Baerbock reagiert zurückhaltend auf ukrainischen Nato-Beitrittsantrag

Außenminister Annalena Baerbock (Grüne) hat sich zum Nato-Aufnahmeersuchen der Ukraine zurückhaltend geäußert. „Wir unterstützen die Ukraine weiterhin auch mit schweren Waffen bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung, aber wir tun alles dafür, dass nicht andere Länder, dass die Nato nicht in diesen Krieg hineingezogen wird“, antwortete sie am Freitagabend im ARD-„Brennpunkt“ auf die Frage nach ihrer Position zum Nato-Antrag der Ukraine.

Kiew hatte zuvor mitgeteilt, dass es den Beitritt zum Verteidigungsbündnis Nato beantragen wolle. Allgemein gilt als Voraussetzung für einen Beitritt, dass der Kandidat nicht in internationale Konflikte und Grenzstreitigkeiten verwickelt sein darf. Die Ukraine ist am 24. Februar von Russland überfallen worden und verteidigt sich seitdem gegen den Angriffskrieg. Bereits 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert. Russland will eine weitere Ausdehnung der Nato nach Osten verhindern.

Die Ministerin von den Grünen zeigte sich überzeugt, dass der russische Präsident Wladimir Putin mit der vollzogenen Einverleibung weiterer ukrainischer Gebiete sich international weiter isoliert. Es handele sich um „Landraub mit brutalster Gewalt, mit Methoden, die man sich überhaupt nicht mehr vorstellen kann, dass das Menschen anderen Menschen antun können“, sagte sie. „Und deswegen ist vollkommen klar, dass dieser brutale Bruch der UN-Charta von eigentlich keinem Land auf dieser Welt akzeptiert werden kann.“ Auch die Länder, die zu Beginn des Kriegs gesagt hätten, es handele sich um eine europäische Angelegenheit, machten nun deutlich: „Auch sie stehen nicht an der Seite Russlands.“ Es gehe nun darum, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen und Putin so deutlich zu machen: „Die Welt steht geschlossen gegen dich.“

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Rede zur Annexion

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in einer Video-Ansprache mitgeteilt, dass die Ukraine einen Antrag auf einen beschleunigten Nato-Beitritt stellen wolle. „De facto haben wir bereits Kompatibilität mit Standards der Allianz bewiesen“, teilte Selenskyj mit. „Sie sind für die Ukraine real – real auf dem Schlachtfeld und in allen Aspekten unserer Interaktion. Wir vertrauen uns gegenseitig, wir helfen uns gegenseitig, und wir beschützen uns gegenseitig. Das ist die Allianz.“

Selenskyj schloss in seiner Rede Verhandlungen mit Moskau aus. Putin hatte in seiner Rede die Ukraine zu Verhandlungen aufgefordert. Die Ukraine sei bereit zum Dialog mit Russland – allerdings erst unter einem anderen russischen Präsidenten, sagte Selenskyj.

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Nach Putin-Rede

Moskau hatte in den vier Regionen zuvor Scheinreferenden organisiert, in denen die Bevölkerung angeblich für einen Beitritt zu Russland gestimmt hat. Auch diese sogenannten Referenden wurden weltweit nicht anerkannt und als undemokratisch sowie völkerrechtswidrig verurteilt.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Abend nach dem Aufnahmeersuchen aus der Ukraine: „Wir haben immer wieder erklärt, dass die Tür der Nato offen bleibt.“ Jede Demokratie in Europa habe das Recht, einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft zu stellen, betonte er. Dies werde von den Verbündeten respektiert. Eine Entscheidung müsse aber von allen Mitgliedstaaten im Konsens getroffen werden. Derzeit konzentriere man sich auf die unmittelbare Unterstützung der Ukraine. „Das ist das Hauptaugenmerk und die Hauptanstrengung der Nato-Verbündeten“, so Stoltenberg.

Die USA sehen keinen Bedarf an einem beschleunigten Verfahren für die Ukraine. „Unsere Ansicht ist, dass wir der Ukraine am besten durch praktische Unterstützung vor Ort helfen können. Und dass das Verfahren in Brüssel zu einer anderen Zeit aufgegriffen werden sollte“, sagte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan. Zugleich betonte er, dass alle Entscheidungen zu einer Nato-Mitgliedschaft Sache der Beitrittskandidaten und der Mitglieder der Allianz seien.

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