Auch Syriens Machthaber Assad lehnt Kramp-Karrenbauers Syrien-Plan ab
23.16 Uhr: Syriens Präsident Baschar al-Assad hat den Vorschlag von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine internationale Sicherheitszone im Norden des Landes abgelehnt. In einem Interview des syrischen Staatsfernsehens lobte er am Donnerstagabend das Abkommen Russlands und der Türkei zum Abzug der Kurden aus diesem Gebiet. Damit habe Russland der Türkei Einhalt geboten, und nicht nur den USA den Weg abgeschnitten, sondern auch der Internationalisierung, die Deutschland vorgeschlagen habe, erklärte Assad. „Das Abkommen ist vorübergehend, nicht dauerhaft. Es ist ein positiver Schritt, (…) der die Schäden vermindert.“
Bei dem deutschen Vorschlag sei es darum gegangen, die Sicherheit in der Region unter internationaler Schirmherrschaft wieder herzustellen, sagte Assad. Damit wäre verfestigt worden, dass das Gebiet außerhalb der Kontrolle des syrischen Staates liege und das Land geteilt sei.
Kramp-Karrenbauer, die auch CDU-Vorsitzende ist, hatte eine von UN-Truppen gesicherte Schutzzone in Nordsyrien vorgeschlagen. Vergangene Woche hatte sie den Plan, den sie in der Koalition nicht abgestimmt hatte, bei einem Nato-Treffen vorgestellt. Öffentlich hat sich aber noch kein Land dahinter gestellt.
IS bestätigt Tod seines Anführers und schickt Drohung an Trump
Donnerstag, 31. Oktober, 21.55 Uhr: Die IS-Miliz hat den Tod ihres Anführers Abu Bakr al-Baghdadi bestätigt und einen Nachfolger ernannt. Zum neuen Anführer sei Abi Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi bestimmt worden, teilte die IS-Miliz am Donnerstag in einer Audiobotschaft mit. Über al-Haschimi ist bislang wenig bekannt, Experten zufolge war er bislang ein führender Richter der Miliz. Der IS drohte mit Rache für die Tötung seines bisherigen Anführers al-Bagdadi.
US-Präsident Donald Trump hatte die Tötung des IS-Anführers bei einem US-Einsatz in Nordsyrien am Sonntag verkündet; nun bestätigte die Miliz den Tod. „Oh Muslime, oh Mudschahedin, Soldaten des IS…, wir trauern um den Kommandeur der Gläubigen, Abu Bakr al-Baghdadi“, sagte ein IS-Sprecher in der Audiobotschaft.
Demnach trat der Rat des IS „unverzüglich“ nach dem Tod des 48-jährigen Anführers zu Beratungen über das weitere Vorgehen zusammen. Die Ältesten hätten entschieden, dass zum neuen Anführer al-Haschimi bestimmt werden solle.
Über den neuen IS-Chef ist wenig bekannt, er war zuvor selten als möglicher Nachfolger al-Bagdadis genannt worden. Er sei der führende Richter des IS und der Chef des Scharia-Komitees, sagte der irakische IS-Experte Hischam al-Haschemi.
Zugleich ergingen in der Audiobotschaft heftige Drohungen an die USA. US-Präsident Trump, der die Tötung al-Bagdadis wiederholt wortreich gefeiert hatte, sei ein „verrückter alter Mann“, sagte der IS-Sprecher. Die Vereinigten Staaten sollten nicht „jubeln“, denn die Anhänger des IS würden die Tat rächen.
Der IS-Sprecher rief zudem zur Befreiung der in Syrien und im Irak gefangen gehaltenen IS-Kämpfer auf. Die Gefängnisse mit etwa 12.000 gefangenen Dschihadisten wurden bislang von kurdischen Kämpfern bewacht. Angesichts der jüngsten türkischen Militäroffensive in Nordsyrien besteht international die Befürchtung, dass die IS-Kämpfer und ihre Angehörigen aus den Gefängnissen fliehen könnten.
Bericht: Spitzel in al-Baghdadis Versteck lieferte entscheidende Hinweise
17.33 Uhr: Ein Informant im Versteck des IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi hat laut einem US-Zeitungsbericht entscheidend zum Erfolg des US-Militäreinsatzes gegen den Extremistenchef beigetragen. Der Informant sei ein Funktionär der Dschihadistenmiliz gewesen, berichtete die „Washington Post“ am Dienstagabend (Ortszeit). Er habe präzise Informationen über al-Baghdadis wechselnde Aufenthaltsorte sowie den Grundriss des Anwesens geliefert, das am vergangenen Wochenende von US-Elitesoldaten angegriffen worden war.
