Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, die Bundesnotbremse zur Bekämpfung der Coronavius-Pandemie nach jetzigem Stand nicht über den 30. Juni hinaus verlängern zu wollen. „Sie kann auslaufen jetzt“, sagte Merkel im Hinblick auf die derzeitige Entwicklung des Infektionsgeschehens. Die Regelung sieht Ausgangssperren und Schulschließungen ab bestimmten Inzidenzen automatisch vor. Merkel mahnte aber dennoch zur Vorsicht: „Sollte sich etwas entwickeln durch Mutationen, was wir alles nicht hoffen, dann können wir das jederzeit reaktivieren.“
Auch Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will die Corona-Einschränkungen ab Juli deutlich zurückfahren, weil die Neuansteckungen mit dem Coronavirus zuletzt deutlich gesunken seien und das Wetter besser werde, sagte Scholz in Berlin. Die Vorgaben für mehr Homeoffice in Unternehmen müssten aber weiterbestehen. „Wir müssen vorsichtig bleiben“, sagte der Vize-Kanzler.
Der Vorsitzende des Bundestagsgesundheitsausschusses hält es dagegen für nötig, die Bundesnotbremse über Ende Juni hinaus zu verlängern. „Vor allem aufgrund der Virusvariationen halte ich es für sinnvoll“, sagte der CDU-Politiker Erwin Rüddel der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Wenn die Inzidenzen so niedrig bleiben, greift die Notbremse nicht, und wir alle genießen wieder größtenteils unsere Freiheiten. Wenn die Inzidenzen allerdings wieder ansteigen, ist es wichtig, dass schnell reagiert werden kann, um die Zahlen im Griff zu behalten.“
Die Notbremse gilt seit 23. April. Erstmals wurde damit bundeseinheitlich geregelt, dass in Städten und Landkreisen ab einem Inzidenzwert von 100 zahlreiche Kontaktbeschränkungen gelten. Besonders umstritten war die Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 5 Uhr. Schulen müssen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 geschlossen werden. Als die Notbremse beschlossen wurde, lag die Inzidenz bundesweit im Durchschnitt bei gut 160. Aktuell sind es etwa 35 – entsprechend sind bereits viele Lockerungen in Kraft. (31.05.2021)
Bundesweite Inzidenz steigt leicht auf 35,2
Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet am Dienstagmorgen 1785 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 126 Fälle weniger als eine Woche zuvor. 153 Menschen starben in diesem Zeitraum an einer Corona-Infektion. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt leicht auf 35,2. Am Tag zuvor betrug der Wert 35,1. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 88 595. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,68 Millionen Corona-Tests positiv aus.(01.06.2021)
Gericht in Berlin ordnet Präsenzunterricht an
Nach einer Schlappe vor dem Verwaltungsgericht will Berlin nun doch noch vor den Sommerferien zum Regelbetrieb in den Schulen zurückkehren. Das gab Bildungssenatorin Sandra Scheeres am Montagabend bekannt. „Die Richter sehen das Festhalten am Wechselunterrichten als nicht mehr verhältnismäßig an“, sagte die SPD-Politikerin in einer Mitteilung.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Berlin zwei Eilanträgen von Eltern stattgegeben, deren Erstklässlerkinder im Wechsel bei halbierter Klassenstärke unterrichtet werden. Sie können Vollbeschulung beanspruchen. Der Spielraum bei der Wahl der notwendigen Schutzmaßnahmen sei im Verlauf der Pandemie wegen fortschreitender Impfungen und Testmöglichkeiten geringer geworden, so das Gericht. Wechselunterricht dürfe nur angeboten werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 100 überschreite. Der Bund habe damit Maßstab und Schwellenwerte bestimmt, das Land Berlin habe seinen Spielraum überschritten. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. (31.05.2021)
In Verruf geratene Testfirma muss Stationen abbauen
Die Baumarktkette Hellweg, die dem Bochumer Unternehmen MediCan kostenlos Parkplatzflächen für deren Testzentren zur Verfügung gestellt hatte, zieht die Konsequenzen aus den Betrugsvorwürfen gegen das Testunternehmen: MediCan sei „mit sofortiger Wirkung die Erlaubnis entzogen“ worden, die Parkplätze zu nutzen, teilte eine Hellweg-Sprecherin der SZ mit. An einigen Testzentren sei der Betrieb bereits am Montag eingestellt worden.
