CO2-Speicher: Unter die Erde mit dem Kohlendioxid

Manches, was den Klimawandel anheizt, kommt von unten. Erdöl und Erdgas lagern als Produkt der Natur unter der Erde wie auch Braunkohle und Steinkohle, bevor sie nach oben befördert werden. Die fossilen Energieträger werden verfeuert – zum Heizen, zur Stromerzeugung, für den Transport und die Industrie.

Dabei werden zu viele Treibhausgase freigesetzt, wozu vor allem Kohlendioxid (CO2) zählt: Das treibt den Klimawandel voran und bringt Hitzeperioden, Dürren und Überschwemmungen mit sich. Wie gut wäre es, wenn diese Gase wieder zurück in den Boden versenkt werden könnten. Tatsächlich ist das möglich, aber Deutschland schreckt davor zurück.

Das ist bemerkenswert und sonderbar: Die deutsche Politik beraubt sich bisher selbst einer Methode, die CO2-Emissionen in der Atmosphäre zu senken. Das Prinzip sieht erst die Abscheidung von Kohlendioxid vor, etwa in einer Industriefabrik. Danach wird CO2 meist verflüssigt, transportiert und in jedem Fall unterirdisch gespeichert. Das nennt sich „Carbon Cap­ture and Storage“, kurz CCS, ist aber in Deutschland praktisch untersagt.

Deutschland muss sich sputen

In anderen Ländern läuft der spannende Prozess schon an. In Island wird Kohlendioxid im Vulkanboden in der Tiefe untergebracht und in Norwegen in Gesteinsschichten unter der Nordsee. Dänemark nimmt Kohlendioxid per Schiff aus einer Chemiefa­brik in Belgien auf und versenkt es in Sandsteinschichten eines erschöpften Ölfeldes: Im Jahr 2030 soll die dort neu untergebrachte Menge jährlich auf ein Zehntel der CO2-Emissionen des nordischen Landes ansteigen. Dann will auch Großbritannien den Umfang seiner CO2-Speicher ausgebaut haben, wofür die Regierung mehrere Standorte ausgewählt hat. Zur Klimastrategie der Europäischen Union gehört ebenfalls das Versenken der Emissionen in der Erde.

Deutschland muss sich sputen. Immerhin hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Jahreswechsel die unterirdische Speicherung in Aussicht gestellt. Der Grünen-Politiker will mit einem Gesetz ermöglichen, was er früher als Landesminister noch abgelehnt hatte.

In seiner Partei wie auch in anderen ist der Fortschritt zur Emissionsminderung aber längst noch nicht Konsens. Die Suche nach Speichermöglichkeiten braucht Zeit. Der politische Prozess auch. Bis zum Gesetzesvorschlag wird es noch dauern. Dann wird wahrscheinlich darum so erbittert gestritten wie zu anderen Fragen des Klimaschutzes.

Generell äußern viele Menschen ihre Zustimmung, den Klimawandel einzudämmen. Aber die Bereitschaft sinkt, wenn Schritte konkret werden und einen selbst betreffen. Vor Ort verhindern oder verzögern Proteste den Bau von Windrädern oder Stromleitungen, die für die künftige Energieversorgung nötig sind. Ebenso haben sich schon Bürgerinitiativen gegen die unterirdische Lagerung von CO2 gebildet. Das Motto lautet stets: Nicht hier bei mir – alles soll so bleiben, wie es ist.

Welche Gefahr ist größer?

Auch manche Politiker haben Angst vor einem Wandel oder befeuern Ängste aus anderen Gründen. Umweltschützer halten die Speicherung von Kohlendioxid für unsicher und zu teuer. Wäre das so, würde es niemand machen. Dem Einsatz der Speichertechnik, um den Klimawandel einzudämmen, steht hier die Befürchtung gegenüber, dass ein Teil entweichen und Mensch und Natur schädigen könnte. Welche Gefahr ist größer?

Das nächste Gegenargument lautet, Betriebe sollten sich bemühen, ihre Emissionen zu senken, statt sie in der Erde zu versenken. Allerdings kommen einige industrielle Prozesse, etwa um Zement, Kalk oder Keramik herzustellen, bislang technisch kaum ohne Treibhausgasemissionen aus.

So sieht auch der Weltklimarat IPCC die Abscheidung und Speicherung von CO2 als notwendig an, um die Klimaziele zu erreichen. Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums würden 2045 immer noch restliche Mengen CO2 in Deutschland anfallen. Soll das Land dann schon klimaneu­tral sein, lautet der Ausweg: Treibhausgase in den Boden verbannen.

Der Klimawandel lässt sich nicht wegwünschen. Das Ziel lautet, die Folgen der menschengemachten Erderwärmung möglichst gering zu halten: Bis zum Jahr 2100 soll daher die Welt im Durchschnitt nur um 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum Jahr 1850 wärmer werden. Dafür braucht es eine Vielfalt wagemutiger Versuche, vielfältige Mittel und die Beteiligung möglichst aller Länder. Auch die Anpassung an Klimafolgen gehört dazu, ebenso eine starke Bepreisung von CO2 über einen Emissionshandel und nicht zuletzt eben auch die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. Je mehr Treibhausgase unter der Erde verschwinden, umso besser.

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