Besser als dieser Impfgipfel wäre eine handlungsfähige Taskforce

Anstatt zügig zu impfen, wird heute wieder übers Impfen gesprochen. Auf einem weiteren der unzähligen Gipfel. Wir sollten realistisch sein und unsere Erwartungen an dieses Treffen herunterschrauben. Denn das ist kein Spitzengespräch, sondern eine Massenveranstaltung, mit Vertretern von Bund, Ländern, der EU und Pharmaherstellern.

In einem solchen Format kann man sich austauschen, Transparenz schaffen, zum x-ten Mal erklären, was alles nicht läuft, und Forderungen formulieren. Aber man kann sich so nicht effizient beraten und schon gar keine wirklich schnell wirksamen Entschlüsse fällen. Doch genau das brauchen wir jetzt.

Die Infektionswerte sinken zwar, gleichzeitig wächst die Ratlosigkeit. Jeden Tag sterben Menschen, die noch leben könnten, wenn es einen Plan gäbe – aber es gibt keinen. Allen Ernstes fordern Spitzenpolitiker wie Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller nun einen „nationalen Impfplan“ – knapp einen Monat nach Beginn der Impfaktion, Monate nachdem Verträge über die Lieferungen von Impfstoff abgeschlossen wurden. Sie sollen ihn nicht fordern, sie sollen diesen Plan machen. Und umsetzen. Das ist ihr Job.

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Meinung Vor dem Impf-Gipfel

Nötig sind dafür Gremien, die in einem Ausnahmezustand wie derzeit handlungsfähig sind, effizient, wirksam, reaktionsschnell: eine Taskforce, ein Krisenreaktionszentrum – bundesweit und EU-weit.

Das ist kein Plädoyer dafür, dass eine kleine Gruppe hinter verschlossenen Türen und ohne Einspruchsmöglichkeiten Entscheidungen trifft, die über Leben und Tod entscheiden und die den Alltag von Millionen Menschen beeinflussen. Aber gerade in Zeiten eines Notstandes, und den haben wir, muss Politik – konkret die Bundesregierung – führen, Entscheidungen fällen, diese umsetzen und das auch gegen Widerstände und Kritik. Natürlich kontrolliert von den Volksvertretern – dem Parlament.

Was wäre die Alternative? Weiter „auf Sicht fahren“, die Fortsetzung der Gipfeldiplomatie? Klar ist, dass nach der zweiten Corona-Welle eine dritte und vierte kommen wird, auch wenn wir nicht wissen, wie dramatisch die ausfallen. Dass auf Corona weitere Pandemien folgen können und Krisen in ganz anderem Ausmaß. Und darauf scheinen Deutschland und Europa nicht gut vorbereitet zu sein. Wortreiche, aber planlose Runden, nach deren Ende jeder nach Hause geht und macht, was er will, sind jedenfalls keine Lösung.

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