Ein körperlich anwesendes Publikum, dröhnender Jubel, echte Emotionen: Die anstehenden Australian Open vor einem Massenpublikum in Melbourne werden in der gegenwärtigen Corona-Realität ein besonderes Ereignis. Wie der Sportminister des australischen Bundesstaats Victoria sagte: die erste Massenveranstaltung mit globalem Rang, „die die Welt seit vielen, vielen Monaten gesehen hat“.
Aber nicht nur das: Das Tennisturnier bietet auch eine Gelegenheit für den Gastgeber, seine Erfolge im Kampf gegen das Coronavirus zu präsentieren. Während die Menschen in Deutschland unter einem anhaltenden Lockdown ausharren, kehrt in „Down Under“ das Leben wieder zurück. „Alles in allem fühlt es sich in Melbourne sehr normal an“, sagt Sharon Lewin, Direktorin des Peter-Doherty-Instituts für Infektionen und Immunität in der Hauptstadt des Staats Victoria, der F.A.Z. Die neben den Einschränkungen der Auslandsreisen noch verbleibenden Restriktionen seien nicht sehr streng.
In einer Rangliste des renommierten Lowy Institute in Sydney liegt Australien unter den zehn Ländern mit der besten Corona-Reaktion auf Platz acht. Das Nachbarland Neuseeland steht sogar an der Spitze von fast einhundert Ländern. In Deutschland wird Australien deshalb auch immer wieder in einer Reihe mit Staaten genannt, die mittelfristige Erfolge im Kampf gegen die Pandemie erreicht haben. Die Anhänger von „No Covid“ und „Zero Covid“ orientieren sich am Beispiel Australiens und Neuseelands. Anders als ebenfalls erfolgreiche Länder Ostasiens handelt es sich um Demokratien mit westlich geprägter Kultur. Skeptiker zweifeln jedoch daran, dass sich die Erfahrungen dieser beiden Inselstaaten, die über weniger Einwohner und eine geringere Bevölkerungsdichte verfügen, auf Europa übertragen lassen.
Was ist das Besondere an der australischen Strategie?
Laut Sharon Lewin habe der Erfolg Australiens schon damit begonnen, dass die Regierung dem Virus vor einem Jahr früh Aufmerksamkeit geschenkt habe. Von Anfang an sei die Wissenschaft eingebunden gewesen. Entscheidend sei aber auch die frühe Schließung der Grenzen gewesen. „Und wir hatten von Beginn an eine hohe Testkapazität, die mit der Zeit noch besser wurde, sowie aggressive Kontaktverfolgung, die in manchen Landesteilen wie Sydney sehr gut war, in Melbourne allerdings nicht so gut“, sagt Lewin. Einreisende aus dem Ausland müssen zudem schon seit der Frühphase der Pandemie zwei Wochen in einem Hotel in Quarantäne verbringen.
Dies seien allerdings die Dinge, die vor allem in der ersten Welle geholfen hätten, sagt Lewin. Die Welle war mit damals 7000 infizierten Personen nicht besonders groß. Ein starker Anstieg der lokalen Infektionen kam mit der zweiten Welle, die mitten im australischen Winter Melbourne und benachbarte Gebiete Victorias traf. Das Virus verbreitete sich vor allem in Krankenhäusern, Altenheimen und in Wohngebieten sozial schwacher Bevölkerungsteile.
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