Coronavirus weltweit: US-Immunologe Fauci warnt vor 100 000 Neuinfektionen pro Tag

Angesichts der rapiden Zunahme der Coronavirus-Neuinfektionen im Süden der USA hat einer der führenden Gesundheitsexperten des Landes vor einer Zuspitzung der Pandemie gewarnt. Falls der Anstieg in den betroffenen Bundesstaaten nicht unter Kontrolle gebracht werden könne, seien landesweit bald bis zu 100 000 Neuinfektionen pro Tag vorstellbar, warnte der Immunologe Anthony Fauci am bei einer Anhörung im Senat.

Ich bin sehr besorgt“, sagte Fauci, der Direktor des nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten ist. „Wir bewegen uns in die falsche Richtung.“ Die Pandemie könne derzeit nur eingedämmt werden, wenn die Menschen in der Öffentlichkeit konsequent Masken trügen und auf ihren Sicherheitsabstand achteten. Wenn sich die Menschen nicht daran halten würden, „werden wir weiter große Probleme haben“, warnte Fauci.

In Texas, Florida, Kalifornien und Arizon versuchen die lokalen Regierungen, der Entwicklung entgegenzusteuern, und pausierten die phasenweise Lockerung von Corona-Auflagen oder machten sie rückgängig.

Johnson kündigt massives Investitionsprogramm an

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson kündigt eine gewaltige Kraftanstrengung an, um das Land gestärkt aus der Corona-Krise zu führen. Er stellte am Dienstag immense Investitionen in Aussicht, insbesondere in die Infrastruktur, damit die heimische Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Viele hätten Angst vor weiteren Ausbrüchen der Krankheit, sagte Johnson in einer Rede. Die Regierung müsse nun aber vorangehen und den Ausweg zeigen. „Wir können nicht einfach weiter nur Gefangene dieser Krise sein“, betonte er. Großbritannien müsse nun „bauen, bauen, bauen“.

„Wenn uns die Covid-Krise eines gelehrt hat, dann ist es dieses: Das Land muss bereit sein für das, was kommt, und wir müssen eine Energie und Geschwindigkeit aufbringen, die wir seit Generationen nicht mehr brauchten“, ergänzte Johnson. Es gehe nun darum, Probleme anzugehen, die das Land seit Jahrzehnten bremsten. Großbritannien sei nicht so produktiv wie viele seiner Mitbewerber. Zwar sei London „die Hauptstadt der Welt“, aber viele andere Landesteile fühlten sich abgehängt und „ungeliebt“.

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Johnson hatte tags zuvor im Radio auf das Beispiel des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt verwiesen, der sein Land mit dem „New Deal“-Programm aus der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre führte. Zu den Reformen gehörten damals kostspielige öffentliche Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Im ersten Quartal war die britische Wirtschaftsleistung bereits um 2,2 Prozent eingebrochen, wie nun veröffentlichte Zahlen des nationalen Statistikamtes ONS zeigen.

Großbritannien ist mit mehr als registrierten 54 000 Todesfällen weltweit eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Johnson steht wegen seiner Krisenpolitik in der Kritik.

Los Angeles meldet „alarmierenden Anstieg“ an Infektionen

Der Bezirk Los Angeles meldet einen „alarmierenden Anstieg neuer Fälle, positiver Testergebnisse und Einlieferungen ins Krankenhaus“, wie die für öffentliche Gesundheit zuständige Direktorin Barbara Ferrer mitteilte. Am Montag seien 2903 neue Infektionen – ein Rekord – und 22 Todesfälle verzeichnet worden. Benötigt würden sofortige Maßnahmen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. So werden Strände geschlossen, auch Fahrradwege, Parkplätze und Piers sind von Freitag bis Montag nicht zugänglich.

Angesichts einer rasanten Zunahme der Neuinfektionen hat auch der südwestliche US-Bundesstaat Arizona eine Lockerung seiner Corona-Auflagen wieder rückgängig gemacht. Gouverneur Doug Doucey erklärte, Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern seien nun wieder verboten – und das nur eine Woche nach einem großen Auftritt von US-Präsident Donald Trump in Arizona. Douceys Anordnung gilt zunächst bis Ende Juli. Bars, Fitnesszentren und Kinos in Arizona müssen demnach wieder schließen.

Mehr als eine halbe Million Corona-Tote weltweit

Die Zahl der Coronavirus-Toten weltweit hat den Stand von 500 000 überschritten. Am Sonntagabend wurden insgesamt 500 108 Corona-Tote verzeichnet, teilten Forscher der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore mit, die weltweit die verfügbaren Daten sammelt. Etwa einer von vier Todesfällen wurde in den USA registriert.

Allein im US-Bundesstaat Florida wurde ein Anstieg der Infektionen um mehr als sechs Prozent gemeldet. Insgesamt stiegen die US-Fälle um 1,7 Prozent. In den USA, einem Land mit etwa 330 Millionen Einwohnern, haben sich der Universität zufolge mindestens 2,5 Millionen Menschen mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Mehr als 125 700 Menschen sind nach einer Infektion gestorben. Damit sind mehr US-Bürger nach einer Covid-19-Infektion gestorben als im Ersten Weltkrieg – damals sind etwa 117 000 US-Amerikaner gefallen.

