Vorschau für Sonntag: Erstes Tennis-Gold seit 29 Jahren winkt! Die deutschen Highlights am neunten Olympia-Tag
Olympia in Tokio – das bedeutet vor allem viele Höhepunkte nachts oder früh morgens. FOCUS Online hilft Ihnen, den Überblick zu behalten. Der neunte Tag bietet gleich zwei Chancen, um deutsche Sportgeschichte zu schreiben.
Olympia in der Nacht und zum Frühstück. Sie fragen sich: Wann muss ich denn vor dem Fernseher/Computer sitzen, um die Höhepunkte mitzubekommen? Hier ist der deutsche Highlight-Guide für Sonntag, 01. August.
02.35 Uhr: Deutsche Hockey-Herren sind nach Stolper-Start zurück
Ein bisschen holprig sind sie ja schon ins Olympische Turnier gestartet, die deutschen Hockey-Herren. Doch mit dem 3:1 gegen Europameister Niederlande setzte das DHB-Team zum Ende der Vorrunde noch einmal ein echtes Ausrufezeichen. Zum Auftakt der K.o.-Phase geht es nun gegen Argentinien – in dieser Form eine absolut machbare Aufgabe.
„Wir wollen Sonntag gewinnen, auf dieses Spiel warten wir schon sehr lange, und dafür haben wir uns heute die nötigen Prozente geholt“, sagte Kapitän Tobias Hauke über den „mental wichtigen“ Erfolg gegen die Niederlande. „Ich habe es vor dem Turnier schon gesagt: Wenn wir an unsere Leistungsgrenze gehen so wie heute, dann sind wir in der Lage alle Mannschaften zu schlagen.“ Die erste Aufgabe wartet in der Nacht zum Sonntag.
Ab 03.30 Uhr: Erste Gold-Chance! Doppel-Weltmeister muss deutsche Schwimmer-Ehre retten
Gibt’s einen goldenen Abschluss für Deutschlands Beckenschwimmer? Einen Tag nach dem ärgerlichen vierten Rang über 800 Meter Freistil sicherte sich der deutsche Goldkandidat Florian Wellbrock als Vorlaufdritter über 1500 Meter eine der begehrten Mittelbahnen für den finalen Wettkampftag der Beckenschwimmer am Sonntag. „Es bleibt spannend“, sagte der 23 Jahre alte Doppel-Weltmeister am Freitag lediglich.
Das stimmt wohl. Die deutschen Beckenschwimmer dürfen dank Wellbrock nach einer eher dürftigen Medaillen-Ausbeute noch mit einem versöhnlichen Olympia-Ende liebäugeln. Aber die Konkurrenz um Olympiasieger Gregorio Paltrinieri ist groß.
Wellbrock triumphierte bei der WM 2019 in Südkorea als Erster im Becken und über zehn Kilometer im Freiwasser. Ein solcher Coup bei Olympia hätte eine weitaus größere Dimension. Britta Steffen bejubelte vor 13 Jahren in Peking als Doppel-Olympiasiegerin das letzte deutsche Schwimmer-Gold. Bei den Herren wartet der Deutsche Schwimm-Verband seit Michael Groß vor 33 Jahren auf den Klang der Hymne bei einer olympischen Siegerehrung. Damals gewann auch Uwe Daßler Gold für die DDR. Und jetzt?
Ab 07.30 Uhr: Wütender deutscher Segel-Weltmeister kämpft um letzte Chance
Philipp Buhl ist amtierender Segel-Weltmeister in der Laser-Disziplin – und mächtig sauer auf sich selbst. Nur mit einem Sieg im zehnten und letzten Rennen vor dem sogenannten „Medal Race“ konnte der 31-jährige Allgäuer noch eine Rest-Chance auf Edelmetall wahren, zu unbeständig waren zuvor die Leistungen.
Nun startet Buhl am Sonntag als Fünfter mit 14 Punkten Rückstand auf Silber und mit elf Zählern Abstand auf Bronze ins doppelt gewertete Medaillenfinale der besten Zehn. Den Olympiasieg hat sich der Australier Matthew Wearn bereits uneinholbar gesichert. Er muss das Finale nur noch bestreiten. „Es ist vieles schlecht gelaufen bei dieser olympischen Serie“, sagte Buhl. „Das Gute: Ich bin trotzdem noch Fünfter, stehe im Finale und habe sogar noch eine kleine Chance auf eine Medaille.“
Nochmal ein bisschen besser läuft es für die 49erFX-Seglerinnen Tina Lutz und Susann Beucke: Das bayerisch-norddeutsche Duo verbesserte sich auf Platz fünf und wahrte drei Rennen vor dem Finale ebenfalls seine Medaillenchancen. Am Sonntag ab 08.30 Uhr stehen für Lutz und Beucke die letzten drei Rennen vor dem „Medal Race“ am Dienstag an. Weil es an der Spitze eng zugeht, ist sogar noch die Goldmedaille drin. Es wäre das erste Segel-Gold für Deutschland seit den Olympischen Spielen in Atlanta 1996.
Vermutlich ab 10.00 Uhr: Alex Zverev will mit Tennis-Gold Geschichte schreiben
Ein Sieg fehlt zu Gold und zu deutscher Tennis-Geschichte: Alexander Zverev kann sich am Sonntag im Endspiel gegen den russischen Überraschungsfinalisten Karen Chatschanow zum ersten deutschen Olympiasieger im Herren-Einzel küren. „Du bist ja wahnsinnig geworden“, rühmte Sportikone Boris Becker in einer via Eurosport verbreiteten Grußbotschaft und ermunterte „Teufelskerl“ Zverev nach dem Sieg gegen den Serben Novak Djokovic: „Nur da gibt’s ein Problem: Du musst noch ein Spiel spielen. Silber hast du sicher, jetzt hol Gold für Deutschland nach Hause!“
Mit einer irren Wende und einem Weltklasse-Auftritt hatte der 24-jährige Hamburger gegen den dominanten Tennisstar dieser Saison ein Olympia-Halbfinale der Extraklasse abgeliefert. Und die Tränen nicht zurückhalten können. „Ich bin bereit, alles zu geben, um am Sonntag die Goldmedaille für Deutschland zu holen“, kündigte Zverev an. Wie emotional wird nun sein finaler Tokio-Auftritt?
Die letzten deutschen Gold-Erfolge im Tennis liegen lange zurück. Becker und sein ewiger Rivale Michael Stich taten sich 1992 in Barcelona zusammen und holten Gold im Doppel. Und Legende Steffi Graf veredelte ihr absurd dominantes Jahr 1988, als sie alle vier Grand-Slam-Turniere gewann, mit der Goldmedaille in Seoul. Diesen sogenannten „Golden Slam“ wollte der Weltranglistenerste Djokovic dieses Jahr in Tokio wiederholen, doch er verlor. Gegen Zverev. Der kann sich jetzt in die Ahnenreihe des deutschen Tennis einreihen.
12.30 Uhr: Deutsche Handball-Herren müssen „höllisch aufpassen“
Nominell befinden sich die deutschen Handball-Herren noch in der Gruppenphase. Doch Bundestrainer Alfred Gislason hat das abschließende Gruppenspiel gegen Brasilien am Sonntag zum Achtelfinale deklariert. „Ja, kann man sagen. Das ist für uns schon ein Knock-Out-Spiel“, sagte Gislason am Samstag: „Wir müssen höllisch aufpassen und zusehen, dass wir das Spiel gewinnen und den dritten Platz in der Gruppe holen.“
Die Ausgangsposition ist klar. Trotz des überzeugenden 28:23-Erfolgs gegen den EM-Dritten Norwegen benötigt das deutsche Team noch einen Punkt, um sicher das Viertelfinale zu erreichen. Denn sollte Norwegen am Sonntag gegen Frankreich mindestens einen Punkt holen und die DHB-Auswahl verlieren, wäre Deutschland ausgeschieden. „Von daher ist das ein Ausscheidungsspiel“, sagte Gislason. Man dürfe den Gegner „auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen“.
Brasilien belegt mit 2:6 Punkten momentan den fünften Platz in der Vorrundengruppe A, Norwegen hat als Vierter wie die deutsche Mannschaft 4:4 Zähler auf dem Konto. Der Anreiz: Gewinnt die deutsche Mannschaft am Sonntag, würde sie in der K.o.-Runde dem Erstplatzierten der parallel spielenden Gruppe B – voraussichtlich Rio-Olympiasieger und Weltmeister Dänemark – aus dem Weg gehen. „Das ist unser Ziel“, sagte Gislason.
14.50 Uhr: Nächster Usain Bolt gesucht
Es muss frustrierend sein, als Leichtathlet in derselben Ära wie Usain Bolt geboren worden zu sein. Von 2008 bis 2016 dominierte der Jamaikaner die olympischen Laufdisziplinen mit acht Goldmedaillen nach Belieben. Jetzt jedoch ist Bolt Vergangenheit – und neue Gesichter können Geschichte schreiben.
Ein deutscher Name ist im 100-Meter-Finale der Männer zwar nicht dabei. Doch das Teilnehmerfeld im Finale verspricht Spannung: Die USA hoffen auf Trayvon Bromell, Ronnie Baker oder Fred Kerley, nachdem Weltmeister Christian Coleman wegen Dopings gesperrt ist. Der Kanadier Andre de Grasse, Drittplatzierter von Rio 2016, ist derzeit formschwach, sollte aber nie abgeschrieben werden. Und dem Italiener Lamont Marcell Jacobs sowie dem Südafrikaner Akani Simbine trauen Experten eine Überraschung zu. Vielleicht darf sich einer von ihnen am Sonntag Olympiasieger nennen.
flr/mit dpa/sid
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