Berlin wollte nicht länger warten: Seit Dienstag können Eigentümer einer Öl- oder Holzpelletheizung in der Hauptstadt Hilfen aus einem Härtefallfonds beantragen. Wer im vergangenen Jahr mindestens 70 Prozent höhere Kosten für sein Heizmaterial hatte als im Jahr zuvor, bekommt bis zu 2000 Euro vom Land. Der Mitte Dezember in Aussicht gestellte Härtefallfonds des Bundes für die Nutzer von „nicht leitungsgebundenen Brennstoffen“ lässt dagegen auf sich warten.
1,8 Milliarden Euro hatten die Ampelparteien für Letzteren angekündigt. Doch passiert ist seitdem wenig, auch weil kein Ministerium auf Bundesebene die Umsetzung übernehmen wollte. Inzwischen steht fest: Das Wirtschaftsministerium wird sich nach den Coronahilfen und den Entlastungen für Gas-, Fernwärme- und Stromkunden auch um die Härtefallhilfen kümmern – nicht nur um die für Unternehmen, sondern auch jene für Privathaushalte. Die Verwaltungsvereinbarung des Bundes mit den Ländern werde „in den kommenden Wochen fertiggestellt“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
Etwa jede vierte Wohnung in Deutschland wird mit Öl beheizt, das sind rund 10,4 Millionen. Hinzu kommen 3,5 Millionen Wohnungen mit einer Holz- oder Kohleheizung. Die Eckpunkte aus dem Dezember sahen vor, dass Privathaushalte dann Unterstützung bekommen sollten, wenn sich die Kosten für das Heizmaterial im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt haben.
Mechanismus funktioniert wie bei der Gaspreisbremse
Ähnlich sind auch staatlichen Preisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom konstruiert. Von der Summe, die das Doppelte der früheren Kosten übersteigt, will der Bund 80 Prozent übernehmen. Noch offen war, wie der Ausgangspreis definiert wird – ob die individuelle Rechnung zählt oder ein Referenzpreis des Statistischen Bundesamtes.
Das Land Berlin hat für sein Hilfsprogramm den Referenzpreis für Heizöl bei 0,71 Euro je Liter inklusive Mehrwertsteuer festgelegt. Wer seinen Tank für mehr als 1,21 Euro je Liter, das 1,7-fache des Ausgangswerts, aufgefüllt hat, kann demnach einen Antrag stellen. Für Pellets beträgt der Referenzpreis 0,24 Euro je Kilogramm, für Kohle 0,10 Euro. 75 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt stehen bereit.
In Berlin gibt es nach Angaben der Senatsverwaltung für Wirtschaft rund 330.000 Haushalte, die mit einem dieser Energieträger heizen. Der Großteil davon, 320.000 Haushalte, nutzt Öl. Wie viele davon tatsächlich mehr als 70 Prozent höhere Kosten hatten, ist nicht bekannt. Grundsätzlich gilt: Den Zuschuss bei der Investitionsbank Berlin beantragen können nur diejenigen, die auch die Rechnung des Energielieferanten bezahlt haben. In Mehrfamilienhäusern wird die Gutschrift über die Betriebskostenabrechnung an die Eigentümer oder Mieter weitergegeben.
Land Berlin verlangt schnelle Entlastung für die Bürger
„Berlin hat seine Hausaufgaben schnell gemacht“, sagt Berlins parteiloser Wirtschaftssenator Stephan Schwarz. „Jetzt liegt es am Bundeswirtschaftsministerium, die Hängepartie um die bereits im Dezember beschlossenen 1,8 Milliarden Euro endlich zu beenden und zügig in die Abstimmung mit den Ländern zu gehen.“ Einen zeitlichen Zusammenhang des Berliner Programmstarts mit der bevorstehenden Wiederholungswahl weist die Senatsverwaltung von sich. Der Nachtragshaushalt sei schon im November beschlossen worden. Bis Dienstagnachmittag gingen bei der Investitionsbank 269 Anträge ein.
In Berlin können auch Gewerbetreibende mit einer Öl- oder Pelletheizung einen Zuschuss erhalten. Im Härtefallfonds des Bundes wird das anders sein. Anträge dafür werden laut dem Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nur Privathaushalte und Wohnungsunternehmen stellen können. Für Unternehmen werde es eigene Härtefallhilfen geben, für die der Haushaltsausschuss des Bundestages eine erste Tranche von 375 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds freigegeben habe.
Der Haushaltsausschuss hat die Bundesregierung allerdings zugleich aufgefordert, die Härtefallhilfen für Unternehmen auf Gas, Fernwärme und Strom zu beschränken. Die Regelung sei nicht auf Heizöl und Pellets auszuweiten, heißt es in dem Beschluss, welcher der F.A.Z. vorliegt. Bei Handwerkspräsident Jörg Dittrich kam das nicht gut an. „Damit torpediert der Haushaltsausschuss den im Konsens getroffenen Beschluss von Bund und Ländern vom Dezember“, sagte er.
Am Dienstag schrieb Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), derzeit Vorsitzender der Landeswirtschaftsministerkonferenz, an den Haushaltsausschuss: „Den Unternehmen lässt sich kaum vermitteln, dass sie schlechter gestellt werden als der Privatverbraucher.“ Eine Korrektur sei dringend geboten.
Antworten