Franzosen demonstrieren am 1. Mai gegen Rentenreform

Stand: 01.05.2023 17:18 Uhr

In Frankreich nutzen die Gewerkschaften den 1. Mai für weiteren Protest gegen die Rentenreform. Zum Tag der Arbeit haben sie Demonstrationen in vielen Städten organisiert.

In Frankreich nutzen Gewerkschaften und Arbeitnehmer die Kundgebungen zum Tag der Arbeit zu neuen landesweiten Demonstrationen gegen die umstrittene Rentenreform der Regierung. In vielen Städten gibt es Protestzüge gegen das Gesetz der Regierung. Landesweit haben die mächtigen französischen Gewerkschaften zu mehr als 300 Protestveranstaltungen aufgerufen.

Im Vorfeld wurde mit Hunderttausenden Demonstranten gerechnet, davon allein 100.000 in Paris. Informationen über die tatsächlichen Teilnehmerzahlen lagen am Nachmittag noch nicht vor. Die Polizei stellte sich auch auf Ausschreitungen ein. In der Hauptstadt kam bereits Tränengas gegen Protestierende zum Einsatz. Im Internet kursieren Bilder vom Place de la Nation, der nach dem Einsatz wie in Nebelschwaden gehüllt scheint. Auch in Nantes soll es zu Ausschreitungen gekommen sein.

In Lyon setzten Demonstranten Medienberichten zufolge Fahrzeuge in Brand. Hier bemängelte die reformorientierte Gewerkschaft CFDT, radikale Kräfte instrumentalisierten die Proteste, um Gewalt anzuwenden. Laut der Zeitung „Le Monde“ verließen zahlreiche friedliche Demonstranten die Kundgebung aufgrund der Ausschreitungen, darunter auch Familien.

Gewerkschaften uneins über Kompromisssuche

Die Vorsitzende der linksgerichteten Gewerkschaft CGT, Sophie Binet, kritisierte, Macron habe sich durch die Rentenreform isoliert. „Die Exekutive kann nicht ohne die Unterstützung des Volkes regieren“, sagte sie vor den Pariser Protesten. Ihre Gewerkschaft habe noch nicht entschieden, ob sie das Angebot der Regierung zu Gesprächen über andere arbeitsmarktpolitische Themen annehmen werde.

Der Chef der CFDT, Laurent Berger, warf Macrons Regierung vor, sie habe sich gegenüber den Forderungen der Menschen bei den massiven Protesten in den vergangenen Monaten taub gestellt. Er zeigte sich allerdings gesprächsbereit. „Wir müssen andere Vorschläge zu Gehältern und Arbeitsbedingungen auf den Tisch bringen“, sagte er dem Fernsehsender BFM TV.

In Frankreich haben die Gewerkschaften zu erneuten Protesten aufgerufen. mehr

Verfassungsrechtlicher Kniff kostet Macron Zustimmung

Macron hatte die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre mit einem verfassungsrechtlichen Kniff ohne eine Abstimmung im Parlament durchgesetzt und ein Misstrauensvotum deswegen nur knapp überstanden. Meinungsumfragen zufolge lehnt die große Mehrheit der Franzosen die Rentenreform ab. Seit Monaten kommt es zu Streiks und Großdemonstrationen gegen das Vorhaben.

Macrons Zustimmungswerte sind nahe des Rekordtiefs zu den Krisenzeiten der „Gelbwesten“-Proteste gesunken. Der Präsident und seine Regierung argumentieren, die Reform sei notwendig, damit Frankreichs großzügiges Rentensystem nicht zusammenbricht. Die Gewerkschaften dagegen meinen, dass dies auch mit anderen Mitteln erreicht werden könne, etwa durch eine höhere Besteuerung von Reichen oder durch tiefgreifende Änderungen des Rentensystems.

Es wird zudem befürchtet, dass die weit verbreitete Unzufriedenheit über die Reformpläne Macrons politische Arbeit längerfristig erschweren könnte und den Rechtsextremen Auftrieb geben könnte. Die Ratingagentur Fitch hatte die Kreditwürdigkeit Frankreichs am Freitag um eine Stufe auf „AA-“ gesenkt. Die Möglichkeit eines politischen Stillstands und sozialer Unruhen stellten Risiken für Macrons Agenda dar, hieß es zur Begründung.

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