Benedikt XVI. gestorben: Die ewige Stadt steht nicht still

Der Weltkreis hat schneller reagiert als die Ewige Stadt. Kaum ist die Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. am Silvestertag 2022 um 9.34 Uhr von den einschlägigen Nachrichtenkanälen verbreitet worden, postieren Fernsehteams aus aller Welt ihre Kameras und Moderatoren vor der Absperrung zum Petersplatz.

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Am späten Samstagvormittag bilden sich noch die üblichen Warteschlangen vor den Sicherheitsschleusen zum Petersdom. Es sind Touristen, auch einige Pilger aus aller Herren Länder, die ihre Reise nach Rom lange geplant hatten, ehe Papst Franziskus am Mittwoch mitteilte, dass sich der Gesundheitszustand seines 95 Jahre alten Amtsvorgängers stark verschlechtert habe und er die Gläubigen in aller Welt dazu aufrief, für Benedikt XVI. zu beten.

Als dann die Nachricht vom Tod des „Papa emerito“ die italienische Hauptstadt erreicht, schlafen die Römer noch oder gehen letzten Besorgungen vor den Feiern zum Jahreswechsel nach. Jedenfalls finden sich so gut wie keine Einheimischen unter den Leuten auf dem Petersplatz und entlang der Via della Conciliazione, dem Prachtboulevard von der Engelsburg am Tiberufer zum Petersdom.

Rom am Silvestertag 2022

Rom am Silvestertag 2022 : Bild: AFP

Eine Pilgergruppe aus Brasilien zeigt sich vom Tod ihre „Fußballgotts“ Pelé am 29. Dezember mindestens so getroffen wie vom Ableben des emeritierten Stellvertreters Christi auf Erden zwei Tage darauf.

Eine Gruppe junger Besucher aus Deutschland ist „zu rein touristischen Zwecken“ in Rom, wie ihr informeller Wortführer sagt, mit dem christlichen Glauben hätten sie „eigentlich nichts am Hut“. Sie freuen sich über die frühlingshaften Temperaturen in Rom, über den blauen Himmel mit den wenigen Schleierwolken über dem Petersdom. Ihre aufgeräumte Urlaubsstimmung wird von der Trauermitteilung aus dem Vatikan sichtlich nicht getrübt.

Um die Mittagszeit leert sich dann der Petersplatz, und auch der Petersdom wird geschlossen. Denn es müssen Vorbereitungen getroffen werden für die Vesperfeier und das Te Deum zum Jahresende am Samstagnachmittag um 17 Uhr, gefeiert von Papst Franziskus.

Am Neujahrstag um 10 Uhr wird Franziskus dann zudem die Sonntagsmesse im Petersdom zelebrieren. Auch diese Feiern waren längst geplant, ehe die Nachricht vom Tod Benedikts am Samstagvormittag die Welt und die Ewige Stadt erreichte.

Die Gläubigen aus aller Welt und zumal aus Rom werden von Montag an Gelegenheit haben, dem verstorbenen Papst die letzte Ehre zu erweisen. Der Leichnam Benedikts wird von Montag an im Petersdom aufgebahrt. Vatikansprecher Matteo Bruni teilte am Samstagmittag mit, die Trauer- und Beerdigungsfeierlichkeiten würden nach dem ausdrücklichen Wunsch des verstorbenen emeritierten Papstes in möglichst einfacher Form stattfinden.

Gemäß den ersten Worten Joseph Ratzingers nach dessen Papstwahl vom 19. April 2005: „Nach dem großen Papst Johannes Paul II. haben die Herren Kardinäle mich gewählt, einen einfachen und bescheidenen Arbeiter im Weinberg des Herrn.“ Den Trauerfeierlichkeiten für den einfachen Weinbauern aus dem bayerischen Marktl am Inn wird wiederum Papst Franziskus am Donnerstag um 9.30 Uhr auf dem Petersplatz vorstehen.

Großvater der Weltkirche

Franziskus pflegte Benedikt auf Italienisch als „nonno“, als „Großvater“ der Weltkirche zu bezeichnen, während er selbst, als amtierenden Papst, eben der „papa“, der „Vater“ der katholischen Gläubigen in aller Welt ist – und weiter bleibt.

Tatsächlich ist die Weltkirche nach dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt eben nicht „vaterlos“, wie sie es nach dem langen und prägenden Pontifikat Johannes Paul II. im April 2005 war. Damals hatten Gläubige und Pilger tage- und nächtelang auf dem Petersplatz ausgeharrt und für den sterbenskranken Papst aus Polen gebetet. Die Gebete für den sterbenden Papst Benedikt XVI. fanden in Stille und Zurückgezogenheit statt.

Ein treuer Diener seines Papstes Johannes Paul II.: Joseph Kardinal Ratzinger , Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, 1994 in seiner Privatwohnung in der Nähe des Petersplatzes Bilderstrecke

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Zum Ablauf und Zeremoniell der Trauerfeier für Benedikt will der Vatikan in Kürze genauere Angaben machen. Anders als Johannes Paul II. starb Benedikt nicht im Apostolischen Palast, von wo seinerzeit der Leichnam des verstorbenen Papstes in einer öffentlichen Prozession vom Clementinensaal des Palasts in den Petersdom getragen wurde, sondern im bescheidenen Kloster Mater Ecclesiae.

Ob es von dort eine Prozession mit dem Sarg Benedikts geben wird, galt am Samstag als unwahrscheinlich. Bestattet werden soll Benedikt gemäß seinem letzten Wunsch in der Gruft unter dem Petersdom in der ursprünglichen Grabstätte seines Amtsvorgängers Johannes Paul II., in unmittelbarer Nähe jener Gruft, in welcher die Gebeine des Apostels Petrus liegen sollen.

Nach der Seligsprechung von Johannes Paul II. im Jahre 2011 waren dessen sterbliche Überreste in den Sebastianaltar im Petersdom umgebettet worden. Nun will Benedikt seinem großen Vorgänger auch auf seinem letzten Weg nachfolgen.

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