Im Verlauf des Einsatzes tötete der IS-Chef sich selbst, indem er in einem Tunnel eine Sprengstoffweste zündete. Der Informant sei während des Angriffs nahe der Ortschaft Barischa in Nordwesten Syriens anwesend gewesen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf zwei amtierende und einen früheren US-Regierungsmitarbeiter. Zwei Tage danach sei der Mann zusammen mit seiner Familie aus der Region herausgeholt worden.
Die Prämie von 25 Millionen Dollar (22,5 Millionen Euro), welche die USA für Hinweise zur Ergreifung al-Baghdadis ausgesetzt hatten, werde der Spion entweder komplett oder zumindest teilweise erhalten, zitierte die „Washington Post“ ihre Quellen.
Die Nationalität des Mannes konnte die Zeitung nach eigenen Angaben nicht in Erfahrung bringen. Nach Angaben einer ihrer Quellen handelt es sich um einen sunnitischen Araber. Er habe sich innerlich vom IS abgewendet, nachdem die Miliz ein Mitglied seiner Familie getötet habe.
Bei dem Spitzel handelt es sich mutmaßlich um denselben Mann, der bereits von kurdischer Seite als wichtige Quelle über al-Baghdadi genannt worden war. Der Kommandeur der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, sagte am Dienstag dem US-Sender NBC News, seine Organisation habe eng mit einem Sicherheitsberater im engsten Zirkel um den IS-Chef zusammengearbeitet. Dieser Mann habe den Grundriss des Verstecks, inklusive der Tunnel, sowie die Zahl der dortigen Wächter geliefert.
Laut „Washington Post“ wurde der Informant ursprünglich von den SDF gesteuert, die mit den USA im Kampf gegen den IS verbündet sind. Später hätten die SDF die Aufsicht über den Spitzel an US-Geheimdienstmitarbeiter weitergegeben. Diese hätten den Mann dann wochenlang durchleuchtet, bevor sie zum Schluss gelangt seien, dass ihm vertraut werden könne.
Die Detailkenntnisse des Spions über al-Baghdadis Versteck seien für den Einsatz der US-Spezialkräfte von entscheidender Bedeutung gewesen, sagten die Regierungsinsider der „Washington Post“. Der Spitzel war demnach sogar an der Beaufsichtigung von Bauarbeiten an dem Anwesen beteiligt gewesen. Der Spion genoss dem Bericht zufolge derart hohes Vertrauen im inneren Führungszirkel des IS, dass er manchmal sogar Angehörige al-Baghdadis begleitete, wenn sie medizinische Betreuung brauchten.
Laut SDF-Angaben hatte der von ihnen zumindest zeitweise gesteuerte Spitzel Unterwäsche al-Baghdadis mit DNA-Spuren herausgeschmuggelt. Durch deren Analyse sei sichergestellt worden, dass es sich bei dem im Verborgenen lebenden Mann tatsächlich um den IS-Chef handelte, erklärte der ranghohe SDF-Vertreter Polat Can am Montag im Onlinedienst Twitter.
Wie NBC News unter Berufung auf kurdische Quellen berichtete, wurde al-Baghdadis Unterwäsche vor rund drei Monaten gestohlen. Etwa einen Monat danach habe der Informant dann noch eine Blutprobe des IS-Chefs geliefert.
Aufgrund der im Vorfeld erlangten DNA-Proben konnten Labortechniker dann nach dem US-Angriff auch schnell bestätigen, dass es sich bei dem durch die Sprengstoffweste getöteten Mann tatsächlich um al-Baghdadi handelte.
Trump: Auch wahrscheinlicher Nachfolger al-Bagdadis von US-Soldaten getötet
Mittwoch, 30.10., 8.20 Uhr: US-Soldaten haben nach Angaben von Präsident Donald Trump auch die „Nummer eins“ für die Nachfolge von IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi getötet. In einer Twitter-Botschaft erklärte der US-Präsident am Dienstag, dieser hätte „höchstwahrscheinlich“ nach dem Tod al-Bagdadis die Führung der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) übernommen. „Jetzt ist auch er tot“, erklärte Trump, ohne die Identität des Mannes zu nennen.
