Bei der Wahl vor einer Woche hatte die konservative oppositionelle Volkspartei (PP) zwar gewonnen, aber die absolute Mehrheit auch in einer Allianz mit der rechtspopulistischen Vox verpasst. Auch die noch regierenden Sozialisten (PSOE) verpassten mit ihren Partnern die „Absolute“. Wer künftig das Land, das noch bis Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, regieren wird, ist alles andere als klar.
Zuletzt hatte Ministerpräsident Pedro Sanchez von der PSOE den Vorschlag von PP-Chef Alberto Nunez Feijoo zurückgewiesen, noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am 17. August ein Treffen abzuhalten, um eine „Blockade“ des Landes zu verhindern. Das berichtete der TV-Sender RTVE. Feijoo fordert von Sanchez’ PSOE die Duldung einer PP-Minderheitsregierung. Doch Sanchez pocht darauf, dass man regierungsfähige Mehrheiten sucht. Davon ist jedoch auch die PSOE weit entfernt.
Nach Berichten von Medien und Parteien haben die Sozialisten derweil einen weiteren Sitz an die PP verloren. Die Auszählung der Auslandsstimmen habe ergeben, dass die PP nunmehr 137 Sitze habe, während die PSOE sich mit 121 Sitzen begnügen müsse, hieß es. An der Lage würden die neuen Zahlen aber wenig ändern, denn beide Blöcke sind von der absoluten Mehrheit (176) weit entfernt. Wenn keine Regierungsbildung gelingt, droht Spanien eine neue Abstimmung Ende 2023 oder Anfang 2024.
Parteiinterner Machtfaktor
Hinter den Kulissen bei den Konservativen wird wegen der Pattstellung offenbar schon um die Parteispitze gerungen. Sollte es Feijoo nicht schaffen, die PP trotz des Wahlsieges in die Regierung zu hieven, stehe die Madrider Regionalpräsidentin Ayuso bereit. Sie gilt als große Hoffnung innerhalb der Partei und wurde laut der „Financial Times“ („FT“) schon während der Wahlfeierlichkeiten in das Zentrum gerückt: Anhängerinnen und Anhänger hätten mit „Ayuso“-Rufen die Rede des Parteichefs ständig unterbrochen.
Obwohl die 44-Jährige nicht signalisierte, den Posten zu übernehmen, und bisher auch immer hinter Feijoo stand, werden seit geraumer Zeit Gerüchte ventiliert, sie könnte den Parteivorsitzenden beerben. Zuletzt hatte sich die Ex-Präsidentin der Autonomen Gemeinschaft Madrid, Esperanza Aguirre, für Ayuso ausgesprochen. Ayuso bedankte sich für das Vertrauen. Gleichzeitig verteidigte sie ihren Parteichef.
Ayuso arbeitete einst für Aguirre. Heute ist die Politikerin bekannt für ihren aggressiven Stil a la Donald Trump. In der Region Madrid ist die Zahl ihrer Anhänger und Anhängerinnen schnell gewachsen. Vor zwei Monaten wurde sie als Präsidentin wiedergewählt. Im Gegensatz zu Feijoo gewann sie bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit für die PP in der lokalen Legislative und fischte dabei im Wählerteich der rechtsextremen Vox.
Ayuso will Sanchez-Regierung verhindern
Die PP strebt wegen der Pattsituation eine Minderheitsregierung an. Davon konnte sie die Sozialisten aber nicht überzeugen. Sie lehnten den Vorschlag umgehend nach der Wahl vor einer Woche ab. Die Absage wurden von ranghohen PP-Politikerinnen scharf kritisiert. Ayuso meinte, Sanchez wolle lieber mit katalanischen Separatisten zusammenarbeiten, die „Verbrecher“ und „Feinde Spaniens“ seien.
Ob dieses Jahr oder kommendes Frühjahr nochmals gewählt werden muss, weil es zu keiner Regierungsbildung kommt, wird sich in den kommenden Wochen weisen. Für Fachleute ist allerdings klar, dass Feijoo schlechte Karten hat, nochmals als Spitzenkandidat der PP an den Start zu gehen. Parteiintern, so die „FT“, wagt niemand an der Macht von Ayuso zu zweifeln.
Derweil versucht die Madrider Regionalchefin aber PSOE-Chef Sanchez an einer neuen Regierung zu hindern. „In den nächsten zwei Wochen, wenn Spanien im Urlaub ist, wird er durch die Hintertür sicherstellen, dass er um jeden Preis an der Macht bleibt, indem er unser Land buchstäblich an seine Feinde verkauft“, sagte sie kürzlich.
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