Angesichts weiter steigender Infektionszahlen nimmt Kalifornien einige Lockerungen zurück. Gouverneur Gavin Newsom ordnete für sieben Bezirke – darunter Los Angeles – die Schließung von Bars an. Dies gelten in den USA als häufige Infektionsherde. Am Freitag schlossen Texas und Florida gleich alle Bars. Kalifornien ist mit fast 40 Millionen Einwohnern – grob halb so viele wie Deutschland – der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat. Bisher sind weltweit mehr als zehn Millionen Infektionen gemeldet worden.

Das Land mit der zweithöchsten Zahl von Corona-Toten ist Brasilien. Dort wurden bisher mehr als 57 000 Opfer gezählt. Etwa einer von neun registrierten Infizierten ist dort verstorben. Nach Angaben des brasilianischen Gesundheitsministeriums sind in den vergangenen 24 Stunden 30 476 neue Infektionen und 552 weitere Todesfälle verzeichnet worden. Insgesamt gebe es damit mehr als 1,34 Millionen bekannte Fälle und 57 622 Todesfälle. Großbritannien verzeichnet 43 600 Todesopfer. Auch in Japan gibt es wieder vermehrt Infektionen, nachdem vergangenen Monat der Ausnahmezustand aufgehoben wurde.

Australien verzeichnet den größten Anstieg neuer Fälle seit etwa zwei Monaten. Der Bundesstaat Victoria gibt 75 neue Infektionen in den vergangenen 24 Stunden bekannt. Zwar fehlten zunächst Zahlen aus mehreren anderen Landesteilen. Der Anstieg ist jedoch schon jetzt der größte in Australien seit dem 11. April. Victoria erwägt nun die Wiedereinführung von Beschränkungen wie einem Abstandsgebot, sagen Gesundheitsbehörden. Die Maßnahmen waren ab Mai gelockert worden.

Maas: Der UN-Sicherheitsrat steht kurz vor der Handlungsunfähigkeit

Deutschland will einen neuen Vorstoß für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zur Corona-Pandemie starten. Es sei ein „Armutszeugnis“ für den Sicherheitsrat, dass er sich bei diesem wichtigen globalen Thema bisher nicht einig geworden sei, sagte Außenminister Heiko Maas in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Es kann nicht sein, dass der Sicherheitsrat sprachlos bleibt, wenn die ganze Welt es mit einer solchen Pandemie zu tun hat.“

Deutschland übernimmt am 1. Juli für einen Monat den Vorsitz in dem wichtigsten UN-Gremium. Eine Corona-Resolution ist bisher an einem Streit zwischen den USA und China gescheitert, in dem es vor allem um die Rolle der Weltgesundheitsorganisation WHO geht. US-Präsident Donald Trump wirft der WHO vor, im Sinne Chinas zu handeln, und will sie nicht in einer Resolution erwähnt sehen.

„Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass der Sicherheitsrat kurz vor der Handlungsunfähigkeit steht“, sagte Maas. „In den großen, aktuellen Krisen wie Syrien oder Corona wird der Sicherheitsrat nicht mehr den Ansprüchen gerecht, die man an ihn haben müsste. Es gibt eine dauerhafte Selbstblockade – mal von der einen, mal von der anderen Seite.“ Maas forderte China und die USA auf, ihre Differenzen bei einem so globalen Thema wie Corona zurückstellen.

Chinas Wirtschaft erholt sich offenbar

Da sich das Coronavirus zuerst in China verbreitete, war die chinesische Wirtschaft auch die erste, die massiv unter den Folgen der Viruserkrankung litt. Nun mehren sich aber die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung. Die Gewinne der Industriefirmen des Landes sind nach Angaben der chinesischen Statistikbehörde erstmals seit sechs Monaten wieder gestiegen und liegen im Mai im Schnitt um sechs Prozent höher als im Mai 2019.

In den ersten fünf Monaten des Jahres lagen die Gewinne insgesamt aber noch fast 20 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraumes. Die Statistiker warnen, die Nachfrage bleibe in der Epidemie relativ schwach, und man müsse beobachten, ob das Gewinnwachstum aus dem Mai dauerhaft sei.

Die Zentralbank signalisierte weitere Hilfe über niedrige Zinsen, da die globalen Effekte der Krise weiter spürbar seien. Auch die Planungsbehörde verlängerte die Preissenkung für Strom von fünf Prozent bis Ende des Jahres.

Dass die Geschäfte der Industrie im Mai gut liefen, führte die Statistikbehörde vor allem auf höhere Erlöse der Schlüsselindustrien Öl, Chemie und Stahl sowie der Kraftwerke zurück. Dabei hätten auch die staatlichen Hilfen eine Rolle gespielt.

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