Kurz vor dem geplanten Eintreffen einer Gruppe von Fachleuten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja ist die nahegelegene Stadt Enerhodar abermals beschossen worden. Ukrainer und Russen gaben sich gegenseitig die Schuld.
„Seit fünf Uhr morgens ist Beschuss aus Granatwerfern zu hören“, schrieb der geflohene ukrainische Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, am Donnerstag auf Telegram. Mehrere zivile Objekte seien getroffen worden, es gebe auch Tote. Auch die abgestimmte Route, die die Expertenkommission von der Stadt Saporischschja in das 120 Kilometer entfernte AKW nehmen soll, sei unter Beschuss, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Olexandr Staruch, auf Twitter.
Der Vertreter der russischen Besatzer, Wladimir Rogow, teilte dagegen auf Telegram mit, Enerhodar werde seit dem frühen Morgen von ukrainischer Artillerie beschossen. Das russische Verteidigungsministerium meldete, ein versuchter Angriff ukrainischer Truppen auf das AKW sei abgewehrt worden. Rund 60 Mann seien aus Booten am Ufer des Kachowka-Stausee etwa drei Kilometer entfernt von der Anlage ausgestiegen und hätten versucht, das Kraftwerk einzunehmen. Ukrainische Sturmtruppen seien in der Nähe der Stadt Enerhodar entdeckt worden.
Die Gruppe von Fachleuten mit IAEA-Chef Rafale Grossi an der Spitze soll überprüfen, in welchem Zustand die Anlage mit ihren sechs Reaktoren ist, unter welchen Bedingungen die ukrainische Bedienungsmannschaft arbeitet und ob alles Nuklearmaterial noch vor Ort aufzufinden ist. In dem AKW befinden sich russische Soldaten. Die Anlage und ihre Umgebung sind in den vergangenen Wochen immer wieder beschossen worden, wobei Russen und Ukrainer sich gegenseitig die Schuld zuschieben. International gab es große Sorge vor Schäden am Werk und einem Austritt von Radioaktivität.
Unterdessen teilte der ukrainische Kraftwerkbetreiber Energoatom mit, dass einer von zwei noch betriebenen Reaktoren im AKW Saporischschja nach russischem Beschuss heruntergefahren worden ist. Das Notsystem sei nach Mörser-Beschuss aktiviert und Reaktor Nummer 5 abgeschaltet worden. Reaktor Nummer 6 produziere weiter Strom, den die AKW-Anlage für den eigenen Betrieb benötige. Zudem teilte Energoatom mit, dass die Mitarbeiter Repressionen durch die russischen Besatzer ausgesetzt seien. Mehrere Mitarbeiter, die den Russen gegenüber nicht wohlgesonnen seien, seien verschwunden.
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