Pssst! Geht ja eigentlich keinen was an. Sebastian Vettel ist Vater geworden. Zum dritten Mal. Seine Jugendliebe Hanna, die er in diesem Jahr geheiratet hat, brachte nach zwei Töchtern einen Sohn auf die Welt. Man spricht Vettel besser nicht drauf an. Weder auf die Hochzeit noch auf die Geburt. Vettel ist der Einsiedler unter den Rennfahrern. Wenn es nach ihm ginge, er bespräche mit Reportern nur Rundenzeiten und Reifenmischungen. Beide Ereignisse kamen auch nur ans Licht, weil ihn Kleinigkeiten verrieten. Nicht auf Twitter, das Vettel ablehnt. Doch nach der Hochzeit trug er einen ziemlich analogen Ring. Und zum letzten Formel-1-Rennen in Abu Dhabi reiste er nun mit einem Tag Verspätung an. Das macht er sonst nie.
Es gibt eine Enzo Ferrari zugeschriebene Weisheit, wonach ein Rennfahrer mit jedem Kind eine Sekunde pro Runde langsamer führe als zuvor; die Verantwortung gegenüber der Familie mache sozusagen den Gasfuß leichter. Ferraris Lehre sei Mumpitz, hat schon Kimi Räikkönen, selbst Vater von zwei Kindern, erkannt: „Ich fahre noch schneller, weil ich die Geburt kompensieren muss.“
Drei Kinder wären drei Sekunden. Und drei Sekunden langsamer wird Vettel in der übernächsten Saison auch fahren, sollte er noch dabei sein. Vettel hat die Entschleunigung kritisiert, die alle Piloten erfasst: Denn die Formel 1 hat sich ab 2021 eine Radikalkur verordnet, die ihren Fortbestand in Zeiten von Automobil- und Klimakrise garantieren soll. Sie zappelt und strampelt um ihre Zukunft.
Nein, die Formel 1 stellt nicht etwa um auf elektrische Antriebe, das überlässt sie der Schwesterserie Formel E, die weiterhin nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit kreist. Die Formel 1 macht ihre Autos langsamer, schwerer und billiger, auch etwas prolliger, mit ihren von 13 auf 18 Zoll gewachsenen Rädern. Und: Es soll mehr Überholmanöver geben, indem die Luftverwirbelungen am Heck der Autos so verändert werden, dass es einfacher sein soll zu folgen. In der Theorie.
Dass endlich der seit Ewigkeiten diskutierte Budgetdeckel eingeführt wird, gegen den sich die reichen Teams gewehrt hatten, dürfte in Anbetracht sinkender Gewinne im Geschäft mit Serienautos auch ihnen zugute kommen. Die Profiteure des Deckels, der bei 175 Millionen Dollar liegt, sollen aber die kleineren Rennställe sein, die hoffen, Anschluss zu finden an Mercedes, Ferrari und Red Bull.
Die Kosten für Motorenleasing, Reisen und Spitzenpersonal werden nicht eingerechnet in die 175 Millionen, das zeigt die irre, aber in sich stimmige Logik der Formel 1: Wie sollte Mercedes mit dem Geld auskommen, wenn Lewis Hamilton kolportierte 57 Millionen Dollar im Jahr verdient – also geschätzte 40 Millionen mehr als Daniel Ricciardo, der nach Vettel drittbeste Verdiener?
Bevor 2021 alle sparen, wird 2020 noch einmal richtig geprasst! Die reichen Teams werden so viel Geld in die Entwicklung der Autos für das Folgejahr stecken wie möglich. Es gilt, das Proletariat der Formel 1 abzuhängen, bevor die Gleichmacherei greift. Hamilton erhofft sich ab 2021 „die beste Ära des Rennsports“. Er will, dann 36 Jahre alt, noch dabei sein. Ihn stört nur dies: 2020 wird es 22 Grands Prix geben, also einen mehr. „Und 21 sind schon Hardcore“, findet Hamilton. Der Veranstalter hält 21 für Softcore, plant Saisons mit bis zu 25 Veranstaltungen. Mehr Rennen, mehr Einnahmen!
Dazu passt eine zweite private Geschichte: Valtteri Bottas hat sich scheiden lassen. Er sei seiner Frau „ewig dankbar für die Opfer, die sie für mich bringen musste“. Emilia Bottas kennt die Auswüchse des Leistungssports, sie schwamm bei den Olympischen Spielen in Peking und London. Aber 21 Rennen im Jahr fand auch sie etwas heftig.
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