswegs behoben, sondern verschärft, weil damit Investitionen verhindert worden seien.

Einige wollen zurück in die 70er-Jahre

Erst die marktwirtschaftlichen Reformen unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und dessen Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) hätten dazu geführt, dass überbordende Staatsschulden und Massenarbeitslosigkeit verschwunden seien und Deutschland den längsten Aufschwung seit den Wirtschaftswunderjahren erlebt habe, sagte Feld. „Trotzdem droht uns nun eine Restauration. Einige wollen partout zurück in die 70er-Jahre – und andere sehnen offenbar die DDR zurück.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Carsten Linnemann, führt die verbreitete Zustimmung der Wähler zu solchen Markteingriffen auf eine gewachsene Verunsicherung in weiten Teilen der Bevölkerung zurück. Fundamentale Veränderungen wie der rasante digitale Wandel der Arbeitswelt, der längerfristig Millionen Jobs bedrohe, oder die extreme Niedrigzinspolitik, die plötzlich das Schuldenmachen belohne und Sparen bestrafe, weckten bei vielen Menschen Zukunftsängste.

„Die linken Parteien nutzen diese Verunsicherung in der Bevölkerung, um Konzepte auf die Agenda zu setzen, die bereits in der Vergangenheit und im Sozialismus mit Pauken und Trompeten gescheitert sind“, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker der Zeitung.

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WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt

Regulierungswahn

Dieser Text ist aus WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

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