Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen denkt über eine Abspaltung des vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Flügels“ um Björn Höcke nach. Der Parteichef bestätigte am Abend, dass er eine entsprechende Debatte in der AfD „ohne Denkverbote“ anstoßen wolle. „Ich stelle eine einvernehmliche Trennung als eine mögliche bessere Option in den Raum – keine Spaltung“, sagte Meuthen dazu.
Er hatte eine solche Trennung zuerst in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der nationalkonservativen Online-Plattform Tichys Einblick als Option genannt. Dabei verwies Meuthen darauf, dass der von Höcke angeführte „Flügel“ die AfD massiv Wählerstimmen im bürgerlichen Lager kosten würde. Mit einer Teilung der AfD in zwei Parteien ließen sich hingegen wohl mehr und nicht etwa weniger Wähler erreichen, mutmaßte Meuthen.
Der AfD-Vorsitzende reagiert mit seinem Vorstoß auf die große Unruhe, die in der Partei mit Blick auf den „Flügel“ herrscht. Seitdem dieser vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde, wollen Teile der Partei eine Trennung, andere dagegen weiter mit Höcke und seinen Gefolgsleuten zusammenarbeiten.
Erst vor kurzem hat der Bundesvorstand der AfD beschlossen, dass der rechtsextreme „Flügel“ sich als Organisation bis Ende April auflösen solle. Der „Flügel“ will dieser Forderung nachkommen. Aber auch nach der Auflösung blieben die rechtsextremen Kräfte weiter in der Partei. Dem „Flügel“ werden mehrere tausend Mitglieder der AfD zugerechnet, er dominiert vor allem die ostdeutschen Landesverbände.
Ein Mitglied des Bundesvorstands soll es für einen Aprilscherz gehalten haben
Meuthens Vorstoß hat in der Parteispitze dem Vernehmen nach massive Unruhe und zum Teil heftigen Widerspruch ausgelöst. Er kam für einige offenbar so überraschend und unabgesprochen, dass es ein Mitglied im Bundesvorstand an diesem Mittwoch für einen Aprilscherz hielt.
Meuthen hatte nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung am Montag dem Ehrenvorsitzenden der AfD, Alexander Gauland, diese Trennungsidee nahegebracht. Gauland hat bisher stets eine schützende Hand über den „Flügel“ gehalten und Höcke sowie den zweiten zentralen Vertreter des „Flügels“, Andreas Kalbitz, verteidigt. Kalbitz gehört dem AfD-Bundesvorstand an und führt als Nachfolger Gaulands die AfD in Brandenburg. Gauland soll über Meuthens Idee empört gewesen sein und sie deshalb mit Teilen der Bundestagsfraktion besprochen haben.
Dort stellt sich offenbar auch die Co-Fraktionsvorsitzende von Gauland, Alice Weidel, gegen Meuthen. Aus ihrem Umfeld war zu hören, dass es durch Meuthens Vorstoß im Parteivorstand enormes Konfliktpotential gebe. Ihm werde entgegengehalten, das Geschäft des politischen Gegners zu besorgen, indem er die Teilung der Partei vorschlage. Vor der Bundestagswahl im nächsten Jahr sei es „nicht angesagt, sich in zwei Hälften aufzuteilen“, hieß es.
Die dem Bundesvorstand angehörende Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch forderte am Mittwochabend indessen eine deutliche Abgrenzung von extremistischen Personen. „Die AfD ist keine Westpartei, keine Ostpartei, sondern eine Partei für ganz Deutschland und das wird sie bleiben“, sagte von Storch. Die Partei vereinige „das demokratische Spektrum rechts der Mitte. Sie muss rote Linien zu extremistischen und nicht politikfähigen Personen ziehen. Das ist der richtige Weg – und der einzige.“
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