Auch das Universitätsklinikum Düsseldorf hat MediCan den Nutzungsvertrag für ihre Räume gekündigt. „Gerade im Bereich eines Krankenhauses muss ein tiefes Vertrauen in die Testangebote vor Ort bestehen. Dies ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen nicht mehr gewährleistet“, heißt es in einer Mitteilung des Klinikums, die am Montagabend herausgegeben wurde.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Verantwortliche von MediCan und hat in der vergangenen Woche Arbeitsräume durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Die Behörde reagierte damit auf Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, die ans Licht gebracht hatten, dass wesentlich mehr Schnelltests an die Behörden gemeldet als tatsächlich durchgeführt wurden.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern planen unterdessen schärfere Vorgaben für Testzentren. Um Betrug zu erschweren, könnten zum Beispiel die Sachkosten, die die Unternehmen für eine bestimmte Zahl von Testkits aufbringen müssen, von den Kassenärztlichen Vereinigungen mit den abgerechneten Tests verglichen werden. Außerdem ließen sich die Finanzämter einbinden. Dann würden über die Steuer-Identifikationsnummer die abgerechneten Tests mit den angegebenen Umsätzen abgeglichen. (31.05.2021)
Ermittlungen gegen Teststelle in Gießen
Wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges ermitteln die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft gegen eine Corona-Teststelle in Gießen. Zwei Männern wird vorgeworfen, gefälschte PCR-Testergebnisse übersandt und pro Test zu Unrecht 79,90 Euro kassiert zu haben, wie die Ermittler am Montag mitteilten.
Bislang gehe es um etwa 177 Verdachtsfälle mit einem potenziellen Schaden von etwa 14 000 Euro. Einer der Beschuldigten, ein Mitarbeiter der Teststation in der Gießener Innenstadt, räumte demnach ein, gefälschte Laborbefunde verschickt zu haben. Ob und inwieweit der Betreiber des Zentrums in die Vorgänge involviert gewesen sei, muss noch ermittelt werden.
Ende der vergangenen Woche hatte ein Zeugenhinweis die Ermittlungen ins Rollen gebracht. „Eine getestete Person teilte der Polizei mit, dass sie ihr negatives PCR-Testergebnis via Whatsapp erhalten habe und dieses offenbar mit einer falschen Uhrzeit versehen war“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen. Zudem habe laut dem Zeugen in bar bezahlt werden müssen. Die weiteren Untersuchungen hätten ergeben, dass es sich um einen falschen Laborbefund handele. Es folgten Durchsuchungen, bei denen diverse Beweismittel sichergestellt worden seien, darunter eine vierstellige Summe Bargeld, Speichermedien und ein Exemplar eines „augenscheinlich gefälschten Laborberichts“.
Ein Großteil der bislang bekannten, in dem Zentrum getesteten Personen konnten der Mitteilung zufolge von der Polizei erreicht und über die fehlende Aussagekraft der angeblichen PCR-Testergebnisse informiert werden. Die Ermittler bitten weitere mögliche Zeugen, sich zu melden. (31.05.2021)
Karliczek: 350 000 Long-Covid-Patienten
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) geht davon aus, dass in Deutschland etwa 350 000 Menschen an Spätfolgen einer Corona-Infektion leiden, das seien etwa zehn Prozent aller an Covid-19 Erkrankten. „Ich finde das ist eine unglaublich hohe Zahl“, sagte Karliczek in Berlin.
Die Ministerin sprach von etwa 50 verschiedenen und „sehr individuellen“ Symptomen. Patienten hätten etwa wiederkehrende Kopfschmerzen, litten unter extremer Erschöpfung oder Konzentrationsschwierigkeiten und könnten nicht mehr zur Arbeit gehen. Experten sprechen vom „Post-Covid-Syndrom“, umgangssprachlich ist auch von „Long Covid“ die Rede. Die genannten Spätfolgen können demnach unabhängig davon auftreten, ob jemand einen leichten oder schweren Krankheitsverlauf hatte. Für die weitere Erforschung stellt das Bundesforschungsministerium nach Karliczeks Angaben nun zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung. Das sei nur der erste Schritt, sagte sie. „Long Covid wird für unser Gesundheitswesen enorme Folgen haben. Wir stehen vor einer großen Herausforderung und auch vor einem ernstzunehmenden Kostenpunkt.“
Stefan Schreiber, Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Karliczek: „Das ist nicht nur einfach eine Verlängerung von Covid.“ Die Betroffenen litten sechs bis zehn Monate nach der Infektion an nennenswerten Symptomen. Er sprach von einem „eigenständigen Krankheitsbild“. (31.05.2021)
Curevac plant schnellstmöglich Zulassungsantrag für Impfstoff
Das Biotechunternehmen Curevac plant nach den im Juni erwarteten Daten zur Wirksamkeit seines Covid-19-Impfstoffs „schnellstmöglich“ einen Zulassungsantrag bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Das erklärte eine Firmensprecherin am Montag. Curevac hatte bislang den Antrag für eine bedingte Marktzulassung seines Vakzins in der Europäischen Union im zweiten Quartal angestrebt.