Trump hatte am Sonntag bekannt gegeben, dass al-Bagdadi bei einem US-Militäreinsatz im Nordwesten Syriens getötet wurde. Trump zufolge flüchtete al-Bagdadi während des Angriffs in einen Tunnel, zündete dort eine Sprengstoffweste und tötete damit sich selbst sowie drei seiner Kinder. Ob der potenzielle Nachfolger des IS-Anführers ebenfalls im Zuge dieses Einsatzes getötet wurde, ließ Trump zunächst offen.
Kurdische Quellen hatten erklärt, dass bei einem weiteren US-Militäreinsatz am Sonntag im Norden Syriens auch der IS-Sprecher Abu Hassan al-Muhadschir getötet worden sei. Ein ranghohes Mitglied der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sagte, der IS-Extremist sei im Norden der Provinz Aleppo getötet worden. Al-Muhadschir sei die rechte Hand von al-Bagdadi gewesen.
Direkte Verhandlungen von Syrien und der Opposition
18.38 Uhr: Nach mehr als acht Jahren Bürgerkrieg in Syrien mit Hunderttausenden Toten und Millionen Vertriebenen setzen sich Regierung und Opposition nun erstmals an einen Verhandlungstisch. Gemeinsam mit Vertretern der Zivilgesellschaft und mit Unterstützung der Vereinten Nationen wollen beide Seiten ab Mittwoch in Genf eine neue Verfassung ausarbeiten. Der Verfassungsausschuss startet mit je 50 Vertretern von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft. Ziel ist ein Referendum über die Verfassung, gefolgt von freien Wahlen unter UN-Aufsicht.
Die Erfolgserwartungen sind aber gering. Alle bisherigen Syrien-Gespräche über ein Ende der Gewalt sind ohne Ergebnis geblieben.
Ein Vertreter der kurdischen Partei PYD, politischer Arm der Miliz YPG, aber wird nicht am Tisch sitzen. Die einflussreichste politische Kraft der Kurden im Norden Syriens bleibt bei dem Termin außen vor.
Deutscher Kämpfer auf Seite der Kurden in Nordsyrien getötet
13.51 Uhr: Während der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien ist ein deutscher Staatsbürger getötet worden. Nach Informationen des NDR stammt der Mann aus Kiel, Schleswig-Holstein. Konstantin G. hatte als Freiwilliger auf Seiten der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien gekämpft und nannte sich „Andok Cotkar“. Die YPG melden, dass er am 16. Oktober 2019 bei Angriffen des türkischen Militärs auf die Ortschaft Serekaniye ums Leben gekommen sei.
Konstantin G., der vor seiner Ausreise aus Deutschland als Landwirt arbeitete, kämpfte seit 2016 in den Reihen der kurdischen Miliz. Unter anderem nahm er an Gefechten gegen den sogenannten Islamischen Staat in Rakka teil. In einer TV-Dokumentation ist er als Mitglied einer Einheit internationaler YPG-Freiwilliger zu sehen. Dabei sind die Männer im Häuserkampf gegen Islamisten aktiv und kümmern sich um den Abtransport von Verletzten.
Zu dem Fall des deutschen YPG-Kämpfers verfüge man über keine Erkenntnisse, teilte das Auswärtige Amt dem NDR auf Anfrage mit. In sozialen Medien wurde bereits seit Tagen über den Tod des Deutschen spekuliert.
Laut Medienberichten haben sich etwa 1000 internationale Freiwillige den kurdischen Milizen in Nordsyrien angeschlossen. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus dem Jahr 2017 bezifferte die Bundesregierung die Zahl der zwischen 2013 und 2017 aus Deutschland ausgereisten Personen auf 183.
Syrien-Krieg: Erstmals Gefechte zwischen türkischer Armee und syrischen Truppen
11.31 Uhr: Erstmals seit Beginn der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien hat es nach Angaben von Aktivisten dort direkte Kämpfe zwischen der türkischen Armee und den syrischen Regierungstruppen gegeben. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte am Dienstag mit, türkischer Artilleriebeschuss habe die syrischen Truppen nahe der Grenze getroffen, woraufhin am Rande des Dorfs Al-Assadija ein Gefecht entbrannt sei. Diesen Angaben zufolge sind es die ersten derartigen Kämpfe seit Beginn des türkischen Militäreinsatzes am 9. Oktober.
Waffenruhe in Nordsyrien läuft aus
9.50 Uhr: In Nordsyrien läuft heute eine rund sechstägige Waffenruhe aus. Bis zum Nachmittag haben die Kurdenkämpfer Zeit für ihren Abzug aus dem Grenzgebiet. Sonst will die Türkei ihre Offensive gegen sie wiederaufnehmen.
Der türkische Präsident Erdogan hatte mehrfach mit einer Fortsetzung der international massiv kritisierten Militäroffensive gedroht, sollte der Abzug nicht fristgerecht abgeschlossen werden. Und Russland hatte die kurdische YPG-Miliz gewarnt, dass russische und syrische Truppen, die in der Region stationiert wurden, um den Abzug zu kontrollieren, ihnen dann keinen Schutz mehr böten.
US-Spezialeinheit spürte IS-Chef al-Baghdadi anhand seiner Unterwäsche auf
Dienstag, 29. Oktober, 08.45 Uhr: Der bei einem US-Einsatz getötete Anführer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Baghdadi, war nach kurdischen Angaben zuvor anhand von DNA an seiner Unterwäsche identifiziert worden. Ein Geheimagent der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) habe die Unterwäsche vor dem Einsatz entwendet, erklärte Polat Can, ein ranghoher Vertreter der SDF, am Montag im Onlinedienst Twitter.
Demnach arbeiteten die SDF seit Mitte Mai mit dem US-Geheimdienst CIA zusammen, um al-Baghdadi aufzuspüren und zu überwachen. Der IS-Chef habe seinen Aufenthaltsort sehr oft gewechselt, schrieb Can. Dem SDF-Agenten sei es gelungen, mit al-Baghdadi in Kontakt zu treten und seine Unterwäsche für einen DNA-Test zu entwenden, „um sicherzugehen, dass die betreffende Person al-Baghdadi selbst war“.
Dass es zu dem US-Einsatz in Syrien gekommen sei, sei größtenteils das Ergebnis der SDF-Geheimdienstarbeit, schrieb Can auf Twitter. Die Anfang Oktober eingeleitete türkische Offensive in Nordsyrien habe die Operation verzögert.
US-Präsident Donald Trump hatte am Sonntag den Tod des IS-Anführers bei einem US-Angriff im Nordwesten Syriens bekanntgegeben. Trump zufolge flüchtete al-Bagdadi während des Angriffs in einen Tunnel, zündete dort eine Sprengstoffweste und tötete damit sich selbst sowie drei seiner Kinder. Trump dankte in seiner Ansprache den syrisch-kurdischen Streitkräften „für eine gewisse Unterstützung“, nannte jedoch keine Details.
SPD–Außenpolitiker verteidigt Maas gegen Kritik am Türkei-Auftritt
12:49 Uhr: Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid hat Außenminister Heiko Maas (SPD) gegen Kritik wegen des Türkei-Auftritts verteidigt. „Die Reise von Heiko Maas war ein wichtiger Beitrag, um den diplomatischen Bemühungen für eine politische Lösung neuen Schwung zu verleihen. Das direkte Gespräch ist der beste Weg, wenn man tatsächlich Interesse an einer Verständigung hat“, erklärte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion am Sonntag in Berlin.
Schmid sagte, Kramp-Karrenbauer habe mit „unausgereiften Gedanken, die sie am Anfang der Woche über die Medien in die Öffentlichkeit getragen hat, unsere engsten Verbündeten verstört und dem wichtigen Anliegen einer Befriedigung des Konflikts in Syrien einen Bärendienst erwiesen“. Er fügte hinzu: „Heiko Maas arbeitete an konkreter Hilfe für die Menschen in Syrien, während Annegret Kramp-Karrenbauer sich innenpolitisch zu profilieren versucht.“
Kritik an Maas reißt nicht ab: „Ein peinlicher Moment deutscher Außenpolitik“
Sonntag, 27. Oktober, 09.35 Uhr: Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat den Auftritt von Außenminister Heiko Maas (SPD) in der Türkei scharf kritisiert. „Das ist ein peinlicher Moment deutscher Außenpolitik“, sagte Röttgen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Türkei unternimmt eine völkerrechtswidrige Invasion in Syrien und der deutsche Außenminister reist in die Türkei, um sich bestätigen zu lassen, dass eine internationale Sicherheitszone unter UN-Mandat statt türkischer Besatzung keine gute Idee sei.“
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