Ärger wegen Corona-Boostern: Warum werden gerade so viele Impfwillige nach Hause geschickt?

Es war eine kurze Fahrt. Am Montagmorgen hat die Stadt Frankfurt die Neuauflage des sogenannten Impfexpresses vorgestellt – zwei Straßenbahnen, die durch Frankfurt fahren und in denen sich bis zu vierhundert Menschen am Tag ohne Anmeldung impfen lassen können. „Einfacher kann man sich nicht vor dem Coronavirus schützen“, hatten die Verkehrsbetriebe bei der Einführung geworben. Also rollten die Bahnen durch die Stadt und hielten aufgrund des großen Andrangs an den Haltestellen Zoo und Lokalbahnhof, wo weitergeimpft wurde. Doch schon am Dienstag musste der Impfexpress pausieren. Auch andere Sonderimpfaktionen in der Stadt wurden abgesagt.

„In den nächsten Tagen geht uns der Impfstoff aus. Wir bestellen, was wir brauchen, und bekommen nicht genug geliefert“, sagt der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts, Peter Tinnemann. Die Stadt teilt mit, die Liefersituation sei „dramatisch“. Statt der bestellten 19 380 Dosen bekomme Frankfurt diese Woche nur rund 6000 Impfdosen von Biontech und maximal 4000 Dosen von Moderna. „Wir sind in einer Situation, dass wir Menschen, die sich impfen lassen möchten, wegschicken müssen und dies angesichts der brisanten Infektionslage und mit einer neuen Mutation im Lande“, sagt Frankfurts Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne). „Ganz Frankfurt ist stinksauer auf Berlin – und mir fehlen ehrlich gesagt die Worte“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).

Man appelliere an die Menschen, sich impfen zu lassen, und dann fehle es an Impfstoff. „Und das in einer Situation, in der die Infektionszahlen nur eine Richtung kennen – steil nach oben.“ Feldmann fordert die Bundesregierung auf, die bestellten Impfstoffmengen in vollem Umfang und schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen.

Corona-Patienten belegen mehr als ein Fünftel der Intensivbetten

Die vierte Welle der Corona-Pandemie trifft Deutschland mit voller Wucht. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag am Mittwochmorgen bei 442,9 und auf den Intensivstationen lagen am Dienstag 4646 Covid-19-Patienten – sie belegen inzwischen mehr als jedes fünfte Bett. Die Unsicherheit, die mit der neuen Variante Omikron einhergeht, lässt die Aussichten nicht besser erscheinen. Vom Bund und aus den Ländern heißt es, nur das Impfen könne auf lange Sicht gegen das Virus helfen – am Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine bundesweite Impfquote von nur 68,5 Prozent, etwa 25 Millionen Menschen sind nach der jüngsten Schätzung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ohne Impfschutz.

Eine Auffrischimpfung haben bislang nur 11,6 Prozent der Menschen erhalten, das entspricht 9,7 Millionen. Bis zum Jahresende sollen nach dem Willen des Hauses von Jens Spahn (CDU) zwischen 20 und 25 Millionen Booster gespritzt werden. Länder und Arztpraxen haben daher ihre Impfkampagnen wieder hochgefahren und massenweise Termine vergeben. Impfstoff sei genügend da, hieß es zuletzt immer wieder. Stimmt das?

In Hamburg wünscht man sich – wie in Frankfurt – mehr Impfstoff. Und das, obwohl die Hansestadt im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern noch ganz gut dasteht, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 243. Welchen Einfluss der Impfstatus hat, zeigen feinere Daten: Unter vollständig Geimpfte beträgt die Inzidenz in Hamburg 24, bei Ungeimpften oder unvollständig Immunisierten 898. In den vergangenen sieben Tagen hat die Stadt ihre Impf-Kapazitäten vervierfacht, es gibt jetzt zwölf Impfstellen an Krankenhäusern, weitere drei Stellen sollen noch geschaffen werden. Hinzukommen 25 mobile Impfteams und sieben dezentrale kleinere Impfzentren in den Bezirken. Und dann sind da noch die mehr als tausend Arztpraxen.

„Es mangelt an Impfstoff, den wir gerne von Herrn Spahn hätten“

Immerhin 12,4 Prozent der Hamburger haben schon eine Auffrischimpfung erhalten. Trotzdem sagt Senatssprecher Marcel Schweitzer bei einer Pressekonferenz am Dienstag, alle, die in der Stadt impfen würden, „leiden an der Impfstoffknappheiten“. Deshalb komme es zu Warteschlangen. Dass eine Stadt sich beim Impfen so breit aufstelle, sei einzigartig in Deutschland, sagt Schweitzer. Daran mangele es nicht. In der vergangenen Woche habe die Hansestadt 57 120 Dosen von Biontech bestellt, geliefert worden seien gerade einmal 24.270. Schweitzer sagt: „Es mangelt im Moment an Impfstoff, den wir gerne von Herrn Spahn hätten.“

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