Am Wochenende hatte das Unternehmen nach einer Zwischenanalyse mitgeteilt, dass die entscheidende klinische Studie mit dem Impfstoff gemäß Studienprotokoll voranschreitet, es weiter keine Sicherheitsbedenken gibt und die Studie fortgesetzt werden soll. „Als Firma hatten und haben wir nach wie vor keinerlei Einblick in die Daten“, erklärte die Sprecherin. „Wir rechnen nach wie vor noch im zweiten Quartal, sprich im Juni, mit einem Studienupdate zur Wirksamkeitsanalyse.“ (31.05.2021)
RKI: Bald 50 Millionen Impfungen in Deutschland erreicht
Die Zahl der verabreichten Corona-Impfungen nähert sich der Marke von 50 Millionen an. Dem Robert-Koch-Instituts zufolge sind bis einschließlich Sonntag seit Beginn der Impfkampagne 49,9 Millionen Impfungen verabreicht worden.
14,6 Millionen Menschen sind inzwischen vollständig geimpft. 35,8 Millionen haben zumindest die erste Impfung erhalten. Je nach Bundesland variiert die Impfquote. Die höchste Quote an mindestens Erstgeimpften verzeichnet das Saarland mit 46,2 Prozent. Sachsen liegt mit 37,9 Prozent etwas hinter den anderen Bundesländern zurück, dort gibt es jedoch relativ viele Zweitimpfungen. Während das Saarland auch dann an der Spitze liegt, wenn Erst- und Zweitimpfungen berücksichtigt werden, läuft die Kampagne laut RKI in Brandenburg am langsamsten. (31.05.2021)
Debatte um Kontrolle privater Testzentren – Bundesregierung will Verordnung verschärfen
Nach dem mutmaßlichen Abrechnungsbetrug in privaten Corona-Testzentren ist ein Streit darüber entbrannt, wer hier künftig kontrollieren soll. Die Bundesregierung will als Konsequenz aus den Betrugsvorwürfen die Verordnung ändern, in der das geregelt ist. Das sei das Ergebnis der Beratungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit seinen Länderkollegen am Montag, teilt ein Sprecher des Ministeriums in Berlin mit.
Spahn sieht lokale Behörden in der Pflicht, etwa die Gesundheitsämter oder die Ordnungsämter. Zudem müssten sich die Kassenärztlichen Vereinigungen die Abrechnungen der Testzentren genauer angucken. „Ich kann nicht aus Berlin heraus die Testzentren kontrollieren“, sagte der CDU-Politiker in der Talkshow von Anne Will. Zusätzlich wolle er die Finanzämter einschalten. Zudem sollen künftig Testzentren weniger abrechnen können, weil die Marktpreise gesunken seien, fügte Spahn hinzu.
Der Städte- und Gemeindebund ist jedoch der Ansicht, dass der Bund als Auftraggeber der Test für Kontrollen verantwortlich ist. „Die Gesundheitsämter der Kommunen können das nicht auch noch tun, die sind schon völlig überlastet“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Rheinischen Post. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hingegen forderte ihrerseits die Gesundheitsämter auf, die Abrechnungen der Bürgertests vor Ort zu kontrollieren. Am Wochenende war nach Recherchen von SZ, NDR und WDR bekannt geworden, dass es in Nordrhein-Westfalen und Bayern zahlreiche Fälle von Abrechnungsbetrug bei Bürgertests gegeben hat. (31.05.2021)
Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt wegen Betrug bei Testzentren
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum hat Ermittlungen aufgenommen. Ermittelt werde gegen zwei Verantwortliche eines in Bochum ansässigen Unternehmens, das an mehreren Standorten Teststellen betreibe. Anlass der Ermittlungen waren Recherchen von SZ, NDR und WDR: Der Staat zahlt für jeden Corona-Schnelltest 18 Euro – ohne nach Belegen für die Leistungen zu fragen. Die Recherchen zeigen in einem Fall, wie überhöhte Testzahlen gemeldet wurden. Im Ruhrgebiet wurden nun Geschäftsräume und Privatwohnungen durchsucht. Dabei seien auch Unterlagen beschlagnahmt worden.
Die SPD hat Spahn vehement kritisiert. Carsten Schneider, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Samstag: „Nach den Masken jetzt die Schnelltests. Das Managementversagen im Gesundheitsministerium hat inakzeptable Ausmaße angenommen.“ Spahn habe Warnungen und Hinweise von Abgeordneten der Koalitionsfraktionen hinsichtlich der Tests ignoriert. „Er trägt die Verantwortung für den verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler und muss die Selbstbedienung unverzüglich beenden.“ (29.05.2